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Drei Angeklagte vor Gericht1958 starben 17 Menschen bei Drachenfelsbahn-Unglück

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Weil die Bremsen versagten, sprang am 14. September 1958 der Triebwagen der Drachenfelsbahn aus den Schienen.

  1. Der Schwurgerichtssaal des Bonner Landgerichts, das 1850 errichtet worden ist, wird saniert; er steht unter Denkmalschutz.
  2. Aus diesem Anlass blickt Dieter Brockschnieder auf spektakuläre Verfahren zurück, die in dem Saal stattgefunden haben. Heute: er Unfall der Drachenfelsbahn.

Bonn/Königswinter – Ein schöner Spätsommertag: Bundeskanzler Konrad Adenauer befand sich am 14. September 1958 auf der Rückreise von seinem Urlaubsort Cadenabbia am Comer See und ließ seinen Fahrer im lothringischen Dorf Colombey-les-Deux-Églises stoppen. Dort befindet sich der Landsitz von Charles de Gaulle, Adenauer hatte sich mit ihm zu politischen Gesprächen verabredet.

Die Frau des späteren Präsidenten Frankreichs mochte den Deutschen nicht, sie protestierte auf ihre Weise und ließ beim Essen nur das Alltagsgeschirr auftragen. Adenauer blieb zwei Tage zu Besuch – und erfuhr so erst später, dass an jenem Sonntag in unmittelbarer Nachbarschaft seines Wohnorts Rhöndorf ein Unglück der Drachenfelsbahn viele Todesopfer gefordert hatte.

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Eine Statue erinnert an der Talstation der Drachenfelsbahn an das Unglück von 1958. Sie stellt den römischen Gott Merkur dar.

Hunderte von Ausflüglern hatten in Königswinter den Sonnenschein genutzt und waren auf den Drachenfels gewandert. Am Abend standen sie Schlange an der Bergstation der Drachenfelsbahn, um sich zu Tal bringen zu lassen. Laut Fahrplan sollte eigentlich keine Fahrt der Zahnradbahn mehr stattfinden, weil aber noch so viele Touristen warteten, wurde zwischen 18 und 18.30 Uhr ein letzter Zug eingesetzt.

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25 Passagiere zu viel stiegen in die Drachenfelsbahn ein

160 Passagiere, 25 mehr als zulässig, kletterten in die drei offenen, nicht verglasten Waggons, die von einer Dampflok gezogen wurden. Niemand achtete darauf, dass der Kessel zu wenig Druck hatte, nämlich statt 16 nur drei Bar. Die druckabhängigen Bremsen reagierten deshalb nicht, so dass die Bahn bereits kurz nach der Abfahrt zu schnell war.

Ein Gutachter schätzte 1959 im Strafprozess vor dem Landgericht Bonn das Tempo auf 40 bis 50 Kilometer pro Stunde; normalerweise zuckelt die Drachenfelsbahn mit zehn Kilometern pro Stunde ins Tal. Oberhalb des Viadukts in der Nähe des Burghofs rutschten wegen der überhöhten Geschwindigkeit die Zahnräder der Lok in einer leichten Kurve aus der zwischen den Schienen liegenden Greifstange, die Lok raste noch 150 Meter abwärts.

Der Lokführer, seit zehn Jahren im Dienst, betätigte die Bremse, die keine Wirkung zeigte, und gab dann ein Notsignal.

Unglück 1958: Zugmaschine entgleiste

In Panik sprang der Heizer in einer Unterführung ab und prallte gegen eine Betonwand; er war sofort tot. Die Zugmaschine entgleiste, stieß gegen einen Betonmast der Oberleitung, dann gegen eine dicke Buche, kippte um und grub sich in die Böschung. Der Lokführer wurde nur leicht verletzt.

Die Schaffner der folgenden zwei Waggons versuchten vergeblich, die Handbremsen zu betätigen, die voll besetzten Wagen ratterten gegen die verunglückte Lok. Die Notbremsung gelang erst im dritten Wagen; hier gab es die wenigsten Verletzten.

Erster am Unglücksort war Anton Schmitt, der Wirt des Burghofs. Er habe „ein merkwürdiges Rauschen“ gehört und sei nach draußen gelaufen, sagte er tags darauf einem Zeitungsreporter. Als Schmitt sah, dass er allein nichts ausrichten konnte, kehrte er zurück in die Gastwirtschaft und rief um 18.45 Uhr die Feuerwehr. Schnell suchte er Bettwäsche und Handtücher als Verbandsmaterial zusammen, eilte damit zurück in das Chaos an den Gleisen und zog ein Kind aus den Trümmern eines Waggons.

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Die Statue wurde zum 60. Jahrestag eingeweiht.

In der Stadt wurde Katastrophenalarm ausgelöst. 31 Feuerwehrleute unter der Leitung der Brandmeister Gerhard Pütz und Wilhelm Schumacher rückten aus, die ersten erreichten um 18.59 Uhr die Unfallstelle. Das Rote Kreuz folgte mit 20 Männern, auch die Polizei war vor Ort.

Der katholische Kaplan Grevels schwang sich auf sein Moped und fuhr auf den Berg, um Trost zu spenden, auch ein evangelischer Seelsorger nahm sich der Opfer an. Die Freiwillige Feuerwehr Beuel und die Berufsfeuerwehr Bonn schickten Krankenwagen, selbst in Privatautos wurden Verletzte abtransportiert.

Tradition seit dem 19. Jahrhundert

Die Drachenfelsbahn nahm am 17. Juli 1883 ihren Betrieb auf, mit den Bauarbeiten war im November 1882 begonnen worden. Im Jahr 1888 wurde die Petersbergbahn eröffnet, beide wurden geführt von der „Deutschen Lokal- und Straßenbahngesellschaft“. Diese trennte sich 1913 von den Bergbahnen, die nun ins Eigentum von Unternehmer Ferdinand Mülhens („4711“) übergingen. Er vereinigte sie zum Unternehmen „Bergbahnen im Siebengebirge AG“, deren Aktien sich noch heute im Privatbesitz der Familie Streve-Mülhens befinden. Im Jahr 1958 wurde der Betrieb der Petersbergbahn eingestellt.

Zum 60. Jahrestag des Unfalls der Drachenfelsbahn wurde 2018 an der Talstation eine Eisenstatue angebracht, die der Königswinterer Künstler Burkhard Mohr geschaffen hat. (dbr)

Überall waren Ärzte, einheimische und auswärtige, die zufällig zu Besuch in der Stadt weilten, zu sehen. Ihre weißen Kittel zeichneten sich in der Dunkelheit ab. In der Nacht kam ein Gerätewagen des THW aus Aachen, die Techniker schnitten die verkeilten Wagen auseinander, damit Tote und Verletzte geborgen werden konnten.

Den Wehrkameraden habe sich ein „grauenhaftes Bild“ geboten, heißt es im Einsatzprotokoll der Freiwilligen Feuerwehr. Eine große Zahl von Verwundeten schrie um Hilfe, einige Passagiere irrten panikartig und unter Schock im Wald neben der Bahnstrecke umher. Aus dem Tal wurden Särge herbeigeschafft; gegen 22.30 Uhr konnte der letzte Tote im Schein von Lichtaggregaten aus den Trümmern geholt werden. Die Rettungsarbeiten dauerten bis 1.15 Uhr.

Ärzte im St.-Josef-Krankenhaus in Königswinter operierten bis 3 Uhr, um 6 Uhr standen sie wieder am OP-Tisch. Der Chirurg und Chefarzt Heinrich Prévot erinnerte sich Jahre später: „Innerhalb von zwei Stunden hatten wir zwischen 80 und 100 Verletzte.“ Die Frau eines belgischen Offiziers war darunter, sie hatte beide Beine verloren. Eine andere schwer verletzte Frau wimmerte vor Schmerzen, sie wusste da noch nicht, dass drei ihrer Kinder ums Leben gekommen waren und das vierte mit dem Tod rang, auch ihr Mann gehörte zu den Verletzten.

Kirmesbesucher des Pützchen Marktes verstopften die Straßen

Wegen des am gleichen Tag stattfindenden Volksfestes Pützchens Markt konnten Krankenwagen nur unter Schwierigkeiten zu den Hospitälern von Bonn und Beuel fahren, weil die Straßen mit Autos von Kirmesbesuchern verstopft waren. Die US-Armee schickte von Frankfurt aus per Hubschrauber Blutkonserven nach Königswinter.

„Erschütternde Szenen“ spielten sich einem Zeitungsbericht zufolge am Montag in der Polizeiwache ab, wo Angehörige nach den Verunglückten fragten und übernächtigte Beamte Gegenstände aus dem Besitz der Toten sichteten.

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Anwohner stiegen zur Unglücksstelle hinauf und standen entsetzt vor den Wracks des Zugs. Das sonst so fröhliche Königswinter mit seinen Wein- und Tanzlokalen wirkte still und ernst, Trauerbeflaggung war angeordnet worden.

Die Bilanz des Unglückstages: 17 Tote, 112 Verletzte. Die Drachenfelsbahn stellte den Dampflokbetrieb ein und fuhr erst ab 1960 wieder, nun mit Elektrotriebwagen.

Prozess folgte ein Jahr später im Bonner Landgericht

Ein Jahr später versuchte die 1. Große Strafkammer des Bonner Landgerichts, den Unfall juristisch aufzuklären. Die Kammer sprach den angeklagten Lokführer vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung und Körperverletzung frei und verurteilte den Betriebsleiter der Bahn und einen Aufsichtsbeamten zu einer Gefängnisstrafe von sieben beziehungsweise neun Monaten, jeweils auf Bewährung. Sie hätten ihre Kontroll- und Aufsichtspflichten verletzt und damit den Unfall und seine Folgen verschuldet.

Der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf und verwies das Verfahren zur Neuverhandlung ans Landgericht Köln, das auch den Betriebsleiter und den Beamten freisprach. Bei dem Unfall habe es sich „um eine schicksalhafte Verstrickung unglücklicher Umstände“ gehandelt, befanden die Richter.