Die Trips-Stiftung erwägt eine Klage, sie stört sich an zwei Passagen in der „Hall of Fame des Deutschen Sports“. Die Sporthilfe erläutert den Hintergrund.
Vita im Dritten ReichStreit um Biografie des Kerpener Rennfahrers Graf Berghe von Trips

Ein Text über den verstorbenen Graf Berghe von Trips sorgte für Kontroversen. (Repro).
Copyright: Trips-Stiftung
Es begann mit einer Kurzbiografie über den verstorbenen Rennfahrer Wolfgang Graf Berghe von Trips. Die Passagen waren im vergangenen Dezember auf der Webseite des Rennfahrers in der „Hall of Fame des Deutschen Sports“ aufgetaucht, berichtet der stellvertretende Vorsitzende der Gräflich Berghe von Trips'schen Sportstiftung, Jörg-Thomas Födisch.
„Ein ehrenamtlicher Mitarbeiter rief mich in der letzten Dezemberwoche vergangenes Jahr an und sagte, er sei im Internet auf einen fatalen Vorwurf gestoßen“, erinnert er sich: „Da wird der Graf Berghe von Trips als Sympathisant des Dritten Reichs dargestellt.“
Kerpen: Graf Berghe von Trips wird in „Hall of Fame“ geehrt
Bereits seit 2008 sei der Rennfahrer Mitglied der digitalen Hall of Fame, die auf Initiative der Stiftung Deutsche Sporthilfe, des Deutschen Olympischen Bundes und des Verbandes der Sportjournalisten eingerichtet wurde. Schon damals habe es eine Vita gegeben, die der ehemalige Vorsitzende der Trips-Stiftung Reinold Louis verfasst habe. Er habe auch eine Biografie über den Rennfahrer geschrieben, auf Basis der Trips'schen Originaltagebücher.
Alles zum Thema Feuerwehr Köln
- Drogenkrieg, Fibo, Feuerwehr Was diese Woche in Köln wichtig wird
- Tat am Hürth-Park Angeklagter lacht über Mitgefühl bei Prozess zum Messerangriff
- Trockenheit in NRW Rheinpegel sinkt dramatisch, erste Waldbrände in der Region
- Umbau NRW-Staatskanzlei Wurden dem Parlament zu geringe Kosten genannt?
- Partys, Vorträge, Aktionstage Unsere Tipps für das Wochenende in Oberberg
- Ukrainerin in Frechen getötet „Drei Kindern wurde der Boden unter den Füßen weggezogen“
- Fahrlässige Körperverletzung? Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt nach Brand gegen Falschparker
Im Dezember 2024 gab es nun aber eine neue Vita, verfasst vom Leiter des Deutschen Sport- und Olympiamuseums in Köln, Dr. Andreas Höfer. „Darin enthalten waren gravierende sachliche Fehler“, ist Födisch überzeugt. So seien etwa Jahreszahlen oder auch die angegebenen Rennen nicht korrekt gewesen, erläutert er. Etwa sei in dem Text fälschlicherweise zu lesen gewesen, Berghe von Trips sei Motorradrennen gefahren. Zudem habe er durch aus dem Zusammenhang gerissene, nicht vollständige Zitate aus den Tagebüchern Graf Berge von Trips als NS-Sympathisanten dargestellt.
Experten prüfen derzeit die Vergangenheit des Rennfahrers
Zusätzlich stehen zwei Absätze auf der Webseite, die da lauten: „Einige Biografien aus der NS-Zeit werden aktuell von Expert:innen daraufhin überprüft, ob es neue, zeithistorische Erkenntnisse gibt, derentwegen sie neu im historischen Kontext eingeordnet werden müssten. Hierzu erfolgt anschließend eine entsprechende Kommunikation.“ Und: „Aufgrund der Aufarbeitung bzw. Einordnung einiger Biografien aus der NS-Zeit beschäftigt sich die dafür einberufene Expertengruppe aktuell auch mit der Biografie von Graf Berghe von Trips.“
Mittlerweile ist die Vita von der Webseite entfernt worden. Nach wie vor stehen jedoch die beiden genannten Hinweise dort. „Deshalb ziehen wir auch in Erwägung, zu klagen“, sagt Födisch: „Jetzt haben uns schon mehrere Menschen auf dieses Gerücht angesprochen, dass Graf Berghe von Trips ein NS-Sympathisant gewesen sei. Diese Sache steht jetzt im Raum, dabei gibt es dafür keinerlei Beweise.“
Generelle Überprüfung der Mitglieder der „Hall of Fame“
Dr. Andreas Höfer sagt zu der Thematik auf Anfrage: „Die Stiftung Deutsche Sporthilfe hatte mich gebeten, im Blick auf die von ihr verantwortete ‚Hall of Fame des deutschen Sports‘ eine biografische Skizze zu Wolfgang Graf Berghe von Trips zu verfassen.“ Die Stiftung habe die Sportler, die während der NS-Zeit lebten, überprüfen wollen. Anlass sei eine „diesbezügliche und nicht unberechtigte Kritik“ aus einem Artikel der Süddeutschen Zeitung gewesen.
Höfer betont, dass man damit nicht die Integrität von Graf Trips in Frage stellen, sondern eine generelle Überprüfung der Mitglieder der „Hall of Fame“ vornehmen wolle. Immerhin seien auch andere Sportler in der „Hall of Fame“ betroffen.
Dies bestätigt auch die Sporthilfe: „Wie in unserer Pressemitteilung vom Dezember vergangenen Jahres kommuniziert, haben Sporthilfe, Verband Deutscher Sportjournalisten (VDS) und Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB) als die drei Träger der ‚Hall of Fame des deutschen Sports‘ die Aufarbeitung von Biografien beauftragt, bei denen es um Mitglieder geht, die in der Zeit des Nationalsozialismus gelebt haben.“
Eine Expertengruppe sei derzeit damit beauftragt, die daraus gewonnenen Erkenntnisse in den historischen Kontext einzuordnen. „Sowie die Ergebnisse vorliegen und festgestellt wird, dass sie den Werten der ‚Hall of Fame‘ nicht widersprechen, nehmen wir die Vermerke von der Seite, die zurzeit lediglich aussagen, dass diese Überprüfung stattfindet“, heißt es aus der Pressestelle.
Höfer: Trips' Vater sei NSDAP-Mitglied gewesen
„Wir möchten betonen, dass Wolfgang Graf Berghe von Trips dabei nicht als ‚NS-Verdachtsfall‘ behandelt wird oder als ein solcher bearbeitet wurde. Er gehört lediglich zu der Gruppe der Biografien, bei denen wir eine Expertenmeinung benötigen“, betont die Sprecherin.
Höfer hat nach eigenen Aussagen in seinem Text darauf hingewiesen, „dass Trips' Vater Mitglied der NSDAP gewesen und später ‚ohne Bedenken‘ entnazifiziert worden ist. Zudem habe ich - ohne weitergehende Wertung - ausgeführt, dass der junge Graf Mitglied der Hitler-Jugend gewesen ist“, bemerkt er: „Dann habe ich aus einem Tagebucheintrag von Oktober 1947 zitiert, der, zweieinhalb Jahre nach Kriegsende, einer zumindest irritierenden Verklärung einer vermeintlich guten alten Zeit gleichkommt.“
Das Zitat sei keineswegs verkürzt gewesen, sagt Höfer: „Im Gegenteil: Wenn man sich die gesamte Passage vor Augen führt, bestätigt und verstärkt sich der durch das von mir gewählte Zitat gewonnene Eindruck.“
„Irrationale Abwehrreflexe“ seien „hoch bedenklich“
Vor allem vor dem Hintergrund aktueller politischer Entwicklungen sei es „hoch bedenklich“, „wenn ein sachlicher, entsprechend belegter und differenzierter die NS-Zeit betreffender Hinweis auf eine Facette eines Lebenslaufes auch bald achtzig Jahre nach Ende der Diktatur und des Krieges bei manchen offenbar nachgerade irrationale Abwehrreflexe hervorruft“.
Der Versuch der Trips-Stiftung, eine einstweilige Verfügung zu erwirken, sei aus seiner Sicht „nicht nur absurd, sondern insofern auch kontraproduktiv, als der Eindruck entstehen könnte, man wolle etwas verbergen oder Unliebsames unter den Tisch kehren.“
Födisch bestätigt: Bereits Anfang des Jahres habe die Stiftung auf Unterlassung klagen wollen, jedoch die Frist für eine eilbedürftige Klage nicht einhalten können. Der Weg einer regulären Klage sei aber weiter möglich.
Höfer erklärt auch, warum sein Text nicht mehr auf der Webseite zu sehen ist: „Auch wenn der Antrag auf Einstweilige Verfügung zurückgezogen wurde, habe ich mich mit der Stiftung Deutsche Sporthilfe darauf verständigt, meinen Text zunächst offline zu stellen, damit ein angemessener, eben sachlicher und fairer Diskurs Platz greifen kann.“
Die Deutsche Sporthilfe bestätigt: „Wir haben den Text von Dr. Höfer erst einmal von der Website genommen, weil er – entgegen der eigentlichen Intention – bei der Trips-Stiftung und deren Unterstützern große Kritik ausgelöst hat, auf die wir entsprechend mit einem zu überarbeitenden Text reagieren wollen.“