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Kokain an A3Bensberger Gericht hebt Haftbefehl nach sechs Monaten auf

Lesezeit 3 Minuten
Die Autobahn-Raststätte Königsforst West an der Autobahn 3 gehört zu Rösrath (Archivbild vom Sommerferienbeginn).

Die Autobahn-Raststätte Königsforst West an der Autobahn 3 gehört zu Rösrath (Archivbild vom Sommerferienbeginn).

Um seine Schulden zu bezahlen, hat ein 30-jähriger Familienvater Kokain transportiert. An der A3 in Rösrath schnappte ihn der Zoll.

Weil er zu Hause seine Schulden nicht bezahlen kann, lässt sich ein junger Familienvater aus Bulgarien dazu verleiten, einen Job als Drogenkurier zu übernehmen, doch am Abend vor Silvester schnappt ihn an der Raststätte Königsforst-West der Zoll. Jetzt, Mitte Juni, nach monatelanger Untersuchungshaft, steht der 30-Jährige in Bensberg vor Gericht.

Insgesamt 150 Gramm Kokain haben die Zollfahnder in dem Auto, das sich Saschko P. (Name geändert) von Verwandten geliehen hat, sichergestellt. Da der junge Mann in Deutschland keinen festen Wohnsitz hat, schickt ihn ein Richter in Untersuchungshaft.

Es drohen bis zu 15 Jahre Haft

Darüber, dass er mit dem Kokain-Transport ein Verbrechen begangen hat, auf das in Deutschland bis zu 15 Jahre Haft stehen – und kein Bagatelldelikt, das allenfalls mit einer Geldstrafe geahndet werde, wie ihm sein Gläubiger und Auftraggeber weisgemacht hat.

„Ich bin jetzt fünfeinhalb Monate in Haft“, sagt Saschko P. in seinem letzten Wort in deutscher Sprache – im Gefängnis hat er Deutsch gelernt. „Die Zeit war sehr schwer.“ Er habe viel an seine kleine Tochter, an seine Frau und an seine Mutter denken müssen, daran, was er ihnen zugemutet habe.

Ich möchte mich für mein Verbrechen entschuldigen
Der Angeklagte vor dem Bensberger Schöffengericht

Und dann wechselt er in seine Muttersprache, eine Dolmetscherin übersetzt: „Ich möchte mich an dieser Stelle für mein Verbrechen entschuldigen. Es hätten Leute zu Schaden kommen können.“ In der Haft habe er den hohen Wert der Freiheit erkannt und werde diese ganz gewiss nie mehr aufs Spiel setzen.

Zuvor hat sein Verteidiger geschildert, wie sich Saschko P. in seiner bulgarischen Heimat in seine finanzielle Not manövriert hat. Als erfolgloser Geschäftsmann habe er sich beim Kauf von Kleidung übernommen und seinem türkischen Geschäftspartner mehrere tausend Euro geschuldet. Der Gläubiger habe wieder und wieder auf Rückzahlung gedrängt.

Augenscheinlich kein skrupelloser Glücksritter

Saschko P. fuhr zur Schwester nach Deutschland, um hier als Paketbote zu arbeiten, doch die Arbeitsaufnahme habe sich verzögert – bis ihm der Geschäftspartner den Kokain-„Job“ anbot. Auf der A 3 in Richtung Süden stoppte ihn der Zoll, die Reise war beendet.

Was macht man mit einem Ausländer, der in Deutschland zum Verbrecher wird? Der aber augenscheinlich kein skrupelloser, nur am schnellen Profit interessierter Glücksritter ist, sondern ein biederer, bärtiger Familienvater mit schwierigen Lebensumständen?

Bestnoten vom JVA-Lehrer

In Köln-Ossendorf hat sich Saschko P. sehr gut geführt, bei einem ehrenamtlichen Lehrer viel Deutsch gelernt. Dieser Lehrer stellt ihm im Prozess auch charakterlich ein sehr gutes Zeugnis aus: „Ich habe ihn als Menschen kennengelernt, der sehr anständig und redlich ist und auf den seine 27-jährige Frau und sein dreijähriges Kind warten.“

Auch im Gerichtssaal warten Verwandte: Saschkos Vater ist aus Bulgarien gekommen, und ein Cousin ist auch da. Richterin und Schöffen, Staatsanwältin und Verteidiger sprechen offen über den Fall. Heraus kommen 18 Monate Haft. Sie werden zur Bewährung ausgesetzt, weil der Angeklagte für die Justiz ein völlig unbeschriebenes Blatt ist.

Das Urteil wird sofort rechtskräftig. Mit Vater und Vetter verlässt Saschko P. das Gericht. Für den jungen Familienvater beginnt an diesem warmen Junimittag der erste Tag dieses Jahres in Freiheit.