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Interview mit Wolfgang Bosbach„Ich möchte mich nicht weiter aufreiben“

Lesezeit 5 Minuten
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Wolfgang Bosbach

  1. Wolfgang Bosbach wird seine politische Arbeit beenden.
  2. Im Interview spricht der 64-Jährige über den Abschied aus dem Parlament, Querelen in seiner Partei und ein Leben jenseits der Politik

Herr Bosbach, dass Sie mit dem Kurs Ihrer Partei nicht in allem einverstanden sind, haben Sie in der Vergangenheit offen gesagt. Was hat jetzt den Ausschlag gegeben, nicht mehr zu kandidieren?

Es gibt nicht einen Grund, sondern ein ganzes Bündel von Gründen, sowohl politische als auch sehr persönliche. In einigen wichtigen politischen Punkten kann ich die Haltung meiner Partei nicht mehr mit der Überzeugung vertreten, wie ich sie gerne vertreten würde – und wie ich sie auch vertreten müsste, wenn ich noch einmal für den Bundestag kandidieren sollte. Und: Ich bin leider nicht der Gesündeste.

Trotz Krebs- und Herzerkrankung haben Sie in den vergangenen Jahren Ihre Überzeugung auch gegen die Mehrheiten in ihrer Fraktion vertreten. Zermürbt das?

Alles zum Thema Wolfgang Bosbach

Ich habe mich in den letzten Jahren aufgerieben. Und ich möchte mich nicht weiter aufreiben. Wenn die Kraft nachlässt, muss man sich sehr genau überlegen, wofür man diese Kraft noch aufwendet.

Ihre Positionen und Ihre Art, sie auch gegen Widerstände zu vertreten, sind von einer breiten Basis in der Bevölkerung doch goutiert worden …

Das stimmt, aber ich möchte nicht mehr meine Zeit damit verbringen, gegen eine große Mehrheit meiner Partei und der Kollegen in der Fraktion zu argumentieren. Das gilt für die Euro-Rettungspolitik, das gilt für die Flüchtlingspolitik, das gilt für die Politik der Europäischen Zentralbank, die zu einer faktischen Enteignung der Sparer führt. Das war ein immer größerer Spagat zwischen auch notwendiger Solidarität mit der Partei und dem Wunsch, sich nicht verbiegen zu lassen.

Das hört sich aber nach einer gehörigen Portion Frustration an, wie man sie bisher von Wolfgang Bosbach nicht kannte …

Wissen Sie, ich bin deshalb nicht frustriert, weil ich weiß, wie groß die Zustimmung an der Parteibasis ist, wie viele Einladungen ich bekomme und wie gut die Veranstaltungen besucht sind. Also ich bin meilenweit von Frustration entfernt.

Kehren Sie damit der CDU den Rücken?

Selbstverständlich nicht. Also auf die Idee, die CDU zu verlassen oder zu einer anderen Partei zu gehen, käme ich noch nicht mal mit drei Promille. Ich bin ja 1972 nicht aus Versehen oder aus Zufall in die CDU eingetreten, sondern aus Überzeugung. Ich bleibe selbstverständlich in der Partei, nur meine aktive politische Arbeit wird mit dem Ende der Wahlperiode beendet werden.

Bis dahin bleiben Sie weiter auf Achse?

Alle Verpflichtung, die ich angenommen habe, werde ich selbstverständlich noch erfüllen. Und das sind noch eine ganze Menge an Veranstaltungen und Aufgaben. Das bleibt auch bis zum Ende der Wahlperiode so, und das ist ja noch über ein Jahr hin.

Meinen Sie nicht, dass Sie als Parteirevolutionär jetzt noch viel mehr Anfragen zu Interviews, Talkrunden und Veranstaltungen erhalten …

Moment, jetzt muss ich Sie mal unterbrechen. Ich bin überhaupt kein Parteirevolutionär. In keiner einzigen Frage vertrete ich eine Meinung, die nicht auch mal die Auffassung der CDU war. Ich habe nie eine revolutionäre Bewegung in der CDU angeführt, sondern politische Positionen vertreten, die auch einmal Positionen meiner Partei waren und die ich nach wie vor für richtig halte – und mit mir viele andere in der Partei auch.

Werden Sie denn für Ihre Positionen weiter medienwirksam kämpfen?

Ach wissen Sie, das wird selbstverständlich weniger werden. Das wär ja auch ein Wunder, wenn es anders wäre.

Ihr Bekanntheitsgrad ist sehr hoch. Das sieht man an dem nationalen Medienecho nach Ihrer Entscheidung, nicht erneut zu kandidieren.

Ja, aber ich habe das auch in dem letzten Jahr nach dem Abschied als Innenausschussvorsitzender gemerkt: Das wird eben weniger, und damit habe ich auch kein Problem.

Was machen Sie mit der neuen Zeit?

Das sage ich Ihnen dann, wenn es so weit ist. Aber ich werde garantiert keine Langeweile haben. Es gibt noch viele Dinge im Leben, an denen ich Interesse habe, an Sport, an Reisen, an Familie. Um mich muss sich keiner Sorgen machen.

Zeit Resümee zu ziehen?

Das können Sie mich in einem Jahr fragen.

Sie haben zwar gesagt, Sie seien kein gesunder Mann, aber Ihre Krankheit nennen Sie nicht als Hauptgrund für Ihre Entscheidung.

Ich muss nächsten Montag wieder ins Krankenhaus zu einer Operation. Und ich sage Ihnen: Das ist kein Spaß.

Haben Sie einen Wunsch, wer Ihr Nachfolger werden soll?

Da halte ich mich zu 110 Prozent raus. Wir haben eine Findungskommission beschlossen, der werde ich angehören, aber ich werde noch nicht einmal Andeutungen machen, wen ich als potenzielle Nachfolgerin oder potenziellen Nachfolger sehe oder gar bevorzuge.

Das ist aber ganz anders als damals, als Sie Bundestagsabgeordneter und damit Nachfolger von Franz Heinrich Krey geworden sind …

Ja, das ist natürlich ein Unterschied, weil ich zwölf Jahre für Franz Heinrich Krey gearbeitet habe und in dieser Zeit viele gedacht oder auch gesagt haben: Das könnte mal sein Nachfolger sein.

Was wird sich jetzt in den kommenden Monaten bis zur Bundestagswahl für Sie ändern?

Die Arbeit geht weiter. Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht. Auf der einen Seite fällt sie mir schwer, auf der anderen Seite ist sie auch eine Befreiung.

Warum?

Weil ich in den vergangenen Monaten tausendfach gefragt worden bin, ob ich noch mal antrete oder nicht. Ich habe immer dem Kreisverband gesagt, ich sage euch nach Ende der Ferien als ersten Bescheid. Und das habe ich jetzt getan.

Wann stand für Sie die Entscheidung fest?

Mit der letzten Diagnose des Arztes war für mich klar, dass es die richtige Entscheidung war.

Das Gespräch führten Matthias Niewels und Guido Wagner

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