- „Meine Hilfe ist ehrlich, aber durchaus nicht unkritisch“, betont Almut Schuhmann.
- Es sei empörend, wie Leute abgeschoben würden, die sich voll integriert hätten und die arbeiten wollten.
Erftstadt-Dirmerzheim – Almut Schuhmann will ein Zeichen setzen. Ein deutliches Zeichen des Protests gegen die Abschiebungspraxis des Kreises. Die 59-jährige Dirmerzheimerin, die sich seit der Flüchtlingswelle vom Sommer 2015 ehrenamtlich engagiert, gibt dem Kommunalen Integrationszentrum eine Auszeichnung und der Stadt ihre Ehrenamtskarte zurück.
Urkunde und Anstecknadel waren Schuhmann wie einer Reihe weiterer Flüchtlingshelfer für ihren ehrenamtlichen Einsatz verliehen worden. „Meine Hilfe ist ehrlich, aber durchaus nicht unkritisch“, betont sie. Denn damit, wie die Ausländerbehörde des Kreises mit Geflüchteten umgehe, könne sie nicht einverstanden sein.
„Die Behörde in Köln hat den Ruf, umgänglich und menschlich zu sein. Das Amt in Bergheim hingegen ist bekannt dafür, hart durchzugreifen“, sagt die Ehrenamtlerin. Behördengänge gestalteten sich für Flüchtlinge überaus schwierig. Sie erinnert an einem Familienvater aus Guinea, für den eine Arbeitsgenehmigung nahezu unerträglich lange hinausgezögert worden sei.
Schuhmann sieht Verstoß gegen Grundgesetz
Besonders gravierend sei, wie Abschiebungen durchgesetzt würden. „Natürlich läuft jede Abschiebung anders ab, und letztlich ist oft auch strittig, ob im konkreten Einzelfall ein Recht auf Asyl besteht“, sagt Schuhmann. Doch es sei empörend, wie Leute abgeschoben würden, die sich voll integriert hätten und die arbeiten wollten. Als besonders erschütternd empfand die Helferin die Abschiebung einer Familie aus dem kaukasischen Armenien.
Die Eltern und ihre vier Kinder im Alter von zwei bis 14 Jahren hätten seit zweieinhalb Jahren in Dirmerzheim gelebt. „Sie hatten sich bestens hier integriert. Die Kinder waren top in der Schule, die Eltern engagierten sich bei der Tafel und waren willens zu arbeiten, um selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen“, berichtet Schuhmann. Die Familie gehöre der Glaubensgemeinschaft der Jesiden an und sei von einem Clan verfolgt worden. „Die Mutter ist schwerst traumatisiert und stark depressiv. Sie war hier in psychotherapeutischer Behandlung.“
Dennoch sei die Familie abgeschoben worden. Nachts um 3 Uhr hätten Polizisten und Mitarbeiter der Ausländerbehörde die Familie aus einer städtischen Unterkunft abgeholt. „Von Fingerspitzengefühl der Behörde kann da keine Rede sein“, beklagt Schuhmann. Was bei solchen Abschiebungen passiere, sei schlicht unmenschlich. „Wir feiern das Grundgesetz. Doch da steht etwas von der Unantastbarkeit der menschlichen Würde. Und genau diese Würde gilt für alle Menschen.“ Gegen diesen Grundsatz werde hier verstoßen, insbesondere werde die Würde von Kindern verletzt.
Sie sei entsetzt, dass der Rhein-Erft-Kreis gegen Helga Berbuir vom Ökumenischen Arbeitskreis Pro Asyl Strafanzeige gestellt habe. Berbuir hatte in einem Brief an den Landrat geschrieben, dass sie sich bei der Handhabung der Abschiebung an furchtbare Zeiten der deutschen Geschichte erinnert gefühlt habe, „als nachts Uniformierte auftauchten und Menschen abholten um sie zu deportieren“.
Schuhmann findet die Wortwahl nachvollziehbar. Auch sie habe Briefe geschrieben, um ihrer Empörung Ausdruck zu verleihen. Die Empfänger waren Landrat Michael Kreuzberg, Martin Gawrisch, Ordnungsdezernent beim Kreis, und NRW-Innenminister Herbert Reul.
Sie werde sich selbstverständlich weiter für die Geflüchteten und deren Integration einsetzen. „Aber ich möchte mich deutlich von den angewandten Methoden distanzieren.“