Am Karnevalsfreitag moderiert Johannes Wingenfeld die Sitzung zum letzten Mal. Warum Kinder für ihn ein besseres Publikum sind und auch Indianerkostüme tragen dürfen.
Nach 20 JahrenLohmarer leitet seine letzte „Pänz Pänz Pänz“-Kindersitzung
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Johannes Wingenfeld übergibt die Moderation an Rachel Pirastu.
Copyright: Marius Fuhrmann
Viele Lohmarer Kinder kennen keinen anderen Moderator der „Pänz Pänz Pänz“-Sitzung als ihn: 20 Jahre lang hat Johannes Wingenfeld (49) die Kindersitzung am Karnevalsfreitag in der Jabachhalle geleitet. In diesem Jahr wird es seine letzte sein, er gibt die Moderation an eine jüngere Nachfolgerin ab.
Wie wurden Sie mit fast 30 Jahren zum Moderator einer Karnevalssitzung für Kinder?
Die Sitzung wird seit 1992 jährlich vom Kinder- und Jugendchor organisiert. Damals war ich 16 Jahre alt und schon im Stimmbruch, eigentlich zu alt für den Chor. Aber trotzdem war ich einer der beiden Chorsprecher, die den Moderator immer begleiten. 2005 wurde ein Nachfolger gesucht, ich habe übernommen. Die ersten drei Jahre habe ich noch das Programm gemacht, das der Chor mir vorgegeben hat, dann habe ich es selbst geschrieben.
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Gibt es irgendwelche Rituale vor der Sitzung?
Ganz nüchtern bin ich nie: Ich komme um 14.45 Uhr an die Theke und bestelle ein „Konzept-Kölsch“, das ich relativ zügig austrinke. Dann sagt der Thomas von der Theke: „Das Konzept muss durchdacht sein“, und stellt mir ein zweites hin. Das trinke ich dann in Ruhe in der Umkleide.
Warum war jetzt der beste Zeitpunkt, um aufzuhören?
Ich beende meine aktive Zeit, weil ich selbst keine Kinder mehr im Chor habe. Die Kinder im Publikum sind nie so, dass sie denken, das müsste mal ein jüngerer Mensch machen, aber ich glaube, es ist egal, wie jung man wirkt, irgendwann verliert man die Perspektive. Deswegen ist es nun an der Zeit, die Moderation an jemand anderes abzugeben. Mit Rachel Pirastu haben wir eine tolle Nachfolgerin gefunden.
Worin besteht das Programm der Kindersitzung?
Wir laden alle Lohmarer Tanzgruppen ein, wobei das so viele sind, dass das im zweijährigen Wechsel stattfindet. Wir haben auch zwei fixe Punkte, die ich wieder eingeführt habe: die Zehn-Minuten-Disco, bei der die Kinder auf der Bühne tanzen dürfen und eine Polonaise durch den Saal und den Vorraum, das finden sie cool. Die Tollitäten sind nicht der Höhepunkt der Sitzung, sondern der Auftakt. Die Kinder können Fotos machen. Seit wir die Kostümprämierung ans Motto geknüpft haben, geben sich die Leute richtig Mühe, und man sieht weniger Cowboys und Indianer. Kinder machen keinen Lärm – die Knaller aus den Pistolen machen ihn.
Wie kann der Kinderchor das leisten?
Alle Künstler treten umsonst auf, zum Beispiel Jot Drop aus Lohmar, die jedes Jahr spielen. Den Sänger kenne ich seit Kindertagen. Cat Ballou hatten wir auch mal da, die haben zum Supersonderpreis gespielt. Ansonsten sagen wir allen: Das ist ein Benefiz-Auftritt für den Verein. Redner, auch mit Programm speziell für Kinder, haben wir mal ausprobiert, aber das hat nicht so gut funktioniert. Wir haben oft überlegt, ob wir etwas am Konzept ändern wollen, aber wir wollen die Chance wahren, das Brauchtum und die Tradition zu erhalten und den Kindern näher zu bringen.
Welche Note verleihen Sie der Sitzung als Moderator selbst?
Ich falle jedes Jahr durch ein besonderes Kostüm auf, das ich selbst herstelle. Ich war schon Ballonfahrer und Papagei mit bunt bemaltem Gesicht, immer passend zum Thema. Der Anfang einer Sitzung ist immer gleich: Die beiden Chorsprecherinnen rufen mich, und ich komme dann auf die Bühne. Die Leute schließen schon Wetten ab, was ich diesmal trage. Einmal war ich als Tipi verkleidet, die beiden haben mich auf die Bühne geholt, und ich war schon da, als sie mich gerufen haben. Die Kinder fanden es total lustig, weil sie noch nie jemanden gesehen haben, der als Zelt verkleidet ist.
Indianerkostüme gelten heutzutage als verpönt. Sieht man weniger Kinder damit als früher?
Überhaupt nicht. Und das finde ich auch in Ordnung. Ein Erwachsener kann sich darüber Gedanken machen, muss es vielleicht sogar. Aber ein Kind nicht. Es fühlt sich in der Zeit, in der es das Kostüm trägt, tatsächlich als Indianer. Später, auf der weiterführenden Schule, kann man die Kinder damit konfrontieren, dass unser Indianerbild Stereotypen abbildet und die amerikanischen Ureinwohner verfolgt und ermordet wurden. Prinzessinnen transportieren auch ein Frauenbild, das ich nicht unterstützen würde, aber trotzdem soll jedes Kind als Prinzessin gehen dürfen und seiner Fantasie freien Lauf lassen.
Inwiefern sind Kinder ein anderes Sitzungspublikum als Erwachsene?
Junge Leute sind ein grandioses Publikum, sie reagieren auf alles. Kinder feiern sich, dass sie da sind. Ich weiß das auch ein bisschen zu steuern: Wenn da eine Sechsjährige zur Kostümprämierung auf die Bühne kommt, sage ich durchs Mikrofon: „Das ist eine magische Treppe – sobald du auf die erste Stufe trittst, fängt der Applaus an.“ Und sie tritt schüchtern auf die Treppe und es brandet frenetischer Applaus auf. Die Kinder verstehen das sofort. Und sie fangen sogar an zu klatschen, wenn ich das mit der magischen Treppe mal vergesse. Sie dürfen „Alaaf“ und „Zugabe“ brüllen, da können sie viel für ihr Leben mitnehmen.