Elsdorf – Nach der Ankündigung der Oberfinanzdirektion, dass Elsdorf Gewerbesteuer zurückzahlen muss, steht die Stadt finanziell mit dem Rücken zur Wand. Es geht, so heißt es, um 6,8 Millionen Euro aus den 2000er-Jahren, gegen deren Zahlung RWE 2015 geklagt hatte. Kämmerer Hubert Portz will die Fraktionsvorsitzenden zum „Brainstorming“, zur Lösungssuche einladen.
In der Ratssitzung am Dienstag erklärte Portz, dass 40 Prozent der Forderung aus der sechsprozentigen Verzinsung der Hauptforderung herrührten. Portz sagte, der kleine Stadthaushalt mit einer Eigenkapitalquote von etwa 5,5 Prozent habe es auch nicht hergegeben, Rückstellungen zu bilden. Nachbarkommunen in ähnlicher Lage hatten zum Teil mehr auf die hohe Kante gelegt, als sie nun zurückzahlen müssten.
Gerhard Jakoby „hart getroffen wie ein Blitz aus heiterem Himmel“
„Es gibt Möglichkeiten“, betonte Portz, auch wenn von den Haushaltsaufwendungen in Höhe von 60 Millionen nur 800.000 Euro disponibel, also keine Pflichtausgaben seien. „Wir müssen die Überschuldung abwenden. Stillstand können wir uns, besonders im Strukturwandel, nicht erlauben“, sagte der Kämmerer verzagt.
„Hart getroffen wie ein Blitz aus heiterem Himmel“ habe ihn die Nachricht, sagt CDU-Fraktionschef Gerhard Jakoby. Jetzt müsse man parteiübergreifend analysieren „ohne Tabus, um den Sparkommissar zu verhindern. Wir müssen Geld auftreiben“. Er wage die „optimistische Prognose, dass wir das hinbekommen“.
Elsdorfer müssen sich „ernsthaft Sorgen machen wie noch nie“
SPD-Fraktionschef Harald Könen sieht Elsdorf „in sehr schwierigem Fahrwasser“ und vor „schmerzhaften Eingriffen“. Dazu gehöre die Vermarktung von Grundstücken und das Drehen an „Stellschrauben, die die Allgemeinheit betreffen werden“. Auch Könen sagte, es sei nicht möglich gewesen, Rücklagen zu bilden. „Wir werden das auf die Reihe bekommen, gemeinsam und ohne politische Farbenlehre.“
Jürgen Schiffer, Vorsitzender der Stimme für Elsdorf, befindet, dass die Bürgerinnen und Bürger sich „ernsthaft Sorgen machen müssen wie noch nie“. Die Rückzahlung komme nicht überraschend. Er habe in der Vergangenheit immer wieder die fehlende Rücklage moniert. Den Bürgermeister kritisiert er als „exzessiven Ausgabentitan“, und geißelt die Personalausweitung „um 60 Prozent seit 2015“. Rückstellungen seien möglich gewesen. Jetzt müsse mit RWE verhandelt werden, etwa wegen Stundung der Zahlung, die laut Portz „in diesem Halbjahr“ getätigt werden muss. „RWE steht hier in hoher Verantwortung“, befindet Schiffer. Die zwei verbliebenen Möglichkeiten seien „Sparkommissar oder nicht zu knappe Steuererhöhung“.
Elsdorf: Sind Steuererhöhungen unvermeidlich?
„Wir haben große Angst, dass Dinge wie ISEK, Strukturwandel und auch Freibad auf der Kippe stehen“, sagt Michael Broich, Grünen-Fraktionsvorsitzender. Wenn die Fördergelder storniert würden, werde es „zappenduster in Elsdorf“. Als erste Idee nennt er den Verkauf von Ländereien. Man wolle aber erst mit der Verwaltung gemeinsam die Möglichkeiten ausloten. „Vom Gefühl her steht es mit dem Sparkommissar 50:50. Wir haben keine goldene Formel und sind erst mal ratlos“, räumt er ein.
Maurice Horst (FDP) betont, dass seine Partei „schon immer davor gewarnt“ habe, keine Rücklage aufzubauen. Steuererhöhungen seien „unvermeidlich“. Jetzt müsse „jeder Stein umgedreht“ werden, was schon längst hätte begonnen werden müssen. Etwa bei der Digitalisierung, die im Rathaus Kosten spare und Personal freisetze, das für schnellere Bau- und Gewerbegenehmigungen sorgen könne. Er fürchte, „wir kommen am Sparkommissar nicht vorbei“.