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Schwere Vorwürfe in ErftstadtGläubige stärken Pfarrer Winfried Jansen den Rücken

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Erftstadt-Liblar – Empörung und Entsetzen, Wut und Fassungslosigkeit: Die Emotionen kochten hoch, als das Erzbistum Köln am Sonntagabend im Pfarrheim St. Barbara verkündete, dass der Liblarer Pfarrer Winfried Jansen von seinen Aufgaben entbunden wurde, weil ihm vorgeworfen wird, in den 1970er-Jahren „sexuelle Grenzverletzungen“ gegenüber einem damals etwa neun Jahre alte Mädchen begangen zu haben. Einige Gläubige brachen in Tränen aus, andere schlugen die Hände über dem Kopf zusammen. Alle, die das Wort ergriffen, stärkten ihrem Pfarrer den Rücken und übten im überfüllten Pfarrheim harsche Kritik am Vorgehen des Erzbistums. Viel Applaus gab es, als der Pfarrgemeinderatsvorsitzende Dr. Christoph Hüllen Jansens persönliche Erklärung vorlas und als von den vielen Verdiensten die Rede war, die der Geistliche in den vergangenen Jahrzehnten in Erftstadt erworben hat.

Zweifel an Glaubwürdigkeit

Im Kreuzfeuer der Kritik stand Pfarrer Stephan Weißkopf, der Leiter der Hauptabteilung Seelsorge-Personal des Erzbistums Köln. Nachdem er die Nachricht von Jansens Entpflichtung überbracht hatte, musste er sich heftige Vorwürfe gefallen lassen. Alte Weggefährten des Pfarrers meldeten sich ebenso zu Wort wie junge Leute, die von dem Liblarer Pfarrer getauft und gefirmt wurden, die unter seiner Leitung Messdiener waren und sich bei den Pfadfindern engagierten. Keiner von ihnen konnte glauben, dass an den Vorwürfen gegen Jansen etwas dran sein könnte.

Von einer Vorverurteilung war die Rede. Viele zweifelten die Glaubwürdigkeit des vermeintlichen Opfers an: Sie konnten sich nicht erklären, dass die Vorwürfe erst jetzt, nach 40 Jahren, laut würden. Manche vermuten gar, dass die Frau die Vorwürfe nur erhebt, um eine Entschädigungszahlung zu erhalten.

„Die Frau hat noch nie finanzielle Forderungen geltend gemacht“, stellte hingegen Dr. Emil Naumann klar. Er ist Ansprechpartner des Erzbistums für Opfer sexuellen Missbrauchs. Die Betroffene hatte sich ursprünglich an ihn gewandt. Ein Raunen ging durchs Publikum, als Naumann erklärte, dass er mit der Frau nie persönlich gesprochen habe. Es habe aber „stundenlange Telefongespräche“ und auch E-Mail-Kontakt gegeben, so Naumann. Die Frau sei auch persönlich zu mehreren Anhörung in Köln gewesen. Unter anderem hatte Pfarrer Weißkopf daran teilgenommen. Das erste Gespräch mit der Frau, so das Erzbistum, habe im Oktober des vergangenen Jahres stattgefunden. Ihre Aussagen seien „plausibel und nachvollziehbar“ gewesen, betonte Weißkopf. Dies habe auch der Beraterstab des Bischofs bestätigt, der die Vorwürfe intensiv geprüft habe. Unter anderem gehörten diesem Beratungsgremium auch unabhängig Psychologen an, denen der Fall bis ins Detail vorgetragen worden sei, so Weißkopf. Am Ende sei ein begründeter Verdacht geblieben,.

Einzelheiten über die Vorfälle gab das Erzbistum auch am Sonntagabend nicht preis – um das vermeintliche Opfer, aber auch um den Beschuldigten zu schützen. Offiziell blieb das Generalvikariat bei der Umschreibung „sexuelle Grenzverletzung“, die natürlich viele Fragen offenlässt.

Kein einmaliger Vorfall

Wie Weißkopf im Gespräch mit dieser Zeitung sagte, habe es sich nicht um einen einmaligen Vorgang gehandelt. Die Vorfälle hätten sich sich über einen längeren Zeitraum hinweg ereignet. Pfarrer Jansen habe sein „grenzverletzendes Verhalten“ eingeräumt, so das Erzbistum. Jansen bestreite aber, dass es dabei eine sexuelle Komponente gegeben habe. Das vermeintliche Opfer hingegen habe sich angegriffen und körperlich bedrängt gefühlt.

Wie es weiter hieß, habe Pfarrer Jansen Erftstadt bereits verlassen – auf Wunsch des Bischofs hin, wie Stephan Weißkopf einräumte. Während der Versammlung kam auch die Frage nach der Verjährung auf. Nach Ansicht des Erzbistums seien die Vorgänge verjährt. Das Generalvikariat hatte im Vorfeld aber angekündigt, die Staatsanwaltschaft einzuschalten, um diese Frage zu beantworten.

„Es ist noch keine Strafanzeige eingegangen“, sagte der Kölner Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer auf Anfrage. Er sieht derzeit keinen ausreichenden Anlass, ein Verfahren einzuleiten. Bremer: „Uns fehlen die konkreten Tatdaten, um die Frage der Verjährung abschließend zu klären.“

Nach Kirchenrecht sei die Sachlage eindeutig, sagte Pfarrer Weißkopf: „Der Papst hat die Verjährung für solche Delikte aufgehoben.“