Bergisch Gladbach – Ein richtig schnelles Auto braucht richtig gute Reifen, damit es nicht abhebt, und solche Reifen sind auch richtig teuer. Für die beiden guten Freunde Ali und Mehmet war das der Ausgangspunkt, in einen Lieferwagen zu steigen, damit ihr Viertel in Köln-Mülheim zu verlassen und tief in der Nacht in einem gediegenen und gut beleuchteten Wohnquartier von Bensberg an einem dort parkenden Porsche die Reifen abzumontieren.
Dumm war für sie nur, dass die Polizei den Austausch der teuren Reifen gegen preiswerte Steine aus dem Baumarkt sehr schnell stoppte. Jetzt fand der Prozess statt. Auf der Anklagebank von Strafrichterin Birgit Brandes fanden sich allerdings nicht nur die beiden Monteure, beide 32 Jahre alt und aktuell von Arbeitslosengeld I beziehungsweise II lebend, sondern auch der Porschefahrer, ein 31-jähriger Vermögensberater mit Büro in dem erwähnten Bensberger Wohnquartier.
Vor Gericht bestreiten Angeklagte Verbindung zu Autobesitzer
Die Anklage lautete nicht auf Diebstahl, sondern „versuchter gemeinschaftlicher Versicherungsmissbrauch“ – eine Spezialform des Betrugs. Denn, so die Anklage, der Bensberger, selbst in finanziellen Schwierigkeiten, habe die beiden Kölner angestiftet, die Reifen abzumontieren und sie ihm später wiederzubringen. Das vermeintliche Wissen um dieses Schurkenstück hatte die Staatsanwaltschaft aus den polizeilichen Vernehmungen der beiden Kölner bezogen.
Jedoch konnte die Anklagebörde bei der Verhandlung in Saal 100 des Amtsgerichts keinen Blumentopf gewinnen. Denn dort gaben beide bis dahin nicht vorbestrafte Kölner zwar zu, dass sie in einem Anfall von Dummheit die Reifen zu stehlen versucht hätten. Sie hätten das aber nicht auf Geheiß des Bensbergers getan. „Ich kenne ihn überhaupt nicht“, versicherten beide nacheinander. Stattdessen brachten sie einen anderen „Mittelsmann“ ins Spiel. Der habe die Initiative ergriffen, 1000 Euro Lohn versprochen und überdies das nötige spezielle Werkzeug gestellt.
Der Bensberger wiederum – anders als die beiden Kölner mehrfach vorbestraft, unter anderem wegen Körperverletzung und Urkundenfälschung – ließ zunächst seinen Anwalt erklären, dass er sich nicht äußern werde, um den Juristen später dann sagen zu lassen, dass er weder die beiden Kölner kenne noch einen Reifenklau in Auftrag gegeben habe und auch nicht die Versicherung habe abzocken wollen.
Erstattete Gerichtskosten
Bei dieser Darstellung blieben die Angeklagten, obwohl Richterin Brandes ihnen die entsprechenden Vermerke der Polizei aus der Tatnacht vorhielt. Denen zufolge hatte einer der beiden Kölner den Bensberger als Auftraggeber angegeben. Für eine Verurteilung des Bensbergers hätte das allein aber nicht ausgereicht. Und da die beiden Kölner doch sehr kleine Fische waren, einigten sich die Verfahrensbeteiligten darauf, das Verfahren ohne Urteil zu beenden.
Die beiden Kölner konnten sich über die Einstellung ohne Buße freuen, weil abgesehen von ein paar Lackkratzern kein Schaden entstanden war und sie bislang straffrei durchs Leben gegangen sind. Eingestellt wurde auch das Verfahren gegen den Bensberger Porschebesitzer. Mit dem kleinen Unterschied, dass er sogar seine Auslagen, insbesondere die Kosten für seinen Verteidiger, erstattet bekommt.