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FreispruchTippfehler einer Overather Polizistin wird nicht bestraft

Lesezeit 3 Minuten
Zwei Einsatzfahrzeuge parken vor der Polizeiwache in Untereschbach.

Fehler passieren: Auf der Polizeiwache in Overath-Untereschbach hatte eine Beamtin ein Datum falsch eingetragen. Sie musste sich deshalb vor Gericht verantworten.

Die Staatsanwaltschaft hat zwei Overather Polizisten wegen „Falschbeurkundung im Amt“ angeklagt. Das Amtsgericht Bensberg sprach sie frei.

Das Bergisch Gladbacher Amtsgericht hat zwei junge Overather Polizisten freigesprochen. Einer Kommissarin hatte die Staatsanwaltschaft vorgeworfen, eine falsche Urkunde ausgestellt zu haben, um einem Kollegen zu helfen. Der Kollege wiederum habe der Polizistin bei der Manipulation geholfen.

Es gibt Delikte, die Normalsterbliche gar nicht begehen können, Polizisten jedwedes Geschlechts aber schon. Sie können zum Beispiel Aussagen erpressen, sich bestechen lassen oder unbescholtene Bürger misshandeln – oder eben nach Paragraf 348 des Strafgesetzbuches eine „Falschbeurkundung im Amt“ vornehmen.

Overather Ordnungshüter kassiert einmonatiges Fahrverbot in Köln

Genau das soll im Juni 2022 auf der Polizeiwache Untereschbach passiert sein. Da habe Streifenpolizist Thomas A. seiner Kollegin und Wachdienstführerin Ellen R. seine Führerschein-Karte hingelegt: Sie solle die doch bitte wegschließen, denn er sei privat in Köln geblitzt worden und müsse für einen Monat zu Fuß gehen.

Ellen R. (Namen geändert) nahm die Karte an sich, tippte die Sache aber nicht sofort in den Computer ein, sondern erst später, als sie zwischen dem Schreiben von Unfallfluchtanzeigen und Telefonaten die Zeit dafür fand. Dabei passierte es: Als Abgabedatum gab sie einen Tag aus der Vorwoche ein, und auch den internen Stempel, wann der Vorgang gefertigt wurde, ließ sie nicht automatisch vom Computer setzen, sondern tippte ihn selbst – und ebenfalls falsch – ein.

Chef der Nachtschicht wittert Verdacht

Dem Dienstgruppenleiter aus der folgenden Schicht kam das merkwürdig vor. Wollte Ellen R. ihrem rasenden Kollegen Thomas A. helfen, die Sperre um eine Woche zu verkürzen? Der Beamte brachte die Sache zur Anzeige, um bloß nichts zu vertuschen und sich nicht selbst strafbar zu machen.

Vor Gericht schilderten Ellen R. und ihr Verteidiger Christoph Arnold nachdrücklich den Stress, der an dem fraglichen Tag in Untereschbach geherrscht habe. „Ich habe an dem Tag mehrere Fehler gemacht, auch wenn es für mich peinlich ist, das hier sagen zu müssen“, argumentierte die Polizistin. Aus dem Grund habe sie von ihrem direkten Vorgesetzten auch mehrere Vorgänge zur Korrektur zurückbekommen.

Nur bei der Sache mit dem Führerschein sei der Dienstgruppenleiter schon im Feierabend gewesen und der Chef der nächsten Schicht habe den Vorgang bekommen. Auch wiesen der zu flott gefahrene Beamte und sein Verteidiger Bertil Jakobson darauf hin, dass eine Vordatierung aberwitzig gewesen wäre: Denn damit wäre Thomas A. ja schon diese ganze Woche ohne Führerschein gefahren.

Verteidiger suchen und finden Fehler in den Akten der Ankläger

„Ich war damals völlig durch den Wind“, erinnerte sich Kommissar Thomas A., seine Verlobte habe sich gerade von ihm getrennt. Auf der Wache habe er erzählt, dass er einen Monat auf den Führerschein verzichten müsse. So sehr sei er im Übrigen durch den Wind gewesen, dass er sich abends kopflos trotzdem ins Auto setzte und losfuhr – und unweit der Wache gestoppt wurde. Für dieses Fahren ohne Führerschein ist er inzwischen zu einem Monatsgehalt Geldstrafe verurteilt worden.

Insgesamt dauerte der Prozess in Bensberg gut zweieinhalb Stunden. Das lag vor allem daran, dass die Referendarin der Anklagebehörde mehrfach mit dem Oberstaatsanwalt telefonieren musste, der die Anklage verfasst hatte. Unterdessen wiesen die Verteidiger augenzwinkernd auf weitere Fehler in den Akten hin: In einem Vernehmungsprotokoll der Kripo war als Datum der Vernehmung das für Deutschland ruhmreiche Finale der Fußball-WM 2014 eingetragen worden, und in der Anklage waren die Namen der Polizisten durcheinandergebracht.

Nach der Vernehmung zweier Zeugen forderte die weisungsgebundene Staatsanwältin Geldstrafen zur Bewährung für die beiden Polizisten. Bald danach verkündete die nach Artikel 97 des Grundgesetzes unabhängige und nur dem Gesetz unterworfene Richterin Simona Sünnemann ihr Urteil: Freispruch.