Bislang wurde in der RWE-Hauptwerkstatt in Grefrath nur die unternehmensinterne Flotte repariert und gewartet, nun öffnet sie sich auch für externe Kunden.
RWEDie Hauptwerkstatt in Frechen-Grefrath öffnet sich zukunftsorientiert für den externen Markt
„Ich fühle mich wie ein Pionier, wir sind ein Start-up im Großkonzern“, begeistert erzählt Thomas Nieß von den Zukunftsplänen in der RWE-Hauptwerkstatt Grefrath. Der Leiter Instandhaltung Bahn in der Hauptabteilung Logistik und seine rund 80 Mitarbeiter, und 14 Auszubildende, haben seit einigen Monaten einen neuen Arbeitsalltag. „Wir stehen jetzt im Wettbewerb, es ist für uns ein ganz neues Gefühl. Es ist total spannend, wir sind hochmotiviert“, schildert Nieß die Situation.
Hintergrund ist der geplante Kohleausstieg im Rheinischen Revier und der Versuch des Unternehmens, im Strukturwandel Arbeitsplätze in der Industrie und in Frechen zu erhalten sowie jungen Mitarbeitern eine Zukunftsperspektive bieten zu können. Bislang wurden in der 48 Hektar großen Hauptwerkstatt, die seit mehr als 100 Jahren besteht, nur die eigene Flotte von RWE mit rund 1000 Fahrzeugen und 45 Lokomotiven sowie Großkomponenten für die Tagebaue repariert und gewartet. Darunter sind auch E-Loks, Raupenfahrwerke oder sogar Schaufelräder mit einem Durchmesser von mehr als 20 Metern.
Private Bahnbetreiber sollen zu Kunden werden
Die Flotte der RWE-Werksbahn soll nach und nach verkleinert werden, das Know-how und die Anlagentechnik in Grefrath aber erhalten bleiben. Daher hat sich die Werkstatt nun dem externen Markt geöffnet – private Bahnbetreiber sollen zu Kunden werden und ihre Fahrzeuge wie zum Beispiel Lokomotiven, Personenzüge oder Güterwagen nach Frechen zur Reparatur, Wartung, Revision oder Modernisierung bringen.
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Erste Nachfragen gibt es schon: Rund 15 Kunden, darunter die Rurtalbahn, die RheinCargo oder die Westfälische Landeseisenbahn, nutzen das Angebot. An vier Stellen, in Grevenbroich, Frechen HGK, Rommerskirchen und Hürth können die privaten Schienenfahrzeuge in das RWE-Werksbahnnetz überführt und entweder nach Grefrath geschleppt oder mithilfe von Lotsen gefahren werden. Zudem gibt es die Möglichkeit, auf dem Gelände Abstellgleise und Arbeitstände zu mieten und Reparaturen selbst auszuführen.
Innerhalb des Werkstattgeländes gibt es 13 Kilometer Gleisanlagen
„Die Nachfrage ist hoch, der Markteintritt ist geschafft“, analysiert Nieß. Fünf bis zehn Prozent der Arbeitsaufträge kommen zurzeit von außen. Das Ziel sei, das interne Geschäft, das durch den Kohleausstieg bis 2030 wegbricht, durch externe Kunden zu kompensieren. Ein Alleinstellungsmerkmal in Grefrath sei unter anderem die sehr gute Infrastruktur, die ausgedehnten Gleisanlagen von allein 13 Kilometern innerhalb des Werkstattgeländes und ein breites Leistungsportfolio. Aber klar sei auch, die eigene Flotte habe Vorrang, betont der 53-Jährige, der seit 2002 bei RWE arbeitet.
Die neuen Tätigkeitsfelder wertet auch Stefan Rey positiv. Der Werkstattmeister Güterwagen ist seit 38 Jahren in der Hauptwerkstatt tätig. „Die größte Sorge ist der Strukturwandel. Es ist schön, dass hier nicht auf die Politik gewartet wird und wir eine Vorreiterrolle einnehmen“, sagt der 55-Jährige, der in Bachem zu Hause ist. Er selbst habe 1986 seine Ausbildung bei RWE begonnen, nun freue er sich, dass junge Leute übernommen werden könnten. „Es macht allen Spaß, neue Dinge zu lernen. Die jungen Mitarbeiter sind jetzt sehr motiviert.“
Für die Zukunft sieht Nieß noch weitere Perspektiven: „Der Abschied vom Diesel naht, alternative Antriebe wie Batterien oder Wasserstoff werden wichtiger. Eine digitale automatische Kupplung ist entwickelt, allein in der EU müssen 500 000 Fahrzeuge umgerüstet werden. Und europaweit ist das teilautonome Fahren ein großes Thema. Fakt ist, wir müssen das Ohr am Marktgeschehen halten, um auch bei Zukunftsthemen mitzuspielen.“