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Vom Azubi zum ArbeitsdirektorErwin Winkel geht nach 45 Jahren bei RWE Power in Rente

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Als Lehrling hat er begonnen und sich bis in den Vorstand hochgearbeitet. Jetzt geht Erwin Winkel in den Ruhestand.

Rhein-ErftHerr Winkel, nach mehr als 45 Jahren im Unternehmen soll nun Schluss sein im Alter von 60 Jahren. Wie ist es zu der Entscheidung, relativ früh aus dem Arbeitsleben auszuscheiden, gekommen?

Das ist eine vertraglich festgelegte Regelung für Vorstandsmitglieder, die man mit einer Verlängerung überschreiten kann, aber nicht muss. Und ich hatte in 45 Jahren eigentlich nie eine Fünf-Tage-Woche und keinen Acht-Stunden-Tag. Ich habe das ausführlich mit meiner Frau besprochen und beschlossen, dass ich jetzt auch mal mehr Zeit für meine Familie und für mich haben möchte.

Worauf freuen Sie sich am meisten?

Ich bin froh, wenn ich mein Smartphone mal beiseite legen kann und nicht mehr so „fremdbestimmt“ bin, wie das sehr oft der Fall ist. In den ersten sechs bis acht Wochen nach dem Ausscheiden möchte ich mit meiner Frau per Wohnmobil Deutschland und das benachbarte Ausland besser kennenlernen. Ansonsten werde ich viel Fahrrad fahren und wandern. Haus und Garten sind auch mein Ding. Und ich werde der Region verbunden bleiben, mich weiter in der IGBCE und bei der SPD in meinem Wohnort Niederzier engagieren.

Sie haben eine tolle Karriere gemacht – vom Auszubildenden bis zum Arbeitsdirektor …

Wenn mir das jemand vorhergesagt hätte, ich weiß nicht, wie ich reagiert hätte. Ich war Auszubildender in der Hauptwerkstatt Grefrath. Ich war am Aufschluss des Tagebaus Hambach beteiligt, als der noch eine grüne Wiese war. Zwölf Jahre habe ich Wechselschicht gearbeitet. Dann bin ich 1987 zum ersten Mal in den Betriebsrat gewählt und 1990 für die Betriebsratsarbeit freigestellt worden. 1998 dann die Wahl zum Gesamtbetriebsratsvorsitzenden. Und 2005 haben mich die Gewerkschaften gebeten: „Erwin, mach den Arbeitsdirektor.“

Wie schwierig war der Wechsel in die Chefetage?

Bis zur Sommerpause 2005 war ich noch Arbeitnehmervertreter, danach stand ich auf der Arbeitgeberseite. Der neue Manteltarifvertrag, über den ich zuvor für die Betriebsräte verhandelt hatte, war jetzt mein Thema Nummer eins als Personalvorstand. Aber das war kein echter Widerspruch. Als Arbeitsdirektor muss man beide Perspektiven kennen und verstehen, sie in Einklang bringen. Vertrauen – das ist ja auch der Geist der Montanmitbestimmung. Die Kolleginnen und Kollegen haben mir immer geholfen. Auch Personalarbeit ist Teamarbeit. Und ich habe gelernt, wenn jeder das einbringt, von dem er Ahnung hat, dann klappt das schon.

Gab es belastende Zeiten?

Zu Beginn meiner Vorstandszeit ging es darum, die Tarifverträge zu harmonisieren, die Rheinbraun, Alt-RWE und VEW mit in die große Fusion von 2000 eingebracht hatten. Danach waren vor allem die letzten Jahre geprägt von Sparmaßnahmen und Personalabbau. Das hat mich schon die ein oder andere schlaflose Nacht gekostet. Vorstand und Gewerkschaften hatten aber immer den Anspruch, niemanden ins Bergfreie fallen zu lassen. Das ist uns gelungen, und darauf bin ich stolz. Ebenso darauf, dass wir immer eine erstklassige Ausbildung angeboten und sehr erfolgreich Programme wie „Ich pack das!“ aufgelegt haben. RWE Power war immer ein zuverlässiger Arbeitgeber. Ich bin sicher: Das wird auch in Zukunft so bleiben.

Dies trotz der ständigen Diskussion um den Kohleausstieg?

Da muss man pragmatisch vorgehen, darf nicht ideologisch verbohrt sein. Der Ausstieg ist nur auf lange Sicht möglich. Schließlich wollen wir ja – Stichwort Rekultivierung – eine lebenswerte Landschaft hinterlassen. Das geht nicht von heute auf morgen. Zudem muss gesichert sein, dass NRW Industriestandort bleibt.

Was erwarten Sie in diesem Zusammenhang von der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“?

Wir brauchen von der Strukturkommission für die deutschen Braunkohlenreviere keinen Geldtopf und keine Luftschlösser, sondern die Rahmenbedingungen für gut bezahlte und sichere Industriearbeitsplätze. Ich bezweifele aber, dass die Kommission das selbst gesteckte Ziel erreichen und innerhalb weniger Monate einen wirklich brauchbaren Fahrplan entwickeln kann. Es darf nicht nur um politische Termine gehen, es müssen nachhaltig Ergebnisse erbracht werden: Klarheit, Sicherheit und Stabilität für die Mitarbeiter und für die ganze Region.

Erzählen Sie doch zum Abschluss des Gesprächs noch eine Anekdote aus Ihrem langen Berufsleben …

Heute kann ich darüber lachen. Damals war das unendlich peinlich. Ich war gerade Gesamtbetriebsratsvorsitzender und hatte den damaligen Ministerpräsidenten Wolfgang Clement zur Betriebsversammlung eingeladen. In meiner Naivität hatte ich auch eine Pressekonferenz anberaumt, die Post aber offensichtlich nicht früh genug auf den Weg gebracht: Von den Tageszeitungen und vom WDR erschien kein einziger Journalist.

Das Gespräch führte Manfred Funken