Bergisch Gladbach/Köln – In vollem Ornat, aber zum zweiten Mal vor leerem Saal hat sich das Kölner Dreigestirn gestern Abend mit der Fernsehausstrahlung der Proklamation bundesweit in die Herzen der Jecken gesungen. Das Lied allerdings, das den dreien wie auf den Leib geschrieben ist, hat der Bergisch Gladbacher Musiker, Komponist, Creative Director und Bandleader Norbert Wielpütz zusammen mit seinem Sohn Linus geschrieben. Und beim Einsingen im Gladbacher Studio von Ralf Hahn sahen nicht nur die Perspektiven für die Session noch ganz anders aus ...
Ein unscheinbares Gebäude in einem Bergisch Gladbacher Gewerbegebiet: Vor der Tür stehen der designierte Kölner Prinz Sven I. (Oleff) und Bauer Gereon (Glasemacher), während Dr. Björn Braun, Kölns Jungfrau 2022, drinnen im Studio am Mikrofon steht und singt: „All dat Jlöck, dat mir jefunge, för ne kote Aujeblick, jevve mir als Kölsches Dreijesteen zoröck.“
„Ich hatte Tränen in den Augen"
„Als ich das Lied zum ersten Mal gehört habe – ich weiß noch ganz genau, das war auf dem Weg zur Arbeit – da hatte ich Tränen in den Augen“, erzählt Sven Oleff. „Ich dachte nur: Hoffentlich gefällt’s den anderen beiden Jungs auch.“ Er habe sofort eine Gänsehaut gehabt, gesteht auch Gereon Glasemacher. Als sich auch noch die angehende Jungfrau begeistert zeigte, war das Ding geritzt. Ab da lief das Lied bei den dreien „in Dauerschleife“, wie sich Sven Oleff erinnert.
„Eine tolle Idee, der Text: Wir drehen den Spieß einfach um. Wir als Dreigestirn sagen schon bei der Proklamation Dankeschön an die Jecken.“ Norbert Wielpütz lächelt. Mit dem Lied, das von Kindheitserinnerungen an den Karneval, Kamelle am Straßenrand, dem Traum, irgendwann mal Prinz zu werden und der liebevollen Replik vom Papa damals „Du spinns!“ handelt, hat Norbert Wielpütz den Nerv nicht nur des Kölner Dreigestirns getroffen.
Erzählt wird die Geschichte von drei kleinen Jungs
Schon Festkomitee-Vize-Präsident und -Programmgestalter Dr. Joachim Wüst, der Wielpütz’ Lied als erster gehört hatte und es unbedingt dem Dreigestirn vorschlagen wollte, war begeistert. „Das Lied erzählt einfach die Geschichte von drei kleinen Jungs, die die Faszination des Karnevals kennenlernen und mit ihm groß werden“, sagt Gereon Glasemacher: „Das ist unsere Geschichte.“
Durch das Studiofenster ist Björn Braun zu sehen. Unterstützt von ausladendem Dirigat von Gesangslehrerin Birgitta Maria Schaub gibt er sich ganz seinem Text hin; „Hück stoht ihr för uns am Stroßerand, mit nem Laache im Jeseech.“
Jeden morgen mit Corona-Test
Die Sonne bricht sich mit ein paar Strahlen durch die Wolken über dem Studio-Hof. Sven Olef schnäuzt sich. Er ist etwas erkältet. Zu diesem Zeitpunkt steht der Elfte im Elften noch bevor, freuen sich die designierten Tollitäten riesig auf den Sessionsauftakt. Damit im zweiten Anlauf nun nichts mehr schiefgeht, sind die drei äußert vorsichtig, testen sich jeden Morgen.
Dreigestirnslied zum Anhören
Ab 14. Januar ist das Lied „All dat Laache, all dat Singe“ des Kölner Dreigestirns aus der Feder von Norbert Wielpütz, komponiert mit Linus Wielpütz und arrangiert sowie produziert von Ralf Hahn auch im Audio-Streaming-Dienst Spotify zu hören. Das Cover dort hat ebenfalls Norbert Wielpütz gestaltet. (wg)www.spotify.com
Vier Tage später wird dabei herauskommen, dass sich der Prinz in spe, Sven I., trotz aller Vorsicht mit dem Coronavirus infiziert hat und das Dreigestirn beim Sessionsauftakt in der Kölner Altstadt nicht dabei sein kann. Es soll nicht der letzte Rückschlag beim zweiten Anlauf in die Session bleiben. Einige Wochen später folgen angesichts der sich verschärfenden Corona-Lage Sitzungsabsagen, dann das Aus für den Kölner Rosenmontagszug, schließlich die Entscheidung zur zweiten Proklamation ohne Saalpublikum.
Nicht nur für einsame Kameras
Der Schmerz bei den drei Vollblutkarnevalisten sitzt tief, an ihrem Lied aber halten sie fest. Auch wenn manches wie die „Minsche, die jekumme, die su lang op uns jewaat“ nun nicht mehr stimmt, viele Proklamationsgäste nun wieder „nur“ am Bildschirm zuschauen können.Doch das, was Norbert Wielpütz ihnen da auf den Leib geschrieben hat, das wollen sie auch vor den einsamen Kameras im Kölner Gürzenich dem Publikum draußen in der Welt singen.
Mit Gänsehaut erinnert sich Prinz Sven I. daran, wie Ralf Hahn ihm und seinen Dreigestirnskollegen vor zwei Monaten die erste eingesungene Rohfassung des Lieds im Gladbacher Studio vorgespielt hat. Da war es mucksmäuschenstill. Und dann applaudierten die angehenden Tollitäten den kreativen Köpfen hinter ihrem Lied.
Mit diesem haben Norbert und Linus Wielpütz und Ralf Hahn, die alle drei auch das kreative Herz der Bergisch Gladbacher Band „Pütz & Bänd“ bilden, wirklich Bleibendes geschaffen – selbst wenn sich viele Karnevalsträume in den vergangenen Wochen einmal mehr verflüchtigt haben.