Rolf Hinterecker philosophiert künstlerisch zu Pflanzen und Wissenschaft und eröffnet am Samstag seine Ausstellung „Hierarchien“
Kunst-InstallationBaum aus Glas schlägt Wurzeln in Siegburger Pumpwerk
Wie der komplett außer Kontrolle geratene Versuchsaufbau eines manischen Wissenschaftlers präsentiert sich das Pumpwerk. Auf drei Etagen und elf Metern Höhe stapeln sich Glasplatten, Kolben und Becken vom Erdgeschoss hinunter in die Tiefe. Wasser fließt in Schläuchen durch die Installation, Photovoltaik liefert den Strom für die Pumpe.
Absurdes Großlabor auf drei Ebenen
Die Gitterroste in den Böden wurden herausgenommen, sodass Künstler Rolf Hinterecker freie Bahn hatte für sein „absurdes Großlabor“, wie er es selbst nennt. Wer will, kann aber auch vor seinem inneren Auge die drei Ebenen zu einem Baum aus Glas werden lassen, der aus einem Stamm ganz unten in die Höhe wächst
Gegen die Bezeichnung Gesamtkunstwerk, zu dem er das Pumpwerk jetzt bis zum 28. April macht, hat er nichts einzuwenden. Tatsächlich hat er seine Installation auf die ungewöhnlichen Räume zugeschnitten, „spannend und interessant“ findet er die technische Architektur, die die Kreisstadt früher vor Hochwasser bewahrte. Der Vorsitzende des Kunstvereins für den Rhein-Sieg-Kreis Reinhard Lättgen spricht von dem aufwendigsten Projekt, das jemals im Pumpwerk realisiert wurde.
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Pflanzen und ihre intelligenten Strategien
Eine ganz eigene filigrane Ästhetik hat das viele Glas, aber mit Botanik und Ökologie und naturwissenschaftlichen Fragestellungen greift Hinterecker vor allem Motive auf, die ihn bereits seit Jahren beschäftigen. Pflanzen, so wie er sie sieht, sollte man nicht unterschätzen: 2015 hätten Stefano Macuso und Alessandra Viola „definitiv nachgewiesen, dass Pflanzen tatsächlich genau wie Tiere und Menschen dazu in der Lage sind, intelligente Strategien zu entwickeln“.
Der Titel der Ausstellung „Hierarchien“ nimmt Bezug auf ein „biologisches Ordnungsgefüge“, das Charles de Bouelles Anfang des 16. Jahrhunderts entwarf, eine „stufenförmige Anordnung unbelebter und belebter Natur vom anorganischen Gestein über organische Pflanzen und Tiere bis hin zum Menschen“.
Charles Darwin habe dann im 19. Jahrhundert Pflanzen eine Form von Intelligenz zugeschrieben. Nach den Erkenntnissen von Macuso und Viola müssen „hierarchische Systematiken in der älteren Wissenschaftsgeschichte nunmehr kritisch hinterfragt werden“, so Hintereckers Ansatz. Ein Faszinosum ist die Wurzelhaube, die, so Hinterecker, „das Vordringen der Wurzelspitze ins Erdreich erleichtert, Licht, Berührung, Luftfeuchtigkeit, Magnetismus und vieles mehr wahrnehmen kann“.
Zu der etagenübergreifenden Installation zeigt Hinterecker im zweiten Kellergeschoss eine Fotodokumentation seiner Performance „Pflanzen aussetzen“, mit der zu sehen ist, wie er nachts in einem Wald Setzlinge pflanzt. In einem zweiten Teile sind „Wurzelgramme“ zu sehen, dazu legte er Pflanzenteile auf Fotopapier, das er anschließend belichtete, sodass die Umrisse sichtbar blieben. Auch übermalte oder durch Schnitttechniken bearbeitete Fotoarbeiten sind zu sehen, eine Wasserrinne im Pumpwerk hat er mit Moos bepflanzt.
Rolf Hinterecker wurde 1951 in Bensberg geboren und studierte nach einer Ausbildung als Kunstglaser, Soziologie, freie Malerei und Metallbildhauerei. 1975 schloss er sich der Performance-Gruppe Jet Ferro an, von 1993 bis 1998 war er Mitglied und Chairman der Ultimate Akademie, 2010 bis 2022 Gründungsmitglied und Teil des Orgateams der Performance-Plattform PAErsche.
Die Vernissage im Pumpwerk an der Bonner Straße 65 beginnt am Samstag, 9. März, 17 Uhr. Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden des Kunstvereins für den Rhein-Sieg-Kreis Reinhard Lättgen folgt eine Einführung durch die langjährige Kölner Galeristin Christel Schüppenhauer.
Zur Demontage am 28. April sind Besucher ab 16 Uhr eingeladen, Laborgeräte, Wasserbecken und andere Utensilien können mitgenommen werden. Die Öffnungszeiten des Pumpwerks sind mittwochs von 11 bis 16 Uhr, donnerstags von 13 bis 18 Uhr, freitags von 11 bis 15 Uhr und sonntags von 13 bis 16 Uhr. Weitere Besuche nach Vereinbarung unter 02241/97 14 20.