Seit einem halben Jahr ist der Riemberger Hof, eine ehemalige Gaststätte, Hauptquartier des Vereins – und hat sich zum Treffpunkt entwickelt.
BegegnungsstätteVerein „Siegburg hilft“ erweckt jahrelang leerstehende Kneipe zu neuem Leben
Eine soziale Begegnungsstätte mitten im Stadtteil gibt es nicht allzu oft, schon gar nicht in bürgerlichen Ecken wie Wolsdorf – Armut ist häufig unsichtbar. Angela Holtmann hatte diese Erkenntnis schon vor einigen Jahren und gründete den Verein „Siegburg hilft“, der sich für Obdachlose und Bedürftige einsetzt. Seit einem halben Jahr ist der Riemberger Hof, eine ehemalige Gaststätte, Hauptquartier des Vereins – und hat sich schnell zum Treffpunkt entwickelt.
Hier finden Bingo-Nachmittage, ein Strickcafé und gemeinsame Backstunden statt. „Es war immer mein Traum, benachteiligte Kinder und einsame Senioren zusammenzubringen. Gerade letztere sind oft zu stolz, um zu zeigen, dass sie Hilfe brauchen“, sagt die 58-Jährige.
Die ehemalige Gaststätte in Wolsdorf stand seit 15 Jahren leer
Die Idee hatte Holtmann 2019, noch vor der Corona-Pandemie, als sie obdachlosen Menschen am Bahnhof ansprach. „Die baten vor allem um Decken, Handschuhe und Kapuzenjacken.“ Also startete sie einen Facebook-Aufruf, bald darauf meldeten sich Personen, die die gewünschten Stücke spendeten. Bald organisierte sie auch Essensausgaben für bedürftige Menschen, die inzwischen zwei Mal in der Woche im ehemaligen Autohaus Bässgen am Kaiser-Wilhelm-Platz stattfinden.
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„Wir haben viele Restaurants und Geschäfte dafür begeistern können, sie spenden uns regelmäßig Lebensmittel und Speisen“, sagt Holtmann. Das Angebot werde gut angenommen, ab 2022 auch durch Geflüchtete aus der Ukraine. Da die Hilfegesuche nicht nachließen, gossen Holtmann und ihr Team ihr Engagement in rechtlich sichere Bahnen und gründeten Ende 2021 einen Verein: „Siegburg hilft“.
Sie begann, nach einem geeigneten Ort für ein Vereinslokal zu suchen – und wurde im Riemberger Hof in Wolsdorf fündig. Die ehemalige Gaststätte befindet sich an der Ecke Jakobstraße/Wolsdorfer Straße und steht seit mehr als 15 Jahren leer. Der Besitzer kam Holtmann mit der Miete entgegen. Das Team strich die Wände und gestaltete den Gastraum mit neuen Möbeln. So zog nicht nur neues Leben ein, sondern auch vier zwitschernde Kanarienvögel.
Bei den Angeboten treffen Junge und Alte aufeinander
Die Corona-Pandemie, glaubt sie, habe dazu beigetragen, dass ein Teil der Gesellschaft immer isolierter lebe. „Die Menschen achten einfach nicht genug aufeinander. Wir sollten mehr miteinander reden und lachen. Stattdessen ist Deutschland Weltmeister im Abschieben“, sagt Holtmann und meint das keineswegs im politischen Zusammenhang. „Wir schieben unsere Alten ins Altenheim ab, wo sie dann vielleicht einmal im Monat Besuch bekommen.“
Bei den Angeboten in den Vereinsräumen treffen Junge und Alte aufeinander. Regelmäßig findet ein Repair-Café statt, bei dem es Unterstützung beim Reparieren von Alltagsgegenständen gibt. Beim Mal- oder Nähkurs kann sich jeder und jede ausprobieren. Beliebt sind auch das Stick-Café und der Bingo-Nachmittag – und das nicht nur bei Seniorinnen und Senioren. „Bingo spielen alle gern“, sagt Holtmann. Ende Mai soll ein Tanztee folgen.
Der Riemberger Hof in Siegburg dient auch als Kleiderlager
Doch gäben die meisten nicht zu, dass sie sich eine Tasse Kaffee nicht leisten könnten. „Da muss man andere Angebote schaffen. Alles ist kostenlos, aber einen Kuchen darf jeder mitbringen.“ Auch mit dem Kinderheim Pauline von Mallinckrodt in Wolsdorf stehe sie im Austausch.
Doch der Riemberger Hof dient nicht nur als sozialer Treffpunkt, sondern auch als Lager. „Schulranzen, Stifte, Schuhe, Klamotten – sowas haben wir immer vorrätig und geben es kostenlos ab. Denn es gibt Menschen, die können sich das nicht leisten.“ Holtmann weiß, wovon sie spricht, sie hat selbst drei Kinder alleine groß gezogen. „Deswegen sind wir aber ständig auf Spenden angewiesen.“
Ebenfalls im Verein engagiert sich Sosanna Nikolaidou, sie gehört dem Vorstand an. „Mich sprechen häufig Menschen an, deren Bedürfnisse wir zu erfüllen versuchen. Der eine benötigt einen Rucksack, jemand anders einen Topf. Wir fragen dann rum, wer so etwas spenden kann“, sagt sie. „Uns hat auch mal jemand angesprochen, der im Gefängnis arbeitet. Da gab es einen Häftling, der vor seiner Entlassung eine Kleiderspende benötigte.“
Vereinsvorsitzende aus Siegburg konfrontierte Ministerpräsident Wüst
Allijah Poopal, genannt Lilli, organisiert den monatlichen Malkurs. „Es ist schön, etwas mit anderen Menschen zusammen zu machen und es hilft, Sachen zu verarbeiten“, sagt die 18-Jährige. Sie sei über ihre Mutter zum Verein gekommen. „Mit dem Malkurs wollte ich etwas machen, das für andere ist“, so die Sankt Augustinerin.
Eines ist Holtmann noch wichtig zu sagen: „Wir wären nicht da, wo wir sind, wenn ich nicht so hartnäckig wäre.“ So habe sie einst NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst auf einem Empfang getroffen, bei dem Ehrenamtliche wie sie geehrt wurden.
„Ich habe ihn von unserem Verein erzählt und er war von unserer Unterhaltung sehr angetan“, erzählt Holtmann. Seitdem erhalte sie vermehrt Anrufe aus der Staatskanzlei mit Unterstützungsangeboten. „Wir werden uns davon beispielsweise einen neuen Herd kaufen.“ Besucht habe Wüst den Verein im Riemberger Hof noch nicht, aber Angela Holtmann will ihn beim nächsten Aufeinandertreffen auf jeden Fall einladen.
Weitere Angebote im Riemberger Hof
Am 2. April um 17 Uhr findet das Repair-Café statt, bei dem unter Anleitung kaputte Geräte repariert werden können. Der nächste Malkurs mit Lilli beginnt am 13. April um 14 Uhr. Am 17. April um 17 Uhr beginnt der Bingo-Abend, Katys Strickcafé am 19. April um 15.30 Uhr. Am 24. April um 15 Uhr werden gemeinsam griechische Oster-Spezialitäten gebacken.