Im Revier ist das Unternehmen Tip Top aus Elsdorf für Reparatur und Wartung von Förderbändern im Tagebau zuständig.
Tip-Top-Disponent Ali Yildirim zieht die Stirn in Falten, wenn er an die Zukunft denkt. „Was kommt in drei, vier Jahren?“, fragt er sich.
Elsdorf/Hambach – Jeder, der schon mal einen Plattfuß am Fahrrad hatte, wird das rot-schwarze Firmenlogo kennen, denn das Flickzeug im grünen Kästchen in der Satteltasche stammt meist von Tip Top. Die Stahlhändler-Gebrüder Gruber haben den Flicken samt Gummikleber 1937 erfunden und fanden es tip top, womit der Firmenname gefunden war. Gummi ist das Hauptgeschäft des Unternehmens geblieben. Im Revier ist das Unternehmen für Reparatur und Wartung von Förderbändern im Tagebau zuständig.
Allein in Hambach laufen 100 Kilometer Förderbänder über die Sohlen, transportieren Kohle und Abraum und ersetzen damit unzählige Lkw-Fahrten. „Flicken ist Kaltkleben. Wir kleben die Bahnen unter Hitze zusammen, das nennt man Vulkanisieren“, erläutert Tip-Top-Disponent Ali Yildirim (44), der die Arbeiten im Tagebau Hambach koordiniert.
Ein Band ist meist 2,65 Meter breit, 32 Millimeter dick und das Gummi umhüllt 167 knapp zehn Millimeter dicke Stahlseile. Und da jedes Band nur etwa 300 Meter lang ist, weil mehr als 40 Tonnen nicht transportabel sind, müssen die Stücke an Ort und Stelle zusammengefügt werden. Dazu werden die Stahlseile in achtstündiger Handarbeit auf über einem Meter freigelegt.
In einer Presse, die mit 140 Grad Hitze und zehn Bar Wasserdruck um die Verbindungsstelle gelegt wird, werden die Enden nahezu nahtlos in eine Gummimatte eingeschweißt. Weil der Bagger in der Zeit stillstehen muss, müssen Reparatur und Austausch nach Verschleiß – kurze Bänder halten oft nur drei Monate, lange bis zu vier Jahre – schnell gehen.
Daher arbeiten die gelernten Vulkaniseure von Tip Top in drei Schichten und an sieben Tagen rund um die Uhr. Das Auswechseln eines Gurtabschnitts gelingt so innerhalb von vier Schichten an gut einem Tag. Tip Top, das nach eigenen Angaben Sitze in vielen Teilen der Welt unterhält, ist das einzige Unternehmen, das von RWE in Hambach, Garzweiler und Inden für die Förderbänder tätig ist. Am 1960 eingerichteten Standort Elsdorf-Desdorf, wo die abgewetzten Bänder regeneriert (aufbereitet) werden, arbeiten 147 Mitarbeiter.
Yildirim zieht die Stirn in Falten, wenn er an die Zukunft denkt. „Was kommt in drei, vier Jahren?“, fragt er sich. Die jüngsten Mitarbeiter sind gerade mal 24 Jahre alt, wie er sagt. Er sieht den Standort gefährdet, wenn der Tagebau nicht weitergeführt würde. Sein Chef, Prokurist Manfred Kiel, bleibt gelassen.
Es werde „Beeinträchtigungen“ geben, wenn auch erst später, denn auch nach dem Ende der Auskohlung müssten große Erdmassen bewegt werden. Die Verkleinerung des Standorts könne weitgehend über Altersregelungen funktionieren. „Für junge Mitarbeiter wird es schon schwierig“, räumt er aber ein. Wegen zahlreicher anderer Standbeine sei von einer Schließung Desdorfs jedoch nicht auszugehen.
„Ohne RWE geht es für uns nicht weiter“
Ähnlich sieht es Klaus Jacobs, Mitinhaber in dritter Generation des gleichnamigen Straßenbauunternehmens in Bergheim-Zieverich. Sein Betrieb mit 50 Mitarbeitern arbeitet zu zehn Prozent direkt für RWE. Die indirekten Aufträge sind weit höher, „etwa durch Wohn- und Industriegebiete, bei denen RWE zu den Initiatoren gehört“. Er werde Entlassungen zu verhindern versuchen, indem er die Akquise verstärke und weiter entfernt liegende Aufträge annehme. „Der Wettbewerb wird dann enger“, fürchtet er.
Peter Mödder transportiert Geräte und Schüttgut für die RWE-Tochter BoWa. „Ohne RWE geht es für uns nicht weiter“, ist er sicher. Er schöpft 40 Prozent Auftragsvolumen aus dem Tagebau und die gleiche Menge aus indirekten Aufträgen, die er mit 35 Mitarbeitern und 30 Lastwagen von Elsdorf aus erledigt. Ausweichmöglichkeiten sieht er, auch wegen der Konkurrenz osteuropäischer Spediteure, kaum.
Thorsten Zimmermann, Leiter der Bergheimer IHK-Geschäftsstelle, rät den auf RWE-Aufträge gestützten Unternehmen sich schon jetzt breiter aufzustellen, da „die Wertschöpfungskette rund um die Braunkohle nicht von heute auf morgen ersetzt werden kann“. Tip Top wird noch einige Jahre Förderbänder im Tagebau warten, und hat neben anderen Arbeitsfeldern auch immer noch den guten alten Fahrradflicken im Portfolio.