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Prozess gestartetTödlicher Messerangriff in Siegburger „Klangfabrik“ – Angeklagte schweigen

Lesezeit 4 Minuten
Angeklagte und Verteidiger sitzen und stehen im Gericht.

Prozess um tödlichen Messerangriff in der Siegburger Klangfabrik: Die beiden Angeklagten mit ihren Verteidigern Michael Hakner (l.) und Peter- René Gülpen.

Zwei Personen im Alter von 24 und 23 Jahren sind im Prozess um eine tödliche Messerattacke in der Siegburger Discothek Klangfabrik angeklagt.

Ein Toter, ein Schwerverletzter, 50 bis 100 Leute am Tatort – und zwei Verdächtige, die schweigen. Das ist die Ausgangslage für das Bonner Schwurgericht, das seit Montag, 17. April, versucht, eine tödliche Messerattacke vom 30. Juli vergangenen Jahres in der Siegburger Diskothek „Klangfabrik“ aufzuklären. Die Kammer unter dem Vorsitz von Klaus Reinhoff will sich dafür sieben Tage Zeit nehmen, wird Zeugen hören, Akten verlesen und Bildmaterial ansehen.

Zunächst hat Staatsanwalt Matthias Borgfeld das Wort. Er klagt einen 24-Jährigen aus Sankt Augustin wegen Totschlags, versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung an. Dem zweiten Angeklagten, 23 Jahre alt und aus Troisdorf, wird eine gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung zur Last gelegt; zudem sollen beide an einer Schlägerei beteiligt gewesen sein, „durch die der Tod eines Menschen verursacht worden ist“.

Messerangriff in Siegburger Klangfabrik: Angeklagte schweigen vor Gericht

Die beiden Männer äußern sich nicht zu diesen Vorwürfen, ihre Verteidiger Michael Hakner und Peter-René Gülpen verlesen allerdings kurze Daten zum Lebenslauf. Danach ist der 24-Jährige in Siegburg geboren, ledig, wollte Profifußballer werden und arbeitet jetzt als rechte Hand des Vaters in dessen Baufirma, die er mal übernehmen soll. Auf die Frage Reinhoffs, ob er Drogen nehme, schweigt der Angeklagte.

Alles zum Thema Amts- und Landgericht Köln

Er hat vom Amtsgericht Köln ein Urteil wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz kassiert und soll wegen eines Messerangriffs bereits vor Gericht gestanden haben. Zur Tatzeit stand er unter Bewährung. Er wird in Handschellen aus der Justizvollzugsanstalt Köln gebracht.

Sein Kumpel, Jahrgang 1999, der eine Ausbildung als Straßenbauer macht, saß kurzzeitig in U-Haft. Sie begrüßen sich im Saal 1.20 des Landgerichts mit einer Umarmung und kräftigem Schulterklopfen.

„Klangfabrik“ in Siegburg: Streit auf der Tanzfläche war Auslöser für Messerattacke

Am Abend des 29. Juli 2022, einem Samstag, fand in der „Klangfabrik“ eine Mallorca-Party statt. Unter den Gästen: Die beiden Opfer, 24 und 28 Jahre alt, in ihrer Begleitung die Freundin des 28-Jährigen, der den Messerangriff schwer verletzt überleben sollte. Möglicherweise waren noch zwei andere Frauen dabei, aber das kann am ersten Prozesstag nicht geklärt werden.

Das Trio hat offenbar gut getrunken, denn die Freundin, die kurz nach der Tat von einem Streifenbeamten vernommen wurde, erschien ihm alkoholisiert und von dem Vorfall schockiert. Sie schilderte dem Polizisten, sie sei von zwei „südländisch“ aussehenden Männern „angetanzt und angebaggert“ worden; ihre Begleiter seien daraufhin eingeschritten.

Auf der Tanzfläche kam es dann zu der Schlägerei, in deren Verlauf der Hauptangeklagte den beiden Männern mit einem Messer nacheinander in den linken Oberbauch gestochen haben soll. Die Disko hat drei Überwachungsanlagen, eine außen und eine innen am Eingang, die dritte im Kassenbereich, aber keine Kamera fängt das Geschehen auf der von Theken und Tischen umstandenen Tanzfläche ein.

Polizei wertet Video-Material der „Klangfabrik“ aus

Die beiden Opfer schleppten sich in den Vorraum, wo sie zusammenbrachen und sich Ersthelfer um sie kümmerten. Um 2.38 Uhr alarmierte eine Frau per Notruf die Rettungsleitstelle des Rhein-Sieg-Kreises, drei Minuten später kam die Polizei. Die Lage, berichtet am Montag die Einsatzleiterin, sei „unübersichtlich“ gewesen, die meisten Gäste angetrunken. Ihre Kollegen nahmen viele Personalien auf, aber einige Anwesende könnten auch „durchgeschlüpft“ sein, will ein Polizist nicht ausschließen.

Auf Videobildern aus dem Eingangsbereich der „Klangfabrik“, die am Montag in Augenschein genommen werden, ist der Hauptangeklagte im weißen Hemd und mit einer auffälligen Halskette zu sehen. „Verlässt fluchtartig den Tatort“, hat ein Beamter der Bonner Mordkommission unter ein Foto des 24-Jährigen, abgelichtet an der Tür, geschrieben.

Ausgelesene Handydaten der Verdächtigen belegen, dass sie getrennt vom Gelände verschwunden sind, der 23-jährige Kumpel noch mal kurz zurückkehrte, dann in der Siegburger Innenstadt und später in Troisdorf unterwegs war, wo er ein Hotel anrief, möglicherweise um ein Zimmer zu bestellen. Der Ältere war unter anderem im rechtsrheinischen Köln unterwegs.

Als die Mordkommission bei Tageslicht noch einmal die Disco aufsuchte, hatte die Putzkolonne schon saubergemacht und Spuren, etwa auf der Toilette, verwischt. „Das hat man gerne“, seufzt Richter Reinhoff, als er davon hört.

Die beiden Verdächtigen werden am Abend des Tattages festgenommen. Sicherheitsleute des Lokals erkannten sie auf den Videos wieder. Das 24-jährige Opfer des Messerangriffs starb noch in der Nacht, sein Schwager kam schwer verletzt in ein Krankenhaus, in dem er zwei Tage später nach einer Infektion notoperiert und gerettet wurde. Er lag wochenlang in der Klinik.

Der Prozess ist bis Ende Mai terminiert.