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Wirtschaftsforum KerpenUnternehmer sprechen über Sorgen und Visionen

Lesezeit 4 Minuten
Am Kopfende eines langen Tisches steht mit aufgestützen Händen ein Mann, an der Längsseite des Tisches stehen mehrere Männer und Frauen und hören ihm zu.

Christoph Dreesen (r.) von der Kreissparkasse Köln gehörte zu den Gastrednern beim Businessfrühstück von IHK und Wirtschaftsförderung, ebenso Philipp Schollmeyer (2.v.r.) von der RWE Power AG. Foto: Tüntsch

In Kerpen diskutierten Unternehmer über Strukturwandel, Energieversorgung und die Finanzwirtschaft.

Austausch sei entscheidend, um als Unternehmer die Herausforderungen des Strukturwandels zu bewältigen, so Bruno Joachim, Sprecher des Wirtschaftsgremiums Kerpen der Industrie- und Handelskammer (IHK) Köln: „Je größer der Kreis, desto besser können wir uns vernetzen und gemeinsam an den Aufgaben arbeiten“, sagte er beim ersten Businessfrühstück des Wirtschaftsforums Kerpen, einer Kooperationsveranstaltung von IHK und Wirtschaftsförderung.

Zur Energiesicherheit gibt es große Ängste.
Barbara Pütz, Wirtschaftsförderung Kerpen

Das Ziel sei es, Unternehmer aus der Kolpingstadt miteinander, aber auch mit der Wirtschaftsförderung ins Gespräch zu bringen, erklärte deren Leiterin Barbara Pütz. Es gebe drängende Themen, mit denen sich die Unternehmer nicht alleingelassen fühlen sollten: „Zur Energiesicherheit gibt es große Ängste.“

Als Gastredner hatten die Initiatoren daher Philipp Schollmeyer geladen, der bei der RWE Power AG zuständig ist für die Abteilung Regionaler Wandel. Der Diplom-Ingenieur skizzierte Möglichkeiten für die Region nach dem Ende des Kohleabbaus.

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Landwirtschaft im Solarpark

RWE wolle in Nordrhein-Westfalen bis 2030 rund vier Milliarden Euro in erneuerbare Energien, dekarbonisierungsfähige Gaskraftwerke und Wasserstoff investieren. Denkbar seien auch Kombinationen von Landwirtschaft und Energiegewinnung – etwa, indem Solarzellen so aufgestellt würden, dass auf der gleichen Fläche noch der Einsatz von Landmaschinen möglich sei.

Ein anderer Ansatz sei die Verwertung von Klärschlamm. Derzeit werde dieser zusammen mit der Braunkohle verbrannt, künftig könne es aber Anlagen geben, in denen nur er verbrannt wird: „Klärschlamm ist als grüne CO₂-Quelle anerkannt“, so Schollmeyer. Auch werde an einem Backup-Konzept mit Wasserstoff gearbeitet, für Tage und Stunden, in denen kein Strom aus Sonne und Wind zur Verfügung steht.

Werksbahn könnte Schienenverkehr entlasten

Schollmeyer warb darum, die Vorteile des Strukturwandels zu sehen: „Es gibt nirgendwo in Deutschland, außer vielleicht im Osten, so große Industrie- und Gewerbeflächen, die erschlossen sind.“

Potenzial für den maximal ausgelasteten Bahnverkehr im Großraum Köln biete das rund 300 Kilometer lange Schienennetz der RWE-Werksbahn: „Perspektivisch wird es darum gehen, das in den Verkehrsknotenpunkt Köln zu integrieren.“

Sollte der Rhein wirklich einmal trockenfallen, sind die Tagebauseen Wasserspeicher für die Region.
Philipp Schollmeyer, RWE Power AG

Er erinnerte daran, dass durch den Bergbau einst die Seenlandschaft entstand, die heute beliebtes Naherholungsgebiet des Rhein-Erft-Kreises ist. Gegen die Flutung weiterer Tagebaulöcher durch Rheinwasser hatte es kürzlich Kritik gegeben, die der Ingenieur für unbegründet hält: „Die Wasserentnahme wird den Wasserstand maximal um 2,4 Zentimeter senken.“ Wenn der Rhein wenig Wasser führe, was in einzelnen Sommermonaten der Fall sein könne, würde kein Wasser entnommen. Zu bedenken sei auch: „Sollte der Rhein wirklich einmal trockenfallen, sind die Tagebauseen Wasserspeicher für die Region.“

Auch in der Finanzwirtschaft stellen Umbrüche die Firmen vor Herausforderungen, wie in einem weiteren Vortrag Christoph Dreesen würdigte, Firmenkundendirektor im Rhein-Erft-Kreis für die Kreissparkasse Köln. Abläufe seien umfangreicher geworden, teils durch EU-Vorgaben, teils durch Anforderungen hinsichtlich Nachhaltigkeit und Lieferketten. Das wirke sich auf die Kreditvergabe aus: „Es geht nicht mehr darum, auf Sicherheiten zu gucken, sondern darum, Geschäftsideen zu verstehen.“

Neuer Zeitgeist im Management

Für all das brauche man Daten, deren Auswertung zwar aufwendig, für passende Lösungen aber wichtig sei. Die digitale Transformation werde jeden betreffen, doch umso wichtiger seien auch künftig Vertrauen und das persönliche Gespräch: „Ich bin froh, dass Sie mich eingeladen haben und nicht einen Computer.“

Eine veränderte Geisteshaltung sprach Florian Starkl an, Geschäftsführer der Lidl Vertriebs-GmbH & Co. KG., der in den Räumen des Kerpener Lidl-Zentrallagers die Ausrichtung des Businessfrühstücks übernommen hatte: „Früher traf man sich zu solchen Themen abends, trank ein Bier und fand es eine gute Gelegenheit, sich zu Hause abzumelden. Heute ist das anders, die Leute wollen abends nach Hause oder in die Freizeit. Auf diesen veränderten Zeitgeist stellen wir uns ein.“

30.000 Mitglieder der IHK Köln im Rhein-Erft-Kreis

Für rund 30.000 Mitglieder ist die IHK-Geschäftsstelle Rhein-Erft zuständig, so deren Leiter Gero Fürstenberg. Viele von ihnen würden die Möglichkeiten des Netzwerkes gar nicht ausschöpfen, dabei seien diese sehr hilfreich. Idealerweise solle man sogar schon vor einer Unternehmensgründung Kontakt mit der Kammer aufnehmen, um Angebote zu nutzen und wichtige Fragen zu klären: „In 90 Prozent der Fälle können wir helfen.“