Rhein-Erft-Kreis – Im vergangenen Jahr begann die Spargelernte Mitte März. Daran ist in diesem Jahr nicht zu denken. Selbst bei den beheizten Kulturen haben die Landwirte im Nordkreis mit dem Wetter und mit der reduzieren Heizleistung in den Warmwasserschleifen im Boden zu kämpfen.
„Das Kraftwerk Niederaußem liefert oft nur 20 Grad warmes Wasser, manchmal auch gar nichts“, sagt der Landwirt Michael Bong aus Rheidt-Hüchelhoven, der an den Mönchhöfen im Schatten der Kühltürme seit mehr als 20 Jahren Freilandspargel und im Gewächshaus Gemüse und Obst anbaut. Um früher als viele Kollegen das schmackhafte Frühjahrsgemüse liefern zu können, hat er auf dem von RWE gepachteten Acker eine Fußbodenheizung in die Dämme gelegt. Ausgelegt ist sie auf etwa 30 Grad warmes Wasser. Hortitherm nennt sich dieses System.
Grund: Ausstieg aus der Kohleenergie
Der Kraftwerksbetreiber RWE-Power bestätigt die Lieferschwierigkeiten. „Im Oktober 2018 sind die Kraftwerksblöcke E und F in die Sicherheitsreserve gegangen. Bis dahin hatte Block E die Wärme für Hortitherm geliefert“, sagt Unternehmenssprecher Guido Steffen. Zwei andere Blöcke, die Wasser liefern könnten, werden auf Weisung der Bundesnetzagentur heruntergefahren, wenn ausreichend erneuerbare Energie erzeugt wird. „Dann reicht die Wassertemperatur nicht mehr aus“, räumt Steffen ein und führt als Grund den schrittweisen Ausstieg aus der Kohle als Energieträger an.
RWE habe angeboten, die Wärme-Auskopplung auf andere, konstant betriebene Blöcke zu verlegen. „Daran müssten sich die Nutzer aber finanziell beteiligen. Das haben sie aus Kostengründen abgelehnt.“ Das habe keine Perspektive, weil die Laufzeit des Kraftwerks ja begrenzt sei, sagt Bong dazu. Ein halbes Dutzend Gartenbaubetriebe beziehen an den Mönchhöfen Abwärme. Orchideen, Tomaten, Gurken, Erdbeeren, Rhabarber und Paprika haben ebenfalls Probleme, weil die Gewächshäuser nur noch auf 15 statt 20 Grad erwärmt werden können.
Liefervertrag mit RWE endet zum Jahresende
„Wir wollen uns jetzt zusammentun und ein mit Biogas betriebenes Blockheizkraftwerk bauen“, sagt Bong, der RWE keinen Vorwurf macht. „RWE war immer bemüht, uns zu bedienen“, betont er. Der Liefervertrag, der zum Jahresende ausläuft und nach RWE-Angaben nicht verlängert werden soll, sieht vor, dass der Energiekonzern „nach Können und Vermögen“ liefern müsse, erläutert Steffen.
Hans-Jürgen Peters vom Oberaußemer Hallerhof, der ebenfalls am Kraftwerk Spargel anbaut, will sich an dem Blockheizkraftwerk nicht beteiligen. Er beheizt bereits neben seinem Hof rund zwei Hektar Spargel mit einer Hackschnitzelheizung. Aber auch er kann wetterbedingt das Königsgemüse noch nicht anbieten.
Ernte beginnt erst wohl Anfang April
Probleme hat auch Johannes Nagelschmitz, der seinen Acker bei Elsdorf-Widdendorf mit Sümpfungswasser aus dem Tagebau heizt. Das fließt zwar in gewohnter Temperatur. Wegen des anhaltenden Regens konnte er jedoch die für Spargelfelder typischen Dämme noch nicht anlegen.
Einig sind sich die drei Landwirte, dass die Ernte wohl erst Anfang April beginnen wird. Ob dabei wie gewohnt rumänische Erntehelfer zum Einsatz kommen können, ist ungewiss. „Einige haben schon wegen der Unsicherheit mit dem Corona-Virus abgesagt“, sagt Peters. Ob die übrigen ein- und ausreisen dürften, sei unklar, sagt auch Bong. „Unser Vorteil der frühen Lieferung zu guten Preisen ist in diesem Jahr dahin“, klagt der Landwirt.