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Mahnung für die GegenwartSchüler bekommen feste Zusage für Napola-Gedenkstätte am Schloss Bensberg

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Die Schüler stehen vor einigen Ausstellungsstücken.

In einer bewegenden Ausstellung machten Schüler des Literaturkurses des Otto-Hahn-Gymnasiums im Juli dieses Jahres auf die NS-Gräuel aufmerksam, die sich auch in Bensberg abspielten.

Die Initiative der Schüler des Otto-Hahn-Gymnasiums ist erfolgreich: Am Schloss Bensberg soll eine Gedenkstätte zur NS-Zeit errichtet werden.

Das hat die Schülerinnen und Schüler des Oberstufen-Literaturkurses am Otto-Hahn-Gymnasium am meisten geschockt: Im Bensberger Schloss gab es eine Nationalpolitische Erziehungsanstalt, kurz Napola genannt, und kaum einer weiß heute noch von dem Unrecht, das in der Nazi-Zeit dort geschah. Jetzt haben die Jugendlichen die feste Zusage von der Stadt Bergisch Gladbach und Schloss Bensberg bekommen, dass vor Ort eine sichtbare Erinnerungsstätte errichtet wird, damit dieser dunkle Teil der Stadtgeschichte nicht in Vergessenheit gerät.

„Das ist alles eigentlich zu schön, um wahr zu sein“, sagt Lehrerin Theresa Reusch. Unter ihrer Leitung hat der Literaturkurs, wie berichtet, das investigative Projekt „Das Napola Erinnern“ ins Leben gerufen. Die Schüler stiegen mit ihren Recherchen im Stadtarchiv Bergisch Gladbach tief in das Thema ein.

Schüler recherchierten die Morde an zwei Zwangsarbeitern

Dabei stießen sie auf eine Fülle von aufbereiteten Unterlagen und Originalquellen, die belegen, wie die zwangsrekrutierten Schüler hier von 1935 bis 1945 auf der Bensberger Elite-Nachwuchsschule im Sinne der menschenverachtenden Rassenideologie und des Führerkults indoktriniert und militärisch gedrillt wurden.

Ihre Ausstellung im Schulgebäude im Juli dieses Jahres mit interaktiven Stationen sowie einer digitalen Zeitschrift ging unter die Haut. Darunter waren auch berührende Briefe als einziges erlaubtes Kontaktmittel, die die Napola-Schüler, isoliert von ihren Familien nach Hause schickten.

Besonders aber erschütterte die Schüler des Literaturkurses, dass sie bei ihrer Recherche auf die Morde an zwei Zwangsarbeitern stießen. Keiner der jungen Leute hatte gewusst, dass es im Schloss ein Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald gab. Sie fanden sogar die Namen der beiden „Ostarbeiter“ heraus. Sie sollen demnach am 22. März 1945 von zwei Hitlerjungen nach einem angeblichen Weindiebstahl im Schlosspark erschossen worden sein.

Bergisch Gladbachs Bürgermeister dankt den Schülern für ihr großes Engagement

„Ich bin dem Literaturkurs des OHG für dieses große Engagement überaus dankbar“, sagt Bürgermeister Frank Stein. Es sei sehr wichtig, aus den dunklen Jahren der deutschen Geschichte zu lernen und die gemeinsame Verantwortung für eine demokratische, offene und tolerante Stadt sehr ernst zu nehmen: „Nie wieder dürfen junge Menschen, wie in der Napola geschehen, Opfer von Indoktrination und ideologischer Verführung werden.“ Stein wünsche sich, dass noch in seiner Amtszeit ein sichtbares Zeichen dafür auf dem städtischen Grundstück vor dem Schloss entstehe.

Erste Gespräche mit dem Literaturkurs zur Gestaltung hat es bereits gegeben. In der Überlegung sei, berichtet Reusch, eine Stele mit einer Gedenktafel. „Die Schüler werden eine Website mit Informationen gestalten, abrufbar über einen QR-Code.“

Die Generali als Eigentümer des Bensberger Schlosses sagt Finanzierung zu

Bei den Gesprächen im Bürgermeisterbüro ist auch Jörg Linder dabei gewesen, Sprecher des Aachener Versicherungskonzerns Generali, Eigentümer des Bensberger Schlosses. „Wir werden das hinbekommen“, betont er und sagt zu: „Wir kommen für die Finanzierung auf, für beides, die Erinnerungstafel vor dem Schlosseingang und die Stolpersteine zum Gedenken an die beiden Getöteten im Schlosspark.“ Der Versicherung sei aber vor allem eins wichtig: Das große Engagement der Schüler zu würdigen: „So ein Projekt verdient Anerkennung.“

Es müssten laut Linder aber noch einige Formalien geklärt werden. Denn der Schlosspark gehöre einer Eigentümergemeinschaft des angrenzenden Seniorenheims. Die Besitzer der Wohnungen würden gerade angefragt, ihr Einverständnis für die Verlegung der Stolpersteine abzugeben.

Dann müsste noch die Denkmalbehörde zustimmen sowie der Kontakt zum Künstler Gunter Demnig aufgenommen werden, der in seinem europaweiten Projekt Stolpersteine zum Gedenken an NS-Opfer verlegt. Linder ist aber optimistisch, dass die Schüler bei der Einweihung dabei sein können, bevor sie im Sommer ihre Abi-Zeugnisse erhalten.

„Wir lassen das Thema nicht auf sich beruhen“, kündigt Reusch an. Um die vielen noch offenen Fragen zu klären, habe das OHG eigens eine AG zur Erinnerungskultur gegründet. In ihrem Antrieb, weiter gegen das Vergessen dieser Zeit anzugehen, fühlten sich alle auch durch die Auszeichnung mit dem Heimatpreis Bergisch Gladbach bestätigt.


Die Napola-Eliteschulen

Insgesamt gab es 40 NS-Napola-Ausleseschulen, in denen die kommende Führungsschicht des Nazi-Staates herangezogen werden sollte. Die Napola im Bensberger Schloss eröffnete am 1. Juli 1935. Nach einem Brand im Nordflügel des Schlosses wurden ab März 1944 etwa zwölf KZ-Häftlinge nach Bensberg überstellt. Am 2. November 1944 wurde das Außenlager des KZ Buchenwald mit der Napola nach Hardenhausen in Westfalen verlegt. (ub)