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„Das war einfach dumm von Ihnen“Pflegekraft kauft falschen Corona-Impfpass am Hähnchengrill

Lesezeit 2 Minuten
Ein Impfpass unter der Lupe mit dem Eintrag einer Corona-Impfung

Lange nach dem Ende der Corona-Pandemie wurde eine Pflegekraft vom Siegburger Amtsgericht wegen Urkundenfälschung verurteilt.

Wegen eines gefälschten Corona-Impfnachweises stand eine Pflegekraft vor dem Siegburger Amtsgericht.

Wo bekommt man gefälschte Impfbescheinigungen her? Die Antwort einer Angeklagten vor dem Siegburger Amtsgericht verblüffte alle Beteiligten. Die 38-Jährige hatte die Aufkleber für den gelben Impfpass an einem Hähnchen-Grillwagen für 50 Euro gekauft, nach einigem Hin und Her für die Hälfte des verlangten Preises. Weit kam sie damit nicht.

In einer Hennefer Apotheke, wo die 38-Jährige Anfang Januar 2022 ein digitales Impfzertifikat bestellen wollte, fiel die ungewöhnliche Chargennummer auf. Die misstrauisch gewordene Apothekerin kopierte sich den Ausweis der Kundin und fragte bei der Arztpraxis in Sankt Augustin nach, wo angeblich die zweifache Covid-Impfung vorgenommen worden war. Dort war die Angeklagte indes unbekannt.

Ohne Impfnachweis konnte die Angeklagte ihren Sohn nicht sehen

Sie habe sich unter Druck gefühlt, schilderte die Frau vor Gericht. Sie habe Angst vor der Impfung gehabt, ein guter Freund sei danach gestorben. Doch ohne den Pieks habe sie ihren kleinen Sohn nicht sehen dürfen, der nicht bei ihr lebt. Der Kindsvater, ihr früherer Freund, habe den Corona-Schutz zur Bedingung gemacht.

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Zum anderen habe sie den Impfnachweis für ihre Arbeit benötigt, sie sei in der Intensivpflege tätig. Bekannte gaben ihr den Tipp mit dem Hähnchengrill. Als Richter Sabiye Ataer ihr Verantwortungslosigkeit vorwarf, rechtfertigte sich die Angeklagte. Damals habe sie so viel über die Gefahren gehört und gelesen, zumal sie Vorerkrankungen habe. „Wenn mir jemand hundertprozentig versichert hätte, dass ich nicht sterbe, hätte ich es gemacht.“

Siegburger Richterin sieht kriminelle Energie und Verantwortungslosigkeit

Über die Folgen ihres Betrugs habe sie nicht nachgedacht. Sie wurde damals arbeitslos, schlüpfte bei ihrem damaligen Partner unter, war deshalb für die Ermittlungsbehörden nicht greifbar, weshalb der Fall erst jetzt verhandelt wurde. Der Freund finanzierte sie laut der 38-Jährigen bis vor wenigen Monaten auch voll.

Nach der Trennung habe sie eine eigene Wohnung bezogen, müsse nun erstmal Bürgergeld beantragen, wolle aber so schnell wie möglich arbeiten, um die Mietrückstände abzuzahlen. Eine Stelle habe sie in Aussicht. Ihre nun größte Sorge: „Taucht die Strafe in meinem polizeilichen Führungszeugnis auf?“

Die Staatsanwaltschaft plädierte auf eine Geldstrafe von 900 Euro (60 Tagessätze), das Gericht verhängte 1200 Euro (80 Tagessätze). Erst ab 91 Tagessätzen steht die Verurteilung im Führungszeugnis.

Die wegen Betrugs und Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz vorbestrafte Angeklagte habe sich zwar geständig und reuig, aber auch eine hohe kriminelle Energie gezeigt, so die Richterin in ihrer Urteilsbegründung. Dass sie in Kauf nahm, die besonders vulnerablen Patienten zu gefährden, wiege besonders schwer. „Das war einfach dumm von Ihnen“, sagte Ataer, „die Wortwahl müssen Sie mir verzeihen.“