Bergisch Gladbach – Die Personalsituation an der städtischen Max-Bruch-Musikschule spitzt sich zu. Die Schere zwischen fest angestellten Musiklehrern und Honorarkräften klafft weit auseinander. Gerade einmal 34 Musiklehrer sind angestellt, 49 arbeiten auf Honorarbasis.
Die Belastung der festen Lehrer wird immer größer, so dass die Qualitätsansprüche zum Teil nicht mehr gehalten werden können. Unter den Honorarlehrern wächst der Unmut. Sie erhalten bei ihrem Wunsch nach einer gerechteren Bezahlung Unterstützung von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
„Es ist ein Leben an der Grenze zur Armut, ein Leben ohne Sicherheit und mit vielen Ängsten“, so drastisch drückt es eine Honorarlehrkraft im Gespräch mit dieser Zeitung aus. Trotz akademischer Ausbildung bekommen die freien Musiklehrer, darunter sind auch Fachbereichsleiter, gerade mal 25 Euro brutto pro Unterrichtsstunde: ohne soziale Absicherung, ohne Jobticket, ohne Bezahlung in den Ferien, ohne Weihnachtsgeld und ohne Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
Vergütung um 60 Prozent unter den Angestellten
Damit liegt die Vergütung mit bis zu 60 Prozent weit unter der einer angestellten Fachkraft. Um über die Runden zu kommen, arbeiten die meisten Honorarkräfte an mehreren Musikschulen. Die Standorte liegen meist weit auseinander.
Die größte Angst aller Honorarkräfte sei es, krank zu werden: „Wir würden verhungern. Deshalb müssen wir beten, gesund zu bleiben“, sagt der langjährige Lehrer, der lieber seinen Namen nicht nennen möchte. Denn das macht ihm auch Angst – ohne Kündigungsfrist entlassen zu werden. Dies sei auch der Grund dafür, dass die Honorarlehrer noch nie eine Protestaktion gestartet hätten.
Beratung im Ausschuss
Am heutigen Mittwoch sollen im Schul- und Kulturausschuss Entscheidungspflöcke gesetzt werden, wie es mit der Musikschule in Zeiten knapper Haushaltskassen weitergeht: 17 Uhr im Rathaus Bensberg. Ursache für das Ausbluten der Musikschule ist ein Sparbeschluss aus dem Jahr 2012 im Rahmen der Haushaltssicherung. Demnach fällt seitdem jede feste Stelle, die frei wird, weg und wird mit einer Honorarkraft besetzt. Jetzt will die Stadtverwaltung die Finanzschraube etwas lockern. Ihr Vorschlag: 2,5 Stellen könnten wiederbesetzt werden. (ub)
Die Stadtverwaltung will jetzt zwar ein Zeichen setzen und schlägt vor, 2,5 Stellen neu zu besetzen. Damit sei den Honorarkräften aber nicht gedient. „Es ist nicht damit getan, ein paar Honorarverträge in Festanstellungen zu überführen“, sagt Andreas Gerhardus, der auch als Honorarkraft arbeitet und sich vorkommt wie ein Lehrer zweiter Klasse. Er setze sich wie alle seiner Kollegen dafür ein, dass ein neues Konzept für die Musikschule erarbeitet werde, „mit flexiblen Lösungen, die den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht werden“. Er hofft auf ein Gehaltssystem, das mehr Gerechtigkeit bringt. „Wir bekommen ja noch nicht mal mehr die Vorbereitungszeit für unsere Stunden bezahlt“, kritisiert Gerhardus.
Ausfälle an Feiertagen und im Krankheitsfall
Außer den Unterrichtsausfällen in den Schulferien werden den Honorarkräften auch die Ausfälle an Feiertagen nicht bezahlt. „Hat ein Kollege Pech und gibt zum Beispiel donnerstags Unterrichtsstunden, sind das oft auf das Jahr verteilt vier Tage, an denen wir nichts verdienen können“, berichtet Gerhardus. Die Schüler zahlen ihre Beiträge aber monatlich, unabhängig von Feiertagen. Damit kassiere die Musikschule Geld, das den Honorarkräften verloren gehe, lautet der Vorwurf.
Mit ihrer Anfrage, die sich an Bürgermeister Lutz Urbach richtet, wollen die Grünen Klarheit darüber, ob auf diese Weise „die Honorarkräfte durch ihre Dumpinglöhne die Musikschule quersubventionieren“. Das jetzige Prozedere entpuppe sich als „ungebremstes Himmelfahrtskommando für die Musikschule “, sagt Theresia Meinhardt von den Grünen. Die Perspektive der Honorarkräfte sei gleich Null.
Friedrich Herweg, Leiter der Musikschule, ebenfalls Befürworter einer Neukonzeption, befürchtet, dass die Erfolge der Musikschule in Gefahr geraten. Denn die Arbeit, die über die gewöhnlich Klavierstunde hinausgeht, muss von dem kleinen Stamm an fest angestellten Musiklehrern bewältigt werden: Projekte entwickeln, Kooperationen koordinieren oder Kinder bei Wettbewerben begleiten. Für solche Aufgaben, die viel Zeit kosten, aber wichtig sind, um die Präsenz der Musikschule in der Kulturlandschaft zu festigen, stehen freie Lehrer nicht zur Verfügung, weil sie dafür kein Geld bekommen.
Die schlechten Arbeitsbedingungen für die freien Lehrer sorgten auch dafür, „dass wir die fähigsten Leute wieder verlieren“, klagt Herweg. Dieser Zustand sei langfristig nicht tragbar.