Siegburg – Langsam schwebte der große Kühlcontainer über die Nordstraße und den Zaun des Nordfriedhofs neben die Gebäude am Eingang an der Alten Lohmarer Straße. Sanft setzte ihn der Fahrer des 90-Tonnen-Autokrans auf das vorbereitete Schotterbett ab. Kurz darauf lief der Strom, schnell wurde es kühl im Inneren des etwa sechseinhalb Tonnen schweren Behälters, der nun seinen Platz zunächst einmal für das kommende halbe Jahr gefunden hat.
Rare Sonderfertigung
Der Krisenstab der Stadtverwaltung hatte schon vor einigen Wochen den Beschluss gefasst, angesichts der sich zuspitzenden Corona-Pandemie und der zu erwartenden höheren Sterbezahlen weitere Möglichkeiten für die Lagerung von Leichen bereitzustellen. Die Lieferung ließ sich dann nicht so schnell realisieren. Solche Sonderanfertigungen sind in diesen Zeiten rar. Schließlich war es ein britisches Unternehmen, das zum Zuge kam und dessen Ableger in Deutschland Thermobil heißt. Am späten Dienstagabend gegen 23 Uhr traf der Schwertransporter mit seiner Fracht ein.
Am frühen Morgen dann baute eine Firma aus dem benachbarten Lohmar sein schweres Gefährt auf, hängte 18,6 Tonnen Gegengewicht ein. Zwei Traversen hielten die schweren Ketten von den Wänden des Containers weg, damit sie sich beim Anheben nicht durch die Wände drücken konnten. Das Manöver glückte reibungslos, zahlreiche Passanten und insbesondere Autofahrer beobachteten das Spektakel, ist die Aulgasse doch eine wichtige Verbindung aus der Kreisstadt heraus.
„Es geht um eine Präventivmaßnahme für den Fall, der hoffentlich nicht eintritt“, betonte Stadtpressesprecher Jan Gerull. „Der Krisenstab möchte vor und nicht hinter der Lage sein.“ In den bisherigen Räumen gab es Platz für elf Särge. Auch für die Gerichtsmedizin Bonn werden Plätze vorgehalten, Leichenfunde kommen zunächst dorthin. Durch den Aufbau des Kühlcontainers erhöhen sich die städtischen Kapazitäten um 23 Plätze.
Zuvor standen solche Behälter auch schon an der Charité in Berlin und an der Universitätsklinik in Köln, allerdings nicht zu Zeiten der Corona-Pandemie. Während größerer Umbauarbeiten hatten sich die Krankenhäuser auf diese Weise weitere Kühlkapazitäten organisiert. Wie ein Mitarbeiter berichtete, ist Thermobil Spezialist für prozessgesteuerte Kühlung, vor allem in der Pharmazie.
Das Aggregat wurde auf fünf bis sieben Grad eingestellt. Bei Abweichungen gibt es sofort eine Alarmmeldung. Damit bleibt die Temperatur konstant und sicher auf dem gewünschten Niveau. Sollte jemand versehentlich eingeschlossen werden, kann ein lauter Signalton darauf aufmerksam machen. Die Mietdauer von sechs Monaten orientiert sich an den vom Robert-Koch-Institut gemachten Angaben zu Zeiträumen für einen wahrscheinlichen Pandemieverlauf.