Jackerath – Zehn Kilometer neue Autobahn, ein auf sechs Spuren ausgebautes Teilstück und drei umgebaute Knotenpunkte: Die Voraussetzungen für die Fortsetzung des Tagebaus Garzweiler sind geschaffen, die Bagger können die Autobahn 61 zwischen den Kreuzen Wanlo und Jackerath durchbrechen. Die ertüchtigte A 46, das Autobahnkreuz Holz und die A 44n übernehmen den Verkehr.
„Wo Braunkohle abgebaut wird, muss selbst das Autobahnnetz rund um das Abbaugebiet neu geordnet, verstärkt oder verlegt werden“, heißt es dazu auf der Homepage von Straßen NRW. Das Projekt sei in dieser Größenordnung in NRW einmalig. Am Mittwoch um 15 Uhr soll NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst die A 44n nebst sämtlichen Anschlüssen bei einer Feier am Autobahnkreuz Jackerath zusammen mit dem Vorstandsvorsitzenden von RWE Power, Frank Weigand, in Betrieb nehmen.
Risiken abgeschätzt
Die besondere Herausforderung beim Bau der neuen Trasse sei gewesen, dass man auf gerade erst verfülltem Gelände habe arbeiten müssen, sagt Klaus Dahmen, einer der Projektleiter bei Straßen NRW. Schließlich liegen die zehn Kilometer A 44n fast komplett im Tagebaugebiet.
Zur Einschätzung der Risiken und um entsprechende Vorkehrungen treffen zu können, habe man deshalb sehr eng mit Wissenschaftlern der Technischen Hochschule München zusammengearbeitet.
Aufgrund des neu gestalteten Geländes sei in Zukunft mit Setzungen zu rechnen, sagt Dahmen. Deshalb habe man, anders als bei Autobahnen sonst üblich, in den Mittelstreifen zwischen den beiden Fahrtrichtungen keinen Kanal, sondern einen breiten Versickerungsgraben eingebaut. Ferner habe man Vorkehrungen getroffen, um an einem Brückenbauwerk gegebenenfalls Fahrbahnplatten hydraulisch anheben und neu unterfüttern zu können.
„Ein solches Gelände hat aber auch Vorteile“, sagt Dahmen. „Wir wussten hier ganz genau, dass wir nicht auf Störfaktoren wie Bodendenkmäler oder Weltkriegsbomben treffen konnten.“ Nicht zuletzt deshalb sei die kalkulierte Bauzeit – zumindest aus Sicht der Straßenbauer – genau eingehalten worden. Dies sei nicht zuletzt auch auf die gute Kooperation mit RWE Power zurückzuführen. Tagebaubedingt hat sich die Fertigstellung, die 2012 noch für 2017 angedacht war, etwas verzögert. Die Bergbautreibende ist Trägerin des Projektes, da die Verlegung der Verkehrswege durch den Tagebau bedingt ist.
Seit 1. Juli gesperrt
Schon seit dem 1. Juli ist die A 61 zwischen den Autobahnkreuzen Jackerath und Wanlo in Fahrtrichtung Venlo gesperrt. Ab dem 1. September geht auch in Richtung Koblenz nichts mehr. Der gesamte Verkehr mit rund 80 000 Fahrzeugen täglich rollt dann über die A 46 von Wanlo bis zum Autobahnkreuz Holz und von dort über die A 44n bis Jackerath.
Die Autofahrer auf der Neubaustrecke werden es kaum bemerken: Sie fahren mitten durch den Tagebaubetrieb. Im Osten der A 44n wird noch verkippt und rekultiviert, westlich wird weiter Braunkohle abgebaggert. Gefahren birgt das nicht. Der Sicherheitsabstand zur Verkehrstrasse ist mit mindestens 600 Metern reichlich bemessen. Die Anwohner in Jackerath werden laut Straßen.NRW von den Baumaßnahmen profitieren.
Ein 3,50 Meter hoher Lärmschutzwall schütze sie vollständig. Im Rahmen des Ausbaus der A 46 sei zusätzlich zu den vorhandenen Lärmschutzanlagen ein offenporiger Fahrbahnbelag aufgetragen worden, sodass die Bewohner in Hochneukirch nun ebenfalls vollständig geschützt seien. Einzig beim Gut Kaiskorb sei ein vollständiger aktiver Lärmschutz aus technischen und aus Kostengründen nicht möglich. Das werde durch passive Maßnahmen, etwa schalldichte Fenster, ausgeglichen.
Auch Neubau der A 61
Mit dem neuen Stück der A 44 ist der Streckenabschnitt, der 2006 dem Tagebau weichen musste, nun etwa einen Kilometer weiter östlich wieder hergestellt. Seit 2006 floss der Verkehr zusätzlich über die A 61. 2035 soll auch die A 61 zwischen Wanlo und Jackerath wieder neu gebaut werden. Dann, so Straßen NRW, halbiere sich der Verkehr auf beiden Teilstücken.