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„Leute haben geklingelt“
Als die Gründer-Familie noch im Phantasialand wohnte

Lesezeit 3 Minuten
Historisches Foto vom Phantasialand in Brühl.

Historisches Foto vom Phantasialand in Brühl.

Eigentlich wollte die Familie den Freizeitpark an ausgewählten Tagen geschlossen halten. Doch das fiel nicht so leicht.

Die Eröffnung des Phantasialand sorgte 1967 für einen völlig unerwarteten Besucherandrang. Bereits in der ersten Saison strömten über 600.000 Menschen in den Freizeitpark in Brühl. An einen solchen Erfolg hatte damals niemand geglaubt, selbst der damalige Bürgermeister betrachtete das als Märchenpark konzipierte Unternehmen als wenig erfolgversprechend.

Für die beiden Gründer-Familien um Richard Schmidt und Gottlieb Löffelhardt war das Projekt des Brühler Freizeitparks vor allem mit viel Arbeit und Entbehrung verbunden. Alle Attraktion wurden in Eigenarbeit errichtet. Entworfen, gebaut, gewerkelt wurde quasi rund um die Uhr.

Nichte von Phantasialand-Gründer Schmidt ging noch zur Schule

Das Phantasialand-Team bestand damals aus sieben Personen. Eine von ihnen war Nina Halberkann, die Nichte von Parkgründer Richard Schmidt. Sie ging zu der Zeit noch zur Schule. Dass sie mithalf, war aber selbstverständlich. Es war ein Familienprojekt, jeder leistete einen Beitrag.

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Das Phantasialand hat sie damals gar nicht als Freizeitpark erlebt, erzählt Halberkann im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Für die Nichte des Parkgründers Richard Schmidt war es wie ein Zuhause – im sprichwörtlichen Sinne. Denn sie und ihre Eltern haben tatsächlich auch im Park gewohnt.

Gründer-Familie wohnte in alter Villa im Phantasialand

„Auf dem Gelände des Phantasialand gab es damals noch eine alte Villa, da sind wir damals eingezogen“, erinnert sich Nina Halberkann. Die Mutter hatte oben ihr Büro und unten hatte die Familie eine Wohnung. Ein Luxus, den das Mädchen und ihre Eltern so noch nicht kannten. „Wir haben ja vorher quasi im Wohnwagen gelebt. Da waren meine Eltern und ich auch glücklich, dass wir jetzt ein festes Haus hatten.“

Blick auf die alte Villa im Phantasialand, in der Nina Halberkann und ihre Eltern damals noch wohnten.

Blick auf die alte Villa im Phantasialand, in der Nina Halberkann und ihre Eltern damals noch wohnten.

Die Familie Schmidt war in der Zeit vor dem Phantasialand als Schausteller durch die Welt gereist. Emmy Schmidt, die Mutter von Nina Halberkann, war wie ihr Bruder Richard Schmidt Marionettenspielerin. Beide feierten Erfolge in den großen Theatern der jungen Bundesrepublik.

Phantasialand: Familien wollten nach Eröffnung eigentlich kürzertreten

Doch sie sehnten sich auch nach Beständigkeit abseits des Lebens auf Reisen. Der Visionär Richard Schmidt fand dann in der Eröffnung des Phantasialand die perfekte Möglichkeit, die vielen mit Liebe gearbeiteten Marionetten in einem Märchenwald einem dauerhaften Publikum zur Verfügung zu stellen.

Eine der Attraktionen aus dem Märchenwald im Phantasialand der Anfangszeit.

Eine der Attraktionen aus dem Märchenwald im Phantasialand der Anfangszeit.

Der Freizeitpark war damals noch im Aufbau und in ständiger Fortentwicklung begriffen, alles ein wenig chaotisch. Doch der Strom an Menschen, die aus ganz Deutschland angereist kamen, um das Phantasialand zu besuchen, wurde immer größer. Der Umstand, dass Nina Halberkann und ihre Eltern in der Villa im Freizeitpark lebten, sorgte dabei auch für skurrile Szenen.

Phantasialand: Vater gab Privatführungen, wenn an verschlossenen Parktoren geklingelt wurde

Nach dem ganzen Stress der Parkentwicklung hatten sich die Familien eigentlich darauf geeinigt, den Freizeitpark an festen Tagen in der Woche und auch an Feiertagen geschlossen zu halten. Doch ihr Vater habe die andrängenden Besucherinnen und Besucher einfach nicht abweisen können.

„Wir haben ja hier im Park gewohnt, und die Leute haben dann am Tor geklingelt, wenn der Park geschlossen war“, so Nina Halberkann. Die Leute seien ja in den meisten Fällen von weit her gekommen. Und man sei ja da gewesen. „Was hat mein Vater also gemacht? Der hat sich Schuhe angezogen, 'ne Jacke drübergeworfen und ist mit den Leuten durch den Park gelaufen und hat die überall fahren lassen, quasi als private Führung.“

Und so sei es dann immer weiter gegangen. Der Andrang sei einfach immer größer geworden. „Also Feiertag war nicht“, erinnert sich die Nichte von Richard Schmidt.