Lohmar – Man kennt Industrieruinen, alte Fabrikgebäude, die vor sich hingammeln. Dagegen bietet ein verlassener Campingplatz in der Aggeraue einen ganz besonderen und sehr seltenen Anblick. Hier scheint die Natur viel schneller anzusetzen, sich das Terrain im Grünen wiederzuerobern.
Doch wenn sie jetzt mit hoffentlich bald sonnigen Frühlingstagen ausschlägt, ist sie noch zu früh dran. Obwohl sie die Überreste am Boden rasch überwuchern kann. Frühestens im Herbst werden nämlich die alten Pflasterungen und Betonplatten am Boden und am Aggerufer entfernt. Auf dem Gelände soll schließlich wieder Natur pur entstehen: Gemäß Europäischer Wasserrahmenrichtlinie, ohne Überreste menschlicher Campingplatzkultur. Das meiste, die Wagen, Grills und abenteuerliche Aufbauten, sind schon weg.
Einst standen auf dem Gelände in Peisel zwischen B 484 und Agger über hundert heruntergekommene Wohnwagen. Die Nutzer, darunter 50 mit Erstwohnsitz in den angejahrten Blechkisten mussten im Juli 2013 mit der Insolvenz des Campingplatzes weichen. Metalldiebe fielen über den Platz her, bis in einer Riesen-Aufräumaktion die Aufbauten und Wagen fortkamen. Hundert Lkw-Fuhren waren für die 750 Tonnen Müll auf dem 23 000 Quadratmeter großen Gelände nötig.
Gespräche nach Ostern
Seither herrscht Ruhe auf dem Arreal. Nur an den zwei Gebäuden an der B 484, einst für Platzaufsicht, Kiosk und Schänke, beidseits des alten Campingplatzeingangs, hat sich was getan. Ein Lohmarer Investor hat sie gekauft und nun umgebaut zur Vermietung der dort entstandenen Wohnungen. Die haben zwar auf der einen Seite eine vielbefahrene Bundesstraße, aber auf der anderen Seite bald feinste Natur à la Europäische Wasserrahmenrichtlinie.
Nun geht es aber voran. Noch nicht in der Natur, sondern in der Zivilisation, speziell in der Bürokratie. Nach Ostern bis Sommer gebe es weitere Gespräche mit Bezirksregierung sowie Landschaftsbehörden, sagte auf Anfrage Vorstand Lothar Scheuer vom zuständigen Aggerverband, und auch die Ausschreibung für die Arbeiten soll bald herausgehen.
Zu diesen gehören nach neuester Planung auch, dass nicht nur alle Befestigungen, vor allem die Ufereinfassungen wegkommen, damit sich die Agger ein neues Bett sucht. Nun überlegt man auch, der Agger mit ein paar Grabungen fürs neue, möglichst mäandrierende Bett ein wenig nachzuhelfen. Dennoch soll aber, wie bisher beabsichtigt, die Agger die meiste Arbeit allein machen. Wofür Hochwasser übrigens ausnahmsweise erwünscht ist, damit der Fluss die Aue überschwemmt, die Ufer verändert und sich ausdehnt. So wie man sich das auch an Teilabschnitten der Sieg erwünscht unter dem Stichwort „Siegentfesselung“.