Wegen steigender Kosten hat der Siegburger Verkehrsverein mit Kaufzurückhaltung gerechnet. Ein Besuch in der City zeichnet ein anderes Bild.
Umfrage in SiegburgWie Corona und explodierende Energiepreise das Weihnachtsgeschäft verändert haben
In der Siegburger Fußgängerzone herrscht wie gewöhnlich vorweihnachtliches Treiben. Eine Mischung aus besinnlicher Gelassenheit und hektischem Einkaufsstress. Das Einkaufsverhalten der Menschen hat sich in diesem Jahr demnach auch nicht groß geändert.
Viele schenken sich schon seit Jahren nicht mehr so viel, wie früher mal. So erzählt Petra Krämer aus Overath, dass sie sich in der Familie seit drei bis vier Jahren deutlich weniger schenken. „Etwa 50 Prozent weniger gebe ich aus“, erzählt sie. Grund dafür sei die Corona-Pandemie und die Wirtschaftskrise.
Es ist jedoch nicht zu beobachten, dass in diesem Jahr weniger gekauft wird. „Die Leute stürmen ja in die Läden wie sonst auch“, stellt eine Frau aus Sankt Augustin fest. So hat sie auch schon ein Back-Set für ihre 30-jährige Tochter ergattert. Sachen in der Hand zu haben, bevor man sie kauft, ist der 60-Jährigen wichtig. Deshalb zieht sie den Einzelhandel dem Online-Geschäft klar vor.
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Familiendeal an Weihnachten: Nur ein Geschenk pro Person
Eine feste Abmachung in der Familie hat das Ehepaar Trudi und Hans Roland. Die beiden Siegburger haben zwei Kinder mit Partnern, und an Weihnachten gilt bei ihnen die Regel: Pro Person nur ein Geschenk und das soll maximal 25 Euro kosten. Hans Roland begründet die Vereinbarung: „So ist man eher gefordert, sich Gedanken über die Familienmitglieder zu machen, was denen gefallen könnte.“
Es solle eine nette Geste sein. „Dinge, die man wirklich braucht, kaufen wir uns so. Da braucht man nicht extra bis Weihnachten warten“, erklärt die Ehefrau. Das Geschenk an Weihnachten sei daher eher eine Attraktion: „Man will doch was zum Auspacken haben, das macht ja schließlich Spaß“, so Trudi Roland.
Eine andere Frau erzählt, sie kaufe genau so viel für Weihnachten ein, wie immer. Für die zwei Kinder im Alter von 13 und 18 Jahren gebe es zwar ein ungefähres Budget, aber bei elektronischen Geräten könne das dann auch mal teurer werden. Geschenke seien laut ihr allerdings ein Muss. Mit ihrem Mann habe sie bereits ausprobiert, sich nichts zu schenken. „Das war aber total doof“, sagt sie. Der Prozess des Auspackens allein sei ein schönes Ritual, auf das sie nur ungern verzichte.
Einen Konsumboykott hält auch eine andere Passantin nicht für sinnvoll: „Also mindestens ein Geschenk muss schon sein“, sagt sie. „Weihnachten mit Nichts ist ja auch Nichts!“
Angenehme Überraschung beim Siegburger Verkehrsverein
Angenehm überrascht zeigt sich Sissis Vassiliadis, Vorsitzender des Siegburger Verkehrsvereins angesichts des laufenden Weihnachtsgeschäfts. „Sehr gut angelaufen“ sei dieses, Geschäftsleute verschiedener Branchen hätten ihm zufrieden von ihren Umsätzen berichtet, auch in der Gastronomie.
„Ich glaube sogar, dass das noch zulegt.“ Von einer Kaufzurückhaltung angesichts steigender Lebenshaltungskosten habe er nichts bemerkt. So gut wie vor der Corona-Epidemie seien die Geschäfte aber wohl noch nicht.
Positiv wirkt sich seiner Einschätzung nach der am 25. November eröffnete mittelalterliche Markt aus, der zahlreiche Gäste anlocke, teilweise auch aus dem Ausland. Gleichzeitig vermutet Vassiliadis, dass sich viele Menschen derzeit einen teuren Skiurlaub lieber sparen und ihr Geld daheim ausgeben.
Ein weniger freundliches Bild zeichnet Jannis Vassiliou, der Vorsitzende des Einzelhandelsverbands Bonn Rhein-Sieg Euskirchen. Zwar würden die Leute wieder „spendabler und lockerer“, was auch das Konsumbarometer des Handelsverbands Deutschland zeige. Doch die Mehrheit der Händler in seinem Verbandsgebiet sei bislang unzufrieden, lediglich eine Minderheit zufrieden.
Mit seiner Einschätzung beruft sich Vassiliou auf eine Umfrage vom vergangenen Wochenende, die derzeit ausgewertet wird: 17 Prozent der Befragten hätten bislang höhere Umsätze als im Vorjahreszeitraum verzeichnet, elf Prozent konstante Zahlen.
41 Prozent hätten über Einbußen geklagt und 28 Prozent gar von „ganz schlechten Umsätzen“ bei einem Rückgang um 30 Prozent gegenüber dem Vorweihnachtsgeschäft 2022. Vassiliou betont aber, dass detaillierte Zahlen erst kommende Woche vorliegen werden.
Nach Vassilious persönlichem Eindruck seien Anbieter von Luxuswaren die Gewinner, etwa von Schmuck, teuren elektronischen Geräten und Porzellan. Die Erfahrung zeige aber auch, dass die höchsten Umsätze erst kurz vor dem Fest erzielt werden. Viele Beschäftigte hätten keine Zeit zum Einkaufen, andere gäben später doch noch spontan mehr Geld aus als ursprünglich geplant.