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Am Seil über den RheinWas über die geplante Seilbahn in Bonn bisher bekannt ist

Lesezeit 6 Minuten
Die Kabine einer Seilbahn vor blauem Himmel.

Auch in Bonn soll bald eine Seilbahn fahren. (Symbolbild)

Die Seilbahn in Bonn startet frühestens 2028. Die Planungen laufen aber schon seit 2012. Hier finden Sie wichtige Informationen zum Projekt.

Auf dem Weg zur Arbeit den Ausblick auf das Siebengebirge genießen und mit einem Standard-ÖPNV-Ticket Seilbahn fahren – das könnte in Bonn in einigen Jahren Wirklichkeit werden. In Kooperation mit den Stadtwerken Bonn soll eine Seilbahn entstehen, die den Venusberg über den Rhein mit Ramersdorf in Beuel verbindet.

Das Projekt soll zur Mobilitätswende in der ehemaligen Bundeshauptstadt beitragen, den Verkehr entlasten und nachhaltig sein. Noch ist die Seilbahn in einem frühen Planungsstadium. Was bisher zum Projekt bekannt ist, haben wir hier zusammengetragen.

Was ist geplant?

Schon in den 1950er-Jahren war eine Seilbahn für Bonn in Planung. Inzwischen ist die Idee wieder ausgegraben worden und soll Wirklichkeit werden. Das „Projekt Seilbahn“ soll eine Verkehrslösung vor allem für den Venusberg darstellen. Denn die dort wohnenden Menschen, Beschäftigte, Studierende sowie Patientinnen und Patienten und Besuchende an der Uniklinik verursachen viel Verkehr, so die Stadt.

Es gibt jedoch nur zwei Zufahrten für den Autoverkehr. Dafür fehlt es an Parkplätzen. Kurz: „Die infrastrukturellen Kapazitäten reichen nicht mehr aus“, so beschreibt es die Stadt Bonn auf der Projektseite. Die Seilbahn soll künftig den Venusberg mit Beuel verbinden und somit den Rhein überqueren – und sie soll als Teil des Öffentlichen Nahverkehrs genutzt werden können.

Wo soll die Seilbahn lang fahren?

Die Trasse für die Seilbahn soll zwischen dem Bonner Uniklinikum und Ramersdorf in Beuel eine Länge von etwa vier Kilometern haben. Dabei sind fünf Stationen geplant: Uniklinik West, Loki-Schmidt-Platz, UN-Campus, Rheinaue und Schießbergweg/Ramersdorf. Zudem soll die Seilbahn an den Stationen Uniklinik West, Loki-Schmidt-Platz, UN-Campus und am Schießbergweg in den ÖPNV integriert werden.

Die geplante Trasse für das Seilbahnprojekt in Bonn mit den fünf Stationen.

Die geplante Trasse für die Seilbahn mit den fünf Stationen.

Die Station am Schießbergweg soll laut vorläufigem Ergebnis der „Standardisierten Bewertung“ zwischen dem geplanten neuen S-Bahn-Haltepunkt „Bonn Ramersdorf“ für die S13 und der Straßenbahn-Haltestelle „Schießbergweg“ liegen. Von dort soll die Seilbahn über das Telekom-Gelände führen, dann über den Rhein zur Rheinaue und über den UN-Campus und das Haribo-Gelände zum Loki-Schmidt-Platz und schließlich zum Uniklinikum auf dem Venusberg.

Wie weit ist die Planung?

Für die Seilbahn-Strecke sind derzeit insgesamt 34 Stützen geplant, die größtenteils im öffentlichen Raum stehen sollen. Einzige Privateigentümerin, die vom Verlauf der Seilbahn betroffen sein wird, ist die Firma Haribo. Es seien aber schon Gespräche mit Haribo geführt worden, sagte Bonns Stadtbaurat Helmut Wiesner dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ in einem Gespräch. Die Seilbahn dürfe demnach das Gelände überfliegen. Die Stützen sollen im Durchschnitt mehr als 28 Meter hoch sein. Die mit 50 Metern höchste Stütze soll auf dem Venusberg am Klinikum stehen.

Derzeit plant die Stadt Bonn Seilbahn-Kabinen mit einer Kapazität von jeweils zehn Personen. Insgesamt sollen 95 Kabinen fahren, die die Stationen alle 20 bis 24 Sekunden erreichen. „Die Sitzplätze lassen sich hochklappen, sodass auch für Rollstühle, Gehhilfen, Kinderwagen und Fahrräder Platz ist“, heißt es in der Planung. Insgesamt dauert die Fahrt über die gesamte Strecke dann etwa 20 Minuten. Pro Stunde sollen bis zu 1800 Personen transportiert werden können.

Eine Einseil-Umlaufbahn, wie sie für Bonn geplant ist, kann laut Machbarkeitsstudie mit einer Geschwindigkeit von rund 21 Kilometern pro Stunde fahren. Das entspreche in etwa auch der Geschwindigkeit von Linienbussen auf gut ausgelasteten Straßen.

Bonn: Erste Probe-Bohrungen am Venusberg begannen im Februar 2024

Zuletzt hat die Stadt angekündigt, mit den Stadtwerken Bonn (SWB) einen Kooperationsvertrag für die Seilbahn abzuschließen. Damit können dann die nächsten Schritte erfolgen. So teilte die Verwaltung mit, dass zunächst die technische Planung noch überarbeitet und verfeinert werden müsse.

Wichtige Gutachten seien bereits in Auftrag gegeben worden oder in Planung, sodass anschließend ein Seilbahnhersteller gesucht werden kann. Unter anderem wird es deswegen ein meteorologisches Gutachten für die Gesamttrasse geben, um die klimatischen Bedingungen wie Wind, Schnee, Eis und Gewitter zu ermitteln. Ein weiteres aerodynamisches Gutachten mit einem Windkanalversuch soll die Einflüsse des Posttowers und der Nachbarbebauung auf die Windverhältnisse für die Seilbahntrasse klären.

Seilbahn könnte 2028 in den Betrieb starten

Erste Probe-Bohrungen am Venusberg für die Seilbahn haben im Februar 2024 stattgefunden. Und die Stadt rechnet damit, noch im ersten Halbjahr 2024 einen „Projektsteuerer und Fachplaner“ beauftragen zu können.

Ein Blick auf die Dächer von Bonn. Links im Bild ist der DHl-Tower zu sehen.

Über den Dächern von Ramersdorf soll bald eine Seilbahn fahren.

Bis Mitte 2025 soll eine funktionale Ausschreibung beauftragt werden, was als Vorstufe für die Beauftragung eines Seilbahnherstellers betrachtet werden könne, so die Stadtverwaltung. Der jeweilige Hersteller solle dann bis Mitte 2026 die konkrete Planung für die Ausführung fertigstellen. Wenn dann alles Weitere reibungslos verläuft, könnte die Seilbahn frühestens 2028 in den Betrieb gehen.

Seit wann gibt es das Projekt?

Vorüberlegungen starteten für die Seilbahn schon 2012, als im Verkehrsentwicklungsplan 2020 ein Vorschlag zum Bau einer Seilbahn auf den Venusberg gemacht wird. Zwischen 2016 und 2017 kam eine Machbarkeitsstudie zu dem Ergebnis, dass die Seilbahn technisch möglich ist und es gab Bürger-Dialoge zum Thema.

2021 ergab eine sogenannte „Standardisierte Bewertung“, dass die Seilbahn auch volkswirtschaftlich sinnvoll sei. Damit sei sie förderwürdig, so die Stadt Bonn. Im Jahr 2022 hat der Verkehrsausschuss des NRW-Landtags beschlossen, die Seilbahn in den Bedarfsplan und den entsprechend darauf aufbauenden ÖPNV-Infrastrukturfinanzierungsplan aufzunehmen.

Was soll die Seilbahn kosten?

2019 wurden für die Seilbahn insgesamt 66 Millionen Euro (netto, inkl. Planunkskosten) veranschlagt, teilt Stadtsprecher Marc Hoffmann auf Anfrage mit. „Aktuellere Schätzungen gibt es nicht.“ Der größte Teil der Investitionen könne jedoch über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) gefördert werden. Demnach ergebe sich für die Stadt Bonn ein ungefährer Eigenanteil von etwa 11 Millionen Euro, so Hoffmann. Allerdings müsse „allein aufgrund der Baupreissteigerungen in den vergangenen Jahren mit höheren Kosten gerechnet werden“.

Welche Vorteile hat eine Seilbahn?

Die Seilbahn gelte als sicheres Verkehrsmittel, das ohne aufwendige und „kostenintensive Infrastrukturvorhaben“ wie beispielsweise Tunnel und Brücken den Rhein überqueren kann, heißt es bei der Verwaltung. Laut Angaben der Stadt Bonn könnten durch die Seilbahn 12,4 Millionen PKW-Kilometer eingespart werden.

Zudem halte sich die Wartezeit für Passagiere gering, weil alle 20 Sekunden eine Kabine abfahre und sich für die gesamte Strecke die Reisezeit im Vergleich zum üblichen Nahverkehr halbiere. Da die Seilbahn als Teil des Öffentlichen Nahverkehrs fungieren soll, kann sie mit Jobtickets, Monatstickets, Schülertickets und Verbundfahrkarten genutzt werden.

Der Zusammenschluss „Seilbahn für Bonn – Ja!“, dem unter anderem der ADFC Bonn/Rhein-Sieg, BUND, Nabu, Greenpeace, das Verkehrs Forum Bonner Bürger Initiativen und der ASTA der Uni Bonn angehören, betont, dass eine Seilbahn vor allem die rechts- und linksrheinischen DB- und Stadtbahn-Strecken staufrei miteinander verknüpfen könne.

Da die geplanten Stationen nahe an großen Unternehmen liegen sollen, könnten so auch Mitarbeitende davon überzeugt werden, vom Auto auf den ÖPNV umzusteigen.

Was sagen die Kritker?

Die Bürgerinitiative „Bonn bleibt seilbahnfrei“ sieht in der Seilbahn keine Lösung für die Verkehrsprobleme in der Stadt. Eine Seilbahn sei „ohne Nutzen für die Bonner Bürger, finanziell riskant und dabei äußerst umweltschädlich“, so die Initiative. Eine Entlastung für den Verkehr sei nur marginal. Die Entlastung der Zufahrtsstraße zum Venusberg liege laut Machbarkeitsstudie gerade einmal bei acht Prozent. „Der finanzielle Aufwand steht in keinem Verhältnis zur Verkehrsverringerung.“

In der Machbarkeitsstudie selbst wird auch ein Hinweis des Verkehrsentwicklungsplans (VEP) zum Verkehr auf dem Venusberg genannt. So weise der VEP darauf hin, dass es zu höherer Nachfrage auf der Strecke kommen werde, etwa durch höhere Arbeitsplatz-, Studenten-, und Patientenzahlen und mehr Besucher. Dabei sei der touristische Verkehr noch nicht berücksichtigt.

Der Durchgangsverkehr werde sich durch eine Seilbahn nicht verringern, heißt es auch bei der Initiative „Bonn bleibt seilbahnfrei“. Vielmehr würden Verkehrs- und Parkprobleme nicht behoben, sondern nur an andere Orte verlagert. Insgesamt äußert die Initiative auch große Skepsis gegenüber der Umweltverträglichkeit der Seilbahn, unter anderem wegen der Strombetriebskosten.