Rhein-Erft-Kreis/Erftstadt – Bessere Kommunikation, bessere Ausrüstung, bessere Zusammenarbeit und klarere Zuständigkeiten. Das sind, knapp gefasst, die Forderungen, die sich aus dem Ablauf der Hochwasserkatastrophe im Juli dieses Jahres ergeben.
Eine Arbeitsgruppe hat ein Strategiepapier zur Weiterentwicklung des Katastrophenschutzes erarbeitet und kommt darin vor allem zu einem Schluss: „Die diesjährige Katastrophenlage hat uns vor Augen geführt, dass dringende Vorschläge nicht auf die lange Bank geschoben werden können.“
Um Stellungnahmen gebeten
Der Verband der Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen (VdF), die Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren (AGBF) und die Arbeitsgemeinschaft der Leiter hauptamtlicher Feuerwehren (AGHF) im Land haben eine Arbeitsgruppe gebildet, der auch Torsten Flemm, Leiter der Feuerwehr Bergheim und stellvertretender Leiter der AGHF NRW , angehört. Die Gruppe hatte alle Feuerwehrangehörigen im Land um Hinweise und Stellungnahmen gebeten, die ausgewertet und zu einem Aufgabenheft zusammengefasst worden sind. In der Sitzung des Ausschusses für öffentliche Sicherheit und Ordnung der Stadt Erftstadt wurde der Leitfaden vorgelegt.
Ein Kernproblem bei der Flut sei „ein nicht in ausreichendem Maße vorhandenes Lagebild“ auf Landesebene gewesen, heißt es in dem Papier. Sprich: Im Krisenstab der Landesregierung wusste man nicht genau, was im Katastrophengebiet passierte. Eine landesweit einheitliche Leitstellen- und Stabssoftware soll Abhilfe schaffen. Alle Ebenen könnten von jederzeit verfügbaren landesweiten Lagebild profitieren. Es soll ein Landeskatastrophenschutzplan erstellt und jährlich aktualisiert werden. Dass die Kreise Untere Katastrophenschutzbehörde sind, habe sich bewährt. Dort sollen, nach dem Vorbild der Brandschutzbedarfspläne, Katastrophenschutzbedarfspläne erstellt werden. Krisenstäbe und Einsatzleitungen müssten regelmäßig üben – das müsse bei den kommunalen Finanzen eingeplant werden.
Vor allem über die Warnung vor der Katastrophe im Juli wird in Erftstadt bis heute kontrovers diskutiert. Viele Bürger fühlten sich allein gelassen, bis heute gehen die Darstellungen, ob denn nun die Sirenen geheult haben oder nicht, auseinander. Klare Forderung im Strategiepapier: „Eine effiziente und zielorientierte Warnung der Bevölkerung muss allen Gefahrenabwehrbehörden jederzeit möglich sein.“ Gewarnt werden soll über die sozialen Medien, übers Handy mit Cell Broadcast, übers Radio. Dazu gehört aber auch, dass überall Sirenen installiert werden, über die auch Lautsprecherdurchsagen gemacht werden können – und die bei Stromausfall nicht schlappmachen. Die Sirenen sollen dann aber nicht mehr genutzt werden, um die freiwilligen Feuerwehrleute zum Einsatz zu rufen. Damit die Bürger das Heulen auch wirklich als Alarmsignal wahrnehmen.
Die Fachleute wollen die Bürger stärker in die Pflicht nehmen: Selbsthilfefähigkeit und Gefahrenbewusstsein müssen gestärkt werden – dafür müssten die Unteren Katastrophenschutzbehörden sorgen und beispielsweise die Schulen mit einbinden.
Technische Aufrüstung
Technisch aufrüsten soll der Katastrophenschutz nicht nur beim Funk. Weil der Digitalfunk während der Flut streikte, schlagen die Fachleute nun Satellitentelefone und -internetverbindungen vor. Auch viele Fahrzeuge hatten Probleme mit dem Hochwasser: Es werden mehr watfähige Einsatzfahrzeuge benötigt. Außerdem sollen die Untere Katastrophenschutzbehörden – sprich: die Kreise – genügend Kradmelder vorhalten. Leute also, die mit dem Motorrad unterwegs sind, um dort Informationen einzuholen, wo man mit dem Auto nicht hinkommt.
Ganz wichtig ist der Arbeitsgruppe das Ehrenamt: „Eine lageunabhängige und ständige Würdigung der Leistungen ehrenamtlicher Helfer im Katastrophenschutz ist für eine dauerhafte Sicherung der Einsatzbereitschaft im Ehrenamt auf allen administrativen Ebenen dringend notwendig.“ Die Leute, die bei der Hochwasserkatastrophe im Einsatz waren, sollen mit einer Medaille geehrt werden – auch Menschen, die spontan geholfen haben.