DatenschutzSchülerdaten für drei Euro vom Trödel gekauft

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Frechen – Leo During versteht die Welt nicht mehr. „Wie können die Leute nur so leichtfertig sein?“ Am vergangenen Wochenende kaufte der Frechener für drei Euro eine gebrauchte Festplatte auf dem Trödelmarkt am Autokino in Köln-Porz. Als er sie zu Hause anschloss, um sie neu zu partitionieren (ordnen), fand er unzählige Zeugnisse, Gutachten und Klassenfotos von Grundschülern einer Stadt eines benachbarten Kreises. Über einen Siebenjährigen ist beispielsweise zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs zu lesen: „Er schaut zwischendurch immer wieder mit großen Augen fragend durch die Klasse, radiert viel. Er arbeitet langsam. Es folgt ein gemeinsames Bewegungsspiel nach CD-Musik. Der Junge wirkt etwas überfordert. Musik und Bewegungen sind für ihn zu schnell. Er hat Koordinationsprobleme.“

Namen, Adressen, Telefonnummern und familiäre Situation

Neben der familiären Situation des Jungen erfährt During in dem Dokument aus dem Jahr 2009 auch die Namen, Adresse und Telefonnummer der Eltern.

During: „Die müssten viel sensibler mit solchen Sachen umgehen und sie verschlüsseln, denn es sind ja nicht ihre Daten. Da hört der Spaß auf.“ Die Dokumente seien allein mit einem Windows-Passwort geschützt und leicht mit einem Linux-Betriebssystem zu umgehen gewesen. „Die Leute meinen mit einem einfachen Passwort wäre es getan. April, April!“, sagt der gelernte Maschinenbautechniker, der bei Rheinbraun arbeitete und inzwischen im Ruhestand lebt.

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Die Naivität und Gedankenlosigkeit der Menschen beim Datenschutz ärgert ihn. Deswegen wandte er sich an die Zeitung. „Ich möchte, dass die Leute sensibilisiert werden, wie schnell die privatesten Dinge in die Öffentlichkeit gelangen können“, sagt der Frechener.

PC entsorgt, ohne Daten zu löschen

Da der vorherige Besitzer der Festplatte dort nicht nur Dokumente der Grundschüler, sondern auch seine privaten Dinge abspeicherte wie Ärztekorrespondenzen, Unterklagen zu Versicherungen, Bankgeschäften, Bausparverträgen oder Telefonrechnungen samt Einzelverbindungsnachweisen, ist seine Telefonnummer leicht herauszufinden. Als er mit der Entdeckung konfrontiert wird, räumt er ein, dass er seinen alten PC einfach entsorgt hatte, ohne die Daten seiner Frau, einer Grundschullehrerin, zu löschen. „Das war ein uralter PC, ich habe nicht mehr daran gedacht, dass die noch da drauf sind“, sagt er. Er habe den Computer Ende Juni zum Sperrmüll an die Straße gestellt, damit der Stadtbetrieb ihn am nächsten Tag entsorge. Der PC sei aber innerhalb von zwei Stunden verschwunden. „Das kann man fahrlässig nennen, meine Frau ist auch erschrocken, aber wir werden in Zukunft alle notwendigen Schritte unternehmen, dass das nicht mehr vorkommt.“

Leo During springt vor Empörung auf, als er die Reaktion erfährt. „Man kontrolliert doch einen Computer, bevor man ihn entsorgt.“ Die Geschichte sei glimpflich ausgegangen, indem er sich an die Zeitung gewandt habe. Er wird die Daten nun endgültig löschen und überschreiben. Ein anderer hätte die Schülerdaten auch einfach online stellen und für alle Welt zugänglich machen können.

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