Rhein-Berg – Nicht erst seit der Absage des Münchner Oktoberfests sorgen sich auch in Rhein-Berg die Menschen darüber, ob öffentliches Leben und Feiern in diesem Jahr überhaupt wieder zurückkehren können, ob manches Fest, ja Tradition vielleicht damit komplett verschwinden werden. Einige Beispiele.
Bergisch Gladbach
Durch das zunächst bis Ende August anberaumte Verbot von Volksfesten sind nach aktueller Auslegung auch die Pfingst- und die Laurentiuskirmes in der Stadtmitte betroffen. Und das möglicherweise nicht nur in diesem Jahr, sondern grundsätzlich. Das befürchtet der Schaustellerverein Bergisch Gladbach: Der Verzicht auf Volksfeste, unter die zurzeit auch die Kirmesveranstaltungen fallen, bedeute ein Berufsverbot für die Schausteller, die allein dort ihr Geld verdienten. Gleichzeitig liefen aber Kosten und Tilgungen für Fahrgeschäfte und Fuhrpark weiter.
Nicht nur zahlreiche Schaustellerfamilien seien in ihrer Existenz bedroht, da es für sie bislang keinen Rettungsschirm gebe, sondern auch das „jahrhundertealte Kulturgut der Kirmes“, sagt der Geschäftsführer des Schaustellervereins, Burkhardt Unrau. „Schausteller ist kein Lehrberuf, sondern Schausteller wird man durch Geburt.“ Wenn die Existenz einer Schaustellerfamilie zerstört werde, könne keine neue nachrücken, prognostiziert Unrau. „Die Kultur der Freude droht zu sterben.“ Und das gelte über die Kirmes hinaus für eine ganze Festkultur.
Ein Ausweg? „Am besten wäre ein umfassender Rettungsschirm, der den traditionellen Schaustellerfamilienunternehmen ein Überleben ermöglicht.“ Wenn das nicht möglich wäre, so dürfe man nicht alle Veranstaltungen über einen Kamm scheren. „Das Münchner Oktoberfest kann kein Maßstab für alle Kirmesveranstaltungen sein und schon gar nicht für die beiden Kirmessen in Gladbach“, so Unrau. Denn weder gebe es in Gladbach solche Menschenmassen, noch Festzelte und Feiern unter Alkoholeinfluss oder Besucher aus aller Welt. „Schausteller sind mit die kreativsten, wir würden in Gladbach auch eine Kirmes hinbekommen, die allen Abstands- und Hygienevorgaben entspräche“, ist Unrau sicher und hat bereits einen offenen Brief an Bürgermeister Lutz Urbach geschrieben.
Sobald die Vorgaben des Bundes für Großveranstaltungen bekannt seien, komme jedes Ereignis im „Stab für Außergewöhnliche Ereignisse“ auf den Prüfstand, sagt Stadtsprecher Martin Rölen. Auch das Stadt- und Kulturfest mit dem Stadtlauf im September. Das wäre direkt nach dem bis Ende August verkündeten Verbot von Großveranstaltungen. Uwe Knebel ist Geschäftsführer der IG Stadtmitte, gemeinsam mit Stadt und Blau-Weiß Hand an der Vorbereitung beteiligt. Tendenzen der aktuellen Nachrichtenlage stimmen ihn pessimistisch. Die Vorbereitung laufe aber noch weiter.
„Gesundheit geht vor Veranstaltungen“, sagt Georg Daubenbüchel, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Bensberger Handel. Das für dieses Wochenende geplante Frühlingsfest sei ja bereits abgesagt worden. „Die anderen Feste sind beantragt“: Schloßstadtfest im Juni, Herbstfest und Martinizauber. Sollten Stadt und Politik die Feste nicht genehmigen, sei dies zu akzeptieren. Von sich aus werde die IBH nicht absagen. Entscheidend sei ein Nein der Behörden, das schütze vor Regress.
Gerade gestern meldeten sich die Hander Schützen: „Wir müssen das Schützenfest absagen“, so der Vorsitzende Peter Knoob. Im Juli hätte gefeiert werden sollen. Nun hoffe man, die Schlagerparty mit Bernhard Brink 2021 anbieten zu können.
Overath
Am Sonntag hätte der Overather Frühling stattfinden sollen. Hätte! Andreas Koschmann, Vorstandsmitglied von „Einkaufen in Overath“: „Für uns ist das eine totale Katastrophe. Jede Entscheidung, jede Aussage würde uns weiterhelfen.“ Die Planung für den Overather Frühling habe man bis zuletzt vorangetrieben und, so Koschmann, man könne eine solche Veranstaltung zu einem Ersatztermin innerhalb weniger Wochen „stemmen“. Bürgermeister Jörg Weigt hingegen vermutet, dass es bis Jahresende keine Großveranstaltungen geben wird: „Das Overather Stadtfest Anfang September haben wir ja bereits gecancelt, aber natürlich tut es mir leid für die Menschen, man denke nur an das 125-jährige Jubiläum der Feuerwehr.“
Odenthal
In Odenthal fallen durch die Corona-Pandemie zwei Großveranstaltungen ins Wasser – keine von beiden wird nachgeholt. Dabei handelt es sich um die vom 15. bis 18. Mai in Altenberg geplante Zusammenkunft der Vertreter von Zisterzienserabteien aus ganz Europa sowie um den Tag des Offenen Odenthals, der am 7. Juni stattfinden sollte. Die Zisterzienser-Vertreter hätten nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus Frankreich, Spanien, Italien, Polen und anderen Ländern anreisen müssen; Voraussetzungen, die in Pandemiezeiten nicht mehr gegeben sind. „Wir hoffen jetzt, dass das Treffen wenigstens im nächsten Jahr in Altenberg stattfinden kann“, sagte Dr. Norbert Orthen mit Blick auf die wechselnden Austragungsorte. Er und Mitorganisatoren hatten viel Arbeit in die Vorbereitungen gesteckt, Unterkünfte für rund 120 Gäste besorgt und ein Ausflugsprogramm auf die Beine gestellt.
Wann das nächste Offene Odenthal stattfinden wird, ist noch unklar, so Bürgermeister Robert Lennerts. „Auf den September zu verschieben, war uns aufgrund der Corona-Lage zu unsicher.“ Und Planungen dieser Art über die im Herbst anstehende Kommunalwahl hinaus, wolle er nicht treffen. (spe)
Rösrath
In Rösrath ist die erste Großveranstaltung, die Corona zum Opfer fällt, das Schlossfest, das vom 4. bis 7. Juni in Schloss Eulenbroich stattfinden sollte. Die Schloss Eulenbroich GmbH äußert „großes Bedauern“: „Der Schutz unserer Besucher, der Künstler und auch der Schutz unserer Mitarbeiter steht für uns an erster Stelle.“ Das Konzert der Bläck Fööss wird am 18. September 2021 nachgeholt, für „Night Wash Live“ gibt es einen Nachholtermin am 28. Mai 2021, beim nächsten Schlossfest.
Noch offen ist, was aus dem Straßenfest in der Stadtmitte am 6. September wird. Der Verein „Gemeinsam für Rösrath“ (GfR) will noch abwarten, welche Vorgaben die Landesregierung für die Zeit nach dem 31. August macht. Bisher ist das noch unklar. „Bis Ende Mai lassen wir uns noch Zeit“, sagt der GfR-Vorsitzende Hans-Jürgen Kautz. Auch die Schützen, die alljährlich am ersten Septemberwochenende ihr Schützenfest ausrichten, wollen bis Ende Mai abwarten. Sollten sich Kosten durch gebuchte Bands nicht vermeiden lassen, seien auch kleine Open-Air-Konzerte mit Auflagen denkbar, sagt Bürgermeister Marcus Mombauer.
Kürten
Die Absagewelle hat in Kürten bereits zugeschlagen. Die Schützenfeste in Biesfeld und Dürscheid und das Kölsch-Konzert von RW Olpe finden nicht statt. Dass Schützenfeste überhaupt stattfinden könnten, bezweifelt Bürgermeister Willi Heider. Diese Art von Festen falle unter Großveranstaltungen. Noch nicht abgesagt sind derzeit die Kirmessen in Kürten und Olpe und das Olper Schützenfest.