Bergisch Gladbach – Es soll ein Ort für alle sein, auch für den Wochenmarkt. Zum ersten Mal haben die Markthändler am Donnerstag ihre Stände auf dem neuen, eigens geschaffenen Stadtplatz an der Schloßstraße in Bensberg aufgebaut. Das Fazit fällt zwiespältig aus. Aus Sicht eines Großteils der rund 30 Händler sowie der Interessengemeinschaft Bensberger Handel (IBH) ist die Premiere gescheitert: viel zu gefährlich wegen der Hanglage, zu viele Stolperfallen, lautet die Kritik. Viele Kunden stört das Gefälle aber nicht, ihnen gefällt die Optik.
Anhänger drohten auf die Straße zu rollen
Beinahe wäre es passiert. Und der Anhänger mit Backwaren wäre ungebremst mitten auf die Fahrbahn der Schloßstraße geschossen. Beim Abkoppeln auf schiefer Bahn macht er sich selbstständig. Zwei Mitarbeiter des Ordnungsamtes sowie benachbarte Markthändler verhindern Schlimmeres. Mit ganzer Kraft stemmen sie sich dagegen.
„Was die Stadtplaner verbockt haben, müssen wir jetzt ausbaden,“ sagt Rolf Ommer, Koordinator des Stadtordnungsdienstes, der zusammen mit einem Kollegen den Aufbau beaufsichtigt. Größter Knackpunkt ist das abschüssige Gelände: elf Prozent Gefälle geradeaus runter zur Schloßstraße, abknickend auf halber Strecke zusätzlich drei Prozent runter in Richtung Schlossgalerie.
„Ich komme mir vor wie ein Seemann“, sagt Achim Schewe, Verkäufer am Kartoffelstand Boddenberg. Der Kaffee steht schräg in seiner Tasse. Mit viel Manpower muss der 2,5 Tonnen schwere Stand aufgebockt werden, damit er gerade steht. Sonst würden die Kartoffeln den Berg runterkullern. Dass der Platz „so schief gebaut“ wurde, versteht Inhaber Bernhard Eichler nicht, „stellen Sie sich das ganze Mal bei Glätte vor!“Das geht nur mit Galgenhumor: „Auffangzäune wie im Skigebiet aufstellen für Kunden, die ins Rutschen kommen“, schlägt ein Marktbeschicker vor. „Und für Kinderwagen, wenn die Mütter beim Bezahlen den Wagen kurz loslassen“, ergänzt Schewe.
Bensberger Bürgern gefällt die Optik
„Lebensgefährlich, vor allem für ältere Menschen, die nicht gut zu Fuß sind“, sagt Wolfgang Wolfgang Krauß vom Vorstand der IBH, „wir waren von Anfang dagegen, den Markt so zu platzieren. Aber wir sind nie gehört worden.“ Der Wochenmarkt sei wichtig für die Attraktivität des Bensberger Stadtzentrums. Er fordert die Stadt auf, den Platz neu zu machen und für einen Höhenausgleich zu sorgen.
Für Heiner Diesteldorf, der extra aus Rösrath zum Einkaufen hierher kommt, ist die Optik ein Gewinn: „Der runde Aufbau, das hat Atmosphäre.“ Dagegen kritisiert der Bensberger Jörg Virus: „Das Marktgefühl geht komplett verloren.“ Das sei kein Platz, sondern eine Rutschbahn.
„Es ist anstrengend, so schief zu stehen“, sagt Kitty van Kaathoven vom Käsestand schon nach einer Stunde. Irene Kriegel, die gerade ankommt, braucht für den Verkaufswagen ihrer Metzgerei Starkstrom. Aber an dem zugeteilten Platz gibt es keinen Anschluss. „Was für ein Chaos“, ärgert sie sich, nicht zu ersten Mal, wie sie sagt. Bekomme sie keinen attraktiven Platz, überlege sie, „Bensberg fallen zu lassen.“
Marktflorist Stefan Hosten fragt: „Wer hat sich sowas ausgedacht?“ Er stolpert ständig über die Metallkante seiner kleinen Treppe, die am Wagen montiert ist. Sie steht hoch wegen der Steigung. Auch rollen Hosten dauernd die Wagen mit der Ware weg: „Wir hoffen, dass die Stadt eine neue Lösung findet.“
Wie viele Händler wünscht er sich, dass die Schloßstraße für den Autoverkehr gesperrt wird, so dass der Markt in Zweierreihen aufgebaut werden kann, wie es früher schon einmal war. Oder wenigstens so wie bisher in einer Reihe auf der anderen Straßenseite der Schloßstraße.
Unterhalb des Platzes zieht sich der Markt entlang der Schlossgalerie weit auseinander. „Zerklüftet, das sieht nicht schön aus“, findet Mario Winter vom Obst- und Gemüsestand. Außerdem warnt er vor den vier Stufen nur anderthalb Meter entfernt von seinem Stand: „Das sind Stolperfallen.“
Bei Dieter Schmitz am Wild-Geflügel-Wagen ist es so eng, dass sein Vordach fast gegen die Hauswand stößt. Und seinen Wagen trennen nur zwei Meter vom Fischstand. Schmitz befürchtet, die Kunden würden sich auf die Füße treten: Beim Eierkauf bei ihm und Backfisch-Kauf bei Markus Niesel direkt gegenüber. „Mal sehen, wie das heute läuft“, meint Niesel.
Das sagt die Stadtverwaltung
„Aus Sicht der Stadtplanung liegt kein Planungsfehler vor. Der Umgang mit der komplizierten Topographie an dieser Stelle werde mit der dreiecksförmigen Treppenanlage gelöst. Sie gliedere den Stadtplatz in einen Bereich auf Straßenniveau und in einen Bereich unterhalb der Freitreppe.
Es habe sich am Donnerstag um eine erste Probeaufstellung des Wochenmarktes gehandelt. Die Verwaltung versichert, sich des Themas anzunehmen und nach Lösungen etwa für Stolperstellen suchen. Eine Rückkehr zur Aufstellung entlang der Schloßstraße sei nicht vorgesehen. Denn die Geschäfte seien dadurch reichlich bedrängt gewesen, so die Verwaltung.
Auch eine Sperrung der Schloßstraße Straße an Markttagen sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht angedacht. Der derzeitige Zustand stelle noch nicht den endgültigen Ausbau dar. Erst mit Fertigstellung der Schloßstraße ergebe sich letztendlich die Straßenhöhenlage mit Gefälle."