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Selbstversuch LastenradSo fährt sich der Brühler „Lasten-Esel“

Lesezeit 4 Minuten
Auf dem Bild ist ein Journalist zu sehen, der mit einem Lastenrad der Kamera zugewandt steht. Er trägt ein blaues T-Shirt und eine schwarze kurze Hose. Am Lastenrad ist eine grüne Aufschrift auf weißem Grund "Brühler Lasten-Esel".

Rafael Greboggy macht einen Selbstversuch mit dem Lastenrad.

Das erste Mal mit einem geliehenen Lastenrad unterwegs: Die Odyssee fängt aber schon bei der Registrierung an.

Das Lastenrad ist wohl der Pickup unter den Pedalfahrzeugen. Immer wieder sieht man Menschen, die mit den Rädern ihre Einkäufe, ihre Hunde oder ihre Kinder spazieren fahren. So auch in Brühl, wo der „Brühler Lasten-Esel“ an sieben Stationen gemietet werden kann. Dazu kooperiert die Stadt mit dem Mobilitätsanbieter Green Moves GmbH & Co. KG, einer Tochter der naturstrom AG.

Aber wie fährt es sich mit dem Lasten-Esel? Als kinder- und hundeloser Journalist bleibt mir nur eine sinnvolle Testlast: ein Stapel Zeitungen. Die trage ich bis zur Leihstation am Rodderweg, um sie mit Umwegen und hoffentlich unbeschadet zurück in die Redaktion zu befördern. An einem Schild, das auf den Lasten-Esel hinweist, ist auch ein QR-Code zu finden, der zur Registrierung führt.

Auf dem Bild ist ein Lastenrad zu sehen. Ein Schild weist darauf hin, dass es gemietet werden kann. Im Hintergrund die Straße Rodderweg.

Leihstation am Rodderweg.

Das suggeriert, dass man spontan losradeln kann. Die Registrierung kann aber eine wahre Odyssee sein. Bis zu zwei Tage soll sie in Anspruch nehmen, meine Bestätigungs-E-Mail kommt aber erst nach 13 Tagen. Green Moves erklärt dazu: „Aufgrund vieler Diebstähle in Vergangenheit, sind wir bei den Kontrollen der Registrierungen etwas vorsichtiger geworden und überprüfen gründlicher, bevor wir Kunden für unsere Angebote akzeptieren.“

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In meinem Fall habe die Registrierung „aufgrund vieler Anfragen sowie urlaubsbedingt“ länger gedauert. Eine gute Nachricht gibt es aber: Laut Pressestelle der Stadt ist die Sicherheitsüberprüfung seit dem 26. August entfallen, was eine spontane Fahrt möglich mache. Wer ein physisches VRS-Ticket hat, zahlt nur einen statt zwei Euro pro Stunde. Inhaber eines digitalen Deutschlandtickets schauen dagegen in die Röhre.

Das Lastenrad hat ein paar Tücken

Eine Karte in der App zeigt an, wo Räder zur Verfügung stehen. Schon auf dem Weg zur Station am Rodderweg reserviere ich das Rad für zwei Stunden. Dort angekommen, lege ich meinen Zeitungsstapel und meinen Rucksack auf die Ladefläche, die man mit einer Abdeckung vor Regen schützen kann. Die Sattelhöhe lässt sich schnell anpassen.

Dann entriegele ich das Lastenrad bequem mit der App und schiebe es erstmal ein bisschen umher, um mich an das Gewicht vorne zu gewöhnen. Ich bin fast erschlagen davon, wie klobig sich das kleine Frachtschiff dabei anfühlt. Beim ersten Aufsteigen wird es kurz wackelig, dann beginnt meine erste Fahrt.

Auf dem Bild ist die Fahrradspur auf der Straße Rodderweg zu sehen.

Die Fahrradspur am Rodderweg ist nur schmal und grenzt direkt an geparkten Autos.

Ich merke schnell ein paar Tücken. Es fällt mir deutlich schwerer anzuzeigen, dass ich abbiegen will – mit einer Hand zu fahren macht das Fahren zu einem stärkeren Balanceakt als bei normalen Rädern. Die Manövrierfähigkeit leidet etwas unter dem Gewicht und der ungewohnten Länge des Rads. Erstaunlicherweise ist das in den Kurven eigentlich kein Problem, sondern nur dann, wenn man plötzlich reagieren muss. Es empfiehlt sich also das, was sich eigentlich mit jedem Fahrzeug empfiehlt: Langsam fahren und dabei einzukalkulieren, dass Menschen vor einem plötzlich etwas Dummes tun könnten.

Man bekommt überraschend schnell ein Gefühl für das Rad

Wichtig dafür: Die Bremsen des Lasten-Esels sind gut. Das müssen sie auch sein, denn als E-Lastenräder verfügen sie über verschiedene Stufen, in denen der Motor einem immer mehr Arbeit abnimmt. Bergauf nimmt einem der Turbo-Modus viel Arbeit ab. Ansonsten reicht der Eco-Modus völlig für eine bequeme Fahrt aus.

Im Verlauf gewöhne ich mich schnell an das veränderte Fahrgefühl. Und es ist eine deutliche Arbeitserleichterung, die Zeitungsfracht mit dem Lastenrad zu transportieren, anstatt sie einfach zu tragen. Die meisten Probleme entstehen dort, wo das Fahrrad ohnehin von der Verkehrsführung benachteiligt ist, etwa weil für beide Richtungen nur eine Spur vorgesehen ist oder die Räder mit Fußgängern oder Autos konkurrieren müssen.

Am Ende landen die Zeitungen wieder dort, wo sie herkamen. Danach muss der Lasten-Esel aber ebenfalls zurück an seine Station. Und da ich nur eine statt der reservierten zwei Stunden gebraucht habe, zahle ich auch nur für die tatsächlich genutzte Fahrtzeit. Es ist ohne Frage eine gute Ergänzung in Sachen Mobilität. Ob man aber seine Kinder, die sich auf der kleinen Bank an der Ladefläche auch anschnallen können, tatsächlich vor sich herfahren will, hängt wohl nicht zuletzt vom Zutrauen an die anderen Teilnehmer des Straßenverkehrs ab.

Von März bis Mai wurden die Räder 312 Mal gebucht

„Das Feedback aus der Bürgerschaft, das an die Stadtverwaltung herangetragen wird, ist überwiegend positiv“, so die Pressestelle der Stadt Brühl. „Ebenso die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen, hier steht der Fachbereich in regelmäßigem Austausch.“ Ein Zwischenbericht des Ausschusses für Verkehr und Mobilität vom 2. Juli 2024 gibt an, dass von März bis Mai 312 Registrierungen und 300 Buchungen erfasst wurden.

Die durchschnittliche Fahrtdauer lag etwa bei 1 Stunde und 45 Minuten. „Bei einem Blick auf die Altersstruktur der Nutzenden ist der Bereich der zwischen 30 bis Ende 40-Jährigen besonders stark vertreten“, heißt es im Bericht. Das Angebot wird also gut genutzt.