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Wildschweine in Rhein-BergReinhard Last möchte mehr jagen – wird aber ausgebremst

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Jagdpächter Reinhard Last und Andreas Heider vom Hegering Overath sprechen über die Jagd von Wildschweinen. 

  1. Dies ist ein Archiv-Artikel vom 28.03.2022.

Rhein-Berg – Die Meldungen von durch Wildschweine verursachten Schäden in Gärten in der interaktiven Karte der Lokalredaktion hat Reinhard Last in den vergangenen Wochen aufmerksam verfolgt. Und: Er hat eine Erklärung, warum sich gerade die Sichtungen von ganzen Wildschweinrotten, die auf Siedlungsstraßen unterwegs sind, im Westen von Bergisch Gladbach häufen. Denn der Jäger aus Overath-Vilkerath bejagt das westlich angrenzende Eigenjagdrevier Mielenforst auf Kölner Stadtgebiet. Oder besser: Er würde gerne, wird aber dabei nicht nur von einem explosionsartig anwachsenden Wildschweinbestand ausgebremst.

„Ich habe das Revier seit 1993“, sagt der Jäger, „und es war anfangs ein reines Niederwildrevier mit Wild wie Hasen und Fasanen, die heute hier gar nicht mehr vorkommen.“ Stattdessen haben sich laut Last seit neun Jahren die vorher hier kaum anzutreffenden Wildschweine rasant ausgebreitet. Als Ursachen zählen Last und sein Overather Hegeringkollege Andreas Heider, der Last auch des Öfteren bereits bei Jagden unterstützt hat, den vermehrten Anbau von Getreide, Raps und Rüben auf den Feldern im Revier auf, aber auch die heute deutlich häufiger auftretenden sogenannten Waldmasten.

Habe es früher alle vier bis fünf Jahre im Wald vermehrt Eicheln und Bucheckern gegeben, so sei dies nicht zuletzt im Zuge des Klimawandels nun jedes zweite Jahr der Fall, sagt Heider. Die Folge: Die Wildschweine vermehren sich deutlich stärker. „Normalerweise bekommen Wildschweine im Februar Nachwuchs, wegen des guten Nahrungsangebots frischen sie aber mittlerweile hier bei uns das ganze Jahr über.“ Muttertiere mit Frischlingen aber dürfen nicht bejagt werden. Und: „Gerade im Frühjahr haben dann mehr Schweine Hunger und gehen auf der Suche nach Fraßangebot auch in Vorgärten und städtische Grünanlagen.“ Stadt- oder Kreisgrenzen interessieren sie dabei wenig.

Jagd von Wildschweinen in Rhein-Berg ist schwierig

Tausende Euro hat Last an Landwirte zahlen müssen, damit diese von Wildschweinen angerichtete Schäden auf Feldern ausgeglichen bekamen. „Manchmal ist der Ausgleich für Schäden höher als die Revierpacht“, weiß Overaths Hegeringleiter Heider von Schadensanmeldungen in fünfstelliger Gesamthöhe auch daheim im Bergischen.

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„Da gehen sie durch“: Wegen gestiegenen Nahrungsangebots und vieler Rückzugsmöglichkeiten haben sich Wildschweine stark vermehrt.

Warum Last dann nicht einfach mehr Wildschweine zur Strecke bringt? Leichter gesagt als getan. „Als Jäger muss ich immer sicherstellen, dass ich in der Richtung, in die ich schieße, einen Kugelfang habe“, erklärt Last. Heißt: Der Jäger muss gewährleisen, dass die Kugel – sollte sie das Tier verfehlen – ohne Gefahr für irgend jemanden im Boden landet. „Mein Revier aber ist absolut flach, und nicht nur am Wochenende sind hier sehr viele Spaziergänger, Jogger, Radfahrer und andere Erholungsuchende unterwegs. Viele haben zudem für die Jagd überhaupt kein Verständnis.“ Immer wieder werden auch Hochsitze mutwillig zerstört.

Außerdem sind Jagden mit Hunden nicht nur zu bestimmten Schon- und Brutzeiten wegen des Naturschutzes im Frühjahr untersagt, sondern auch einige bei den Wildschweinen beliebte Rückzugsgebiete für die Jäger tabu. Dazu gehören sämtliche Flächen entlang der Autobahn 4. „Vor allem in den Flächen am Merheimer Kreuz haben das eine Reihe der schlauen Wildschweine herausgefunden“, sagt Last. Sie leben im Dickicht, wissen ganz genau, dass sie hier ungestört bleiben und kommen nur zum Fressen auf den Wiesen und Äckern heraus – und hinterlassen teure Spuren.

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Ein Problem zeigt Reinhard Last (r., mit Andreas Heider) auf der Karte seines Reviers: An der A4 darf er nicht jagen, das wissen die Schweine.

„So schnell kann ich gar nicht überall sein, wie die auf den Wiesen und Feldern sind“, sagt Last. Auch aus anderen Dickichten im Revier lassen sich die Schwarzkittel nur mit Jagdhunden und engagierten Jagdhelfern heraustreiben. „Eine kostspielige Angelegenheit, und Wildschweine sind auch nicht ungefährlich, für den Menschen ebenso wie für den Hund“, sagt Last. „Die Hauer sind messerscharf und nadelspitz“, stellt er fest.

„Ohne Tierarztkostenversicherung mache ich keine Jagd mehr“, sagt er beim Besuch in seinem Revier und zeigt im Dickicht einen regelrechten Tunnel, durch den eine Spur von Hunderten Wildschweinfüßen führt. „Hier habe ich auch mal bei einer Jagd gestanden“, erzählt Heider: „In die Richtung konnte ich nicht schießen, da ist die Straße, in die andere auch nicht, da sind Brückenteile, von denen die Kugel abprallen könnte. So blieben mir nur ein paar Meter zwischen den Gebüschen, auf denen ich die Tiere erkennen, zielen und schießen musste. Ich hab keins bekommen.“ Trotz aller Widrigkeiten im Revier gelinge es Last doch jedes Jahr, mehr als 30 Sauen zu erlegen, so Heider. Aktuell hätten 36 Wildschweine „auf der Strecke“ gelegen.

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„Regelmäßig rufen mich Leute auch an und wollen, dass ich in ihrem Garten jage, weil dort Wildschweine große Schäden anrichten“, berichtet der pensionierte Rechtspfleger Last. „Aber das darf ich nicht – Gärten sind befriedete Bereiche, in denen grundsätzlich nicht gejagt werden darf.“

Die Probleme in Siedlungen werden wohl noch zunehmen, schätzt der Overather Hegeringleiter Heider. Auch die vielerorts nach dem Fichtensterben vorhandenen Kalamitätsflächen böten schon bald neue Deckungen für Wildschweine. „Ich bin mit der Jagd am Ende“, sagt der erfahrene Jäger Last nicht ohne Resignation. „Nach fast 30 Jahren muss ich das leider so sagen.“ Im nächsten Jahr werde er den Pachtvertrag nicht noch einmal verlängern. „Ich bin 75, hoffe, dass ich noch 80 werde, aber das geht auch ohne Jagd“, stellt er fest. „Den Ärger brauche ich nicht mehr.“