Peter Dörr will sein Heimatdorf Fortuna per App auf dem Smartphone digital wiederbeleben.
Vom Tagebau verschlungenBergheimer will verschwundenes Dorf Fortuna wieder auferstehen lassen
Peter Dörr hat einen Traum. Der frühere Fortunese will durch die Rekultivierung des Tagebaus Bergheim gehen und vor sich den Wasserturm des verschwundenen Dorfes sehen. „In diesem Ort wurde ich geboren und habe dort 17 Jahre gelebt“, sagt Dörr, der heute in Oberaußem lebt, über Fortuna.
Der 64-Jährige verfolgt diesen Traum mit Energie – auch wenn der Ort Fortuna und all seine Gebäude 1989 wegen des vorrückenden Tagebaus von der Landkarte getilgt wurden. Seit vielen Jahren schon betreibt der einstige RWE-Mitarbeiter die Internetseite „Fortuna digital“, auf der er Fotos, Filme und Erinnerungen an seine alte Heimat zusammenträgt und anderen kostenlos zugänglich macht. Nun aber will Dörr noch mehr. Er hat Kontakt mit der Uni Trier aufgenommen.
Oberaußemer Kirche und Kölner Tor in Bergheim sichtbar gemacht
Dort hat man bereits erfolgreich römische Kastelle und Villen in Rheinland-Pfalz virtuell wieder entstehen lassen. „Und dort kann man sich auch vorstellen, ein ähnliches Projekt im Rheinischen Revier umzusetzen“, sagt Dörr. Das Ziel sei, eine App für das Smartphone zu entwickeln. „Wer dann zum Beispiel durchs Fortunafeld geht und an den früheren Standorten sein Handy zückt, kann auf dem Bildschirm das alte Gebäude in seiner neuen Umgebung sehen und von allen Seiten betrachten.“
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Mit seinem Bruder Armin hat der gelernte Bergvermessungstechniker Dörr schon die 1884 abgebrochene Kirche in Oberaußem und das ebenfalls im 19. Jahrhundert niedergelegte Kölner Tor in der Bergheimer Stadtmauer probeweise virtuell erzeugt. „Für die alte Kirche in Oberaußem gibt es Pläne, das geht dann sehr schnell“, sagt Dörr.
Auch viele weitere verschwundene Bauwerke ließen sich digitalisieren, etwa das in den 70er-Jahren gesprengte Schloss Harff bei Bedburg oder das Kloster Bethlehem bei Bergheim. Um das große Vorhaben zu finanzieren, will Dörr noch in diesem Jahr eine Stiftung gründen.
Unter dem Namen „vergangenes2go“ – also „Vergangenes zum Mitnehmen“ – soll Geld für das Projekt zusammengetragen werden. Dörr sagt, er werde sich mit mindestens 5000 Euro am Stiftungskapital beteiligen. Ebenso sammelt er mit einem Buch Geld für die Stiftung: „Alte Ansichten“ aus Bergheim, Niederaußem, Oberaußem, Quadrath-Ichendorf und Fortuna können gegen eine Spende bei Dörr unter 0172-2776696 oder per E-Mail angefordert werden.
Zwischen Oberaußem und Bergheim: Arbeitersiedlung Fortuna 1900 gegründet
Die Arbeitersiedlung Fortuna wurde um das Jahr 1900 gegründet. Der Ort zwischen Oberaußem und Bergheim entstand als Nebenprodukt des Braunkohlenabbaus und wurde auch durch ihn zerstört. Der erste Besitzer der Kohlengrube „Fortuna“, Johann Peter Meul, sorgte dafür, dass stets wenigstens einer seiner Angestellten in unmittelbarer Nähe der Anlage wohnte.
1861 waren es fünf Leute – die Keimzelle des späteren Dorfs. 1895 zählt die Siedlung 20 Bewohner, 1899 wurde die „Kolonie Fortuna“ offiziell gegründet. Grube, Brikettfabrik und Kraftwerk zogen immer mehr Menschen in den Ort, der eine Schule, ein Kino sowie eine evangelische und eine der Bergmannspatronin Barbara geweihte katholische Kirche erhielt.
1965 hatte Fortuna 1772 Einwohner, vier Kneipen, zwei Bäckereien, zwei Friseure, fünf Lebensmittelgeschäfte und drei Metzger. In den 70er Jahren begann die Umsiedlung des Orts, der dem Tagebau Bergheim weichen muss. Die meisten Fortunesen zogen in Werkswohnungen in umliegenden Orten oder bauten in Oberaußem neu. Auch das Kraftwerk Fortuna fiel dem Tagebau zum Opfer.