Trotz bester Absichten des Investors, der der Stadt eine Kita schenken will und einer Umplanung im Projekt warnt die Verwaltung vor Risiken.
Risiko ÜberschwemmungVerwaltung gegen Bebauung der Bergisch Gladbacher Marktstraße
Die fachliche Bewertung der Experten der Stadtverwaltung ist eindeutig: Demnach eignet sich das als Pferdewiese bekannte Grundstück an der Alten Marktstraße in Refrath nicht für eine Wohnbebauung. Zu groß sei die Überflutungsgefahr. Den Investoren könnte eine endgültige Abfuhr drohen – trotz ihres Angebots, der Stadt eine Kita zu schenken. Die hohen Investitionskosten – laut Projektträger belaufen sie sich bis jetzt auf über 968 000 Euro – würden ins Leere laufen. Eine schwierige Entscheidung, die auf die Politik zukommt.
Grundstück liegt in Senke, Hochwasserspiegel hoch
Aktuell ist der vorhabenbezogene Bebauungsplan für die 9000 Quadratmeter große Wiese seit des Beschlusses des Planungsausschusses von Februar 2022 in „Warteposition“ gestellt. Trotzdem hat die „WvM Immobilien und Projektentwicklung GmbH als Eigentümer des Grundstücks weiter an dem Projekt gearbeitet, um die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Realisierung eines Wohnbaugebietes zu schaffen: Das neue Konzept – von den Investoren „Benesfeld“ genannt - sieht wie berichtet 20 Einfamilienhäuser, ein Mehrfamilienhaus mit acht geförderten Wohnungen sowie eine für die Stadt kostenlose Kindertagesstätte mit 32 Plätzen vor.
Das Problemgrundstück liegt in einer Senke, das Grundwasser steht an dieser Stelle hoch, die Regenwasserkanäle, die über den Rechtsrheinischen Kölner Randkanal entwässern, sind bei starkem Regen überlastet und das Wasser kann nicht mehr abfließen. In den vergangenen Jahren ist die Wiese immer wieder überflutet worden. Zuletzt erst recht beim Starkregen 2021, als in den Nachbarhäusern die Keller vollliefen.
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Plan sieht Umleitungen von Strömungswegen vor
Angesichts der Konfliktsituation hat WvM-Immobilien die Straßen- und Geländehöhen neu geplant sowie eine Starkregensimulation bei der Ingenieurgesellschaft Hydrotec beauftragt. Wie die Stadtverwaltung in ihrer Stellungnahme feststellt, sorgten laut diesem Gutachten die angepassten Geländehöhen dafür, dass sich die Strömungswege veränderten.
Sie würden laut Hydrothek in drei Versickerungsmulden gelenkt – zwei Mulden würden auf der Spielplatzfläche im neuen Wohngebiet, eine außerhalb des Planungsgebiets liegen. Von dort würde das Niederschlagswasser über einen Notwasserweg in den Kirchfelder Bach strömen. Dieser fließt teils offen, teils verrohrt in den Rechtsrheinischen Kölner Randkanal, der bereits jetzt am Rande seiner Kapazitäten angelangt sei.
Verwaltung warnt: Amtshaftung könnte drohen
Laut Expertise der Verwaltung könnten so zwar, die Gebäude im Plangebiet selbst vor Hochwasser geschützt werden. Für die Bestandshäuser gelte dies aber nicht. Vor allem würde sich das Wasser auf Grundstücken der Straße „Im Holz“ stauen. Die Mulden reichten als Puffer nicht aus. Die Verwaltung warnt deshalb davor, dass der Stadt eine Amtshaftung drohen könnte: Im Falle vollgelaufener Keller könnte die Stadt zur Entschädigung herangezogen werden, weil sie bei der Genehmigung des B-Plans Schäden an angrenzenden Flächen – in diesem Fall der Straße Im Holz - nicht ausreichend berücksichtigt habe.
Als Konsequenz hält die Stadtverwaltung weitere Prüfschritte für zwingend notwendig, sollte die Politik die Entscheidung treffen, den B-Plan nicht endgültig aufgegeben zu wollen. Es handelt sich um einen langen Katalog an zeitaufwendigen und kostspieligen Anforderungen. „Ohne Erfolgsgarantie“, wie die Verwaltung feststellt: Einleitungsgenehmigung in den Kölner Randkanal, Festlegung der Unterhaltung der Mulden, Änderung des B-Plan-Entwurfs unter Einbeziehung der Mulden, juristische Prüfung, um nur einige Bedingungen zu nennen.
Die Verwaltung rät in ihrem Fazit davon ab, diesen Weg zu gehen. Es blieben zu viele rechtliche Risiken: „Es steht zu erwarten, dass bei einem Schadensereignis die Stadt sich dann nicht nur mit den betroffenen Eigentümern im Neubaugebiet auseinandersetzen müsste, sondern zudem mit denen im Bestand angrenzender Areale.“
Im Planungsausschuss am Montag, 12. Juni, 17 Uhr, Ratssaal Bensberg berät die Politik.
Investor will sich einigen
Die WvM Immobilien- und Projektentwicklung GmbH betont auf Anfrage dieser Zeitung, ihr Ziel sei es, sich mit der Stadt Bergisch Gladbach zu einigen: „Wir sind zuversichtlich, dass wir gemeinsam mit der Stadtverwaltung ohne weiteren Zeitverzug eine Lösung finden werden“, sagt Geschäftsführerin Erika Werres. Die noch offenen Punkte seien aus ihrer Sicht „kurzfristig zu klären und verursachten keine signifikanten Kosten mehr.“ Die größten Kosten seien jedenfalls längst getätigt worden.
Im Falle eines Scheiterns des B-Plans halte sich das Unternehmen den Rechtsweg offen. „Aber die Verschwendung von Steuergeldern in langwierigen Prozessen, die letztlich den Wohnraummangel verstärken, kann nicht das Interesse der Stadt Bergisch Gladbach sein,“ sagt Werres. Für ihr Unternehmen habe die Sicherheit des Gebiets allerhöchste Priorität: „Wir werden gemeinsam mit Fachexperten jede Maßnahme ergreifen, um das jederzeit zu gewährleisten.“
So sei auf Wunsch der Gladbacher Verwaltung ein Gutachten bei einem sehr renomierten Institut in Auftrag gegeben worden, das sogar ein sintflutartiges Jahrhunderthochwasser simuliert habe: „Das Ergebnis war eindeutig , nämlich die vollkommene Unbedenklichkeit“ sagt Werres. (ub)
Initiative fühlt sich in Bedenken bestätigt
Durch die Bewertung der Stadtverwaltung fühlen sich Refrather und Nachbarn der Pferdewiese in ihren Bedenkenbestätigt, die sie gegen eine Bebauung der Pferdewiese haben: „Es ist nur eine Frage der Zeit, wann es bei uns zum nächsten Hochwasser-Gau kommt“, sagt Gerd Corona, einer der Sprecher der Task Force der Bürgerinitiative.
Den Investoren sei dies nach einer Bebauung und dem Verkauf der Häuser nicht wichtig: „Den Anwohnern inklusive einer Kita dagegen schon“, betont Corona. Das Plangebiet sei aufgrund seiner spezifischen Lage schlicht nicht geeignet für eine Bebauung. Das Gegenteil sei der Fall: „Das Gelände ist ein wichtiger lokaler Baustein im Kampf gegen die Folgen des Klimawandels.“ Bilder und Aussagen der Anlieger belegten, dass nur durch die Funktion der Wiese eine Überflutung der südlich gelegenen Bebauung bisher verhindert worden sei.
Mit der Versiegelung des Geländes entfiele diese Funktion. Anrainer von Beningsfeld und Im Holz wären ungeschützt, der Kirchfelder Bach unkontrollierbar. Deshalb wäre die Bebauung des Geländes aus Sicht der Bürgerinitiative „eine tickende Zeitbombe mit unkalkulierbarem Risiko für die Anrainer.“ Die Initiative appelliert an die Politik, die Anwohner vor diesen Risiken zu schützen. (ub)