Bergisch Gladbach – Wegen Körperverletzung und Bedrohung steht eine 50-jährige Bergisch Gladbacherin derzeit vor dem Jugendgericht. Die Frau, Mutter von acht Kindern, soll einen zwölf Jahre alten Mitschüler ihrer Tochter körperlich misshandelt, bedroht und beleidigt haben, weil der zuvor die jüngste Tochter zum Stehlen von Tabak gedrängt habe. Mit der Mutter ist auch eine 30-jährige Tochter angeklagt. Auch sie soll gedroht und beleidigt haben.
Bei seiner Verhandlungsführung am ersten Prozesstag kommt Jugendrichter Ertan Güven seine Erfahrung als Richter auch in schwierigen Milieus zugute. Mit nachdrücklichen bis sehr nachdrücklichen Ansagen gelingt es dem von Essen nach Rhein-Berg gewechselten Juristen, Ordnung in dem turbulenten Verfahren zu halten. Denn mehrfach reißen Mutter und Tochter das Wort an sich. „Sie sind nicht dr-a-han!“, ruft der Richter einmal.
Gladbacher Mutter stellt kleinen Missetäter zur Rede
Eigentlich ist der Fall simpel: Hassan (Namen geändert), ein Klassenkamerad der zwölfjährigen Tochter Fatima, habe diese animiert, die eigenen Eltern zu bestehlen. Deshalb habe die Mutter einen Termin mit dem Klassenlehrer und/oder dem Schulleiter vereinbart, den der kleine Schurke aber geschwänzt habe. Auf dem Heimweg hätten sie Hassan in der Gladbacher Innenstadt dann doch erblickt.
Wer genau aus der Familie den Termin in der Schule hatte, darüber gehen die Angaben auseinander: Die mitangeklagte Tochter sagt, sie sei mit ihrer Mutter da gewesen, ein als Zeuge geladener jüngerer Bruder gibt dagegen an, er selbst sei mit in der Schule gewesen.
Familienangehörige verwickeln sich in Widersprüche
Der Richter macht auf den Widerspruch aufmerksam. Erklärung der Mutter: Ihr Sohn spreche besser Kurdisch als Arabisch, die Sprache, in die der Dolmetscher den Prozess übersetzt, und habe darum vielleicht etwas falsch verstanden. Wesentlicher aus ihrer Sicht ist aber, dass es bei der Begegnung mit Hassan nicht zu einem Übergriff gekommen sei, sondern lediglich zur Drohung mit dem Jugendamt, weil Hassan ja trotz seiner jungen Jahre schon rauche und zum Stehlen animiere.
Ganz anders die Aussage des unbeteiligten Zeugen Abdullah (12): Der Gesamtschüler berichtet in deutscher Sprache, er habe an dem Tag seinen alten Grundschul-Kumpel Hassan getroffen und sei mit ihm durch die Stadt gegangen. Er selbst habe an dem Tag seine Brille beim Optiker abholen wollen, entkräftet der von seiner Mutter begleitete Knirps den Einwand der Angeklagten, Hassans Begleiter habe an dem Tag doch gar keine Brille getragen habe,
Zwölfjähriger belastet die „alte Frau"
Dann, so der junge Zeuge weiter, hätten Hassan und er die Erwachsenen getroffen, und dann habe Hassan plötzlich „eine Klatsche kassiert. Es waren zwei Frauen da. Die alte traf ihn im Gesicht.“
Diese Beschreibung passt zwar nicht zu den vom Klinikum Leverkusen bescheinigten fünf Hämatomen an Hassans Oberarm, sie widerspricht dem Attest aber auch nicht. Hassan revanchierte sich für die „Klatsche“ mit arabischen Schimpfwörtern, die Abdullah im Prozess erst nach ausdrücklicher Ermunterung durch den Richter ins Deutsche übersetzt, und ging zu seinem Vater.
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Hassans Vater schaltete daraufhin, aus staatsbürgerlicher Sicht völlig korrekt, die Polizei ein, und so landete der Fall schließlich bei Gericht. Der Prozess wird fortgesetzt, es müssen noch Zeugen gehört werden müssen, nachdem die bislang nicht vorbestraften Angeklagten mit der vom Richter erwogenen Verfahrenseinstellung gegen Buße nicht einverstanden sind.