Mit dem „Perspektivkonzept Erft-Umgestaltung 2045“ möchte der Erftverband den Fluss auf die Zeit nach der Braunkohle vorbereiten.
Da der Braunkohleausstieg nun doch früher als erwartet eintritt, stellt das den Verband vor Herausforderungen.
Welche Folgen der frühere Ausstieg aus der Kohle für die Erft hat und was der Erftverband plant, um diese bewältigen zu können.
Rhein-Erft-Kreis – Der Erftverband deutet weit in die Zukunft: „Perspektivkonzept Erft-Umgestaltung 2045“ heißt das Programm, mit dem er den Fluss fit für die Zeit nach der Braunkohle machen will. Das ist nötig, denn ab Bergheim führt die Erft reichlich Wasser, und 80 Prozent der Flussmenge stammen aus der Tiefe der Erde. Sümpfungswasser, abgepumpt, damit die Bagger auf der untersten Sohle trockene Ketten behalten. Bei Kenten leitet RWE Power das Wasser in die Erft.
Nun allerdings steht der Erftverband vor einem Problem. Das Ende der Braunkohle kommt früher, 2038 soll die Verstromung mit dem fossilen Brennstoff spätestens enden. Mit einem Aus für den Tagebau Hambach wird schon 2029 gerechnet – und damit versiegt auch der Zustrom in die Erft weitestgehend.
Die Geschichte
Bei Nettersheim-Holzmülheim entspringt die Erft und legt auf dem Weg zur Mündung in den Rhein bei Neuss 107 Kilometer und 496 Höhenmeter zurück. Namen wie Broich oder Grevenbroich erinnern daran, dass das Wasser am Unterlauf der Erft früher oft aus den Aueböden „brach“. Vom 15. Jahrhundert an stauten immer mehr Wassermühlen die Erft. Ganze 75 Mühlen sind für das Ende des 18. Jahrhunderts nachgewiesen – weil die Müller für den Antrieb der Mühlen das Wasser stauten, wurde die Erftniederung immer sumpfiger. Müller und Bauern gerieten öfter aneinander, ab 1817 gab es eine „Erftmühlenpolizei“.
Im Jahr 1859 gründete sich die „Genossenschaft für die Melioration der Erft-Niederung“ – Melioration bedeutet Bodenverbesserung. Der Bau des Erftflutkanals im 19.Jahrhundert diente der Begradigung und der Kontrolle des Flusses, Auen und Sumpfgebiete wurden zu Äckern. (dv)
Aus dem Fluss wird ein Flüsschen. Bliebe das Bett der Erft so begradigt und breit, wie es jetzt noch ist, würde es schnell verschlammen und der Wasserlauf nur noch aus einem Rinnsal bestehen. Windungen sollen den Fluss bremsen.„Wir stehen vor der Herausforderung, die Erft 15 Jahre früher umgebaut haben zu müssen, als bisher gedacht“, sagt Dietmar Jansen, Bereichsleiter Gewässer beim Erftverband.
23 Abschnitte des etwa 40 Kilometer langen Flusses zwischen Kenten und der Mündung in den Rhein bei Neuss werden umgestaltet, erst vier davon sind schon abgeschlossen, darunter das große Prestigevorhaben zum Auftakt, die Verlegung der Erft in Höhe des Vogelwäldchens in Kenten auf einer Länge von 1,3 Kilometern. Für rund 2,2 Millionen Euro darf sich der Fluss dort seit Ende 2013 in Schleifen winden.
Das Problem sei nun weniger der Umbau selbst, sagt Jansen. „Ein Abschnitt kann in einem Jahr umgestaltet sein. Die bauliche Umsetzung geht schnell.“ Problematisch seien eher die langen Planungsphasen. Dietmar Jansen: „Vom Beginn der Planung bis zur Umsetzung können gut und gern fünf Jahre vergehen.“
Zehn Umbauschritte
Dabei gehe es um komplizierte wasserrechtliche Fragen in Verfahren mit vielen Beteiligten. „Die Behörden sind da genauso gefragt wie wir“, sagt Jansen. Für einige Abschnitte müsse gar noch ein Flurbereinigungsverfahren erfolgen. „Da haben wir also noch nicht mal Zugriff auf die Grundstücke.“
Laut Jansen werden etwa zehn Umbauabschnitte parallel geplant werden müssen, um den ambitionierten Zeitplan einhalten zu können. Vor dem Umbau steht nun die Erft bei Neuss-Gnadenteil, wo sie in ein neues Bett verlegt werden soll.