Duisburg/Köln – Der seit Tagen ungewöhnlich niedrige Stand des Rheinpegels wird wegen der anhaltenden Trockenheit in den nächsten drei bis vier Tagen voraussichtlich noch um weitere zehn bis 15 Zentimeter zurückgehen. Erst ab Mitte der kommenden Woche sei eine leichte Entspannung zu erwarten, teilte das Wasser- und Schifffahrtsamt Rhein mit.
Die Rekord-Niedrigstände vom Herbst 2018 werden an den großen NRW-Pegeln Köln, Düsseldorf und Duisburg damit wohl noch nicht erreicht. In Köln hatte der niedrigste Pegelstand vom Oktober 2018 bei 69 Zentimetern gelegen, am Donnerstagmittag waren es immerhin noch 88 Zentimeter. In Düsseldorf sank der Pegelstand am Donnerstagmittag zwar auf 49 Zentimeter - plus 1,50 Meter in der Fahrrinne - der Rekord-Niedrigstand 2018 hatte aber 23 Zentimeter betragen. In Duisburg-Ruhrort waren es am Donnerstagnachmittag 172 Zentimeter - im Herbst vor knapp vier Jahren 153 Zentimeter.
Aber auch ohne Negativrekorde bringt der niedrige Wasserstand erhebliche Probleme für die Schifffahrt. Die Rheinfähre Dormagen-Zons-Düsseldorf hat bereits wegen Niedrigwassers den Betrieb eingestellt, die Köln-Düsseldorfer Rheinschifffahrt fährt mehrere Rheinstationen, darunter Bad Honnef südlich von Bonn vorübergehend nicht an.
Am Hafen Köln-Godorf kämen Güterschiffe mit Steinsalzfracht wegen des geringen Wasserstandes teils nur noch mit knapp einem Drittel der sonst üblichen Ladung an, berichtete der Sprecher der Häfen- und Güterverkehr Köln (HGK), Christian Lorenz. Die HGK-Fähre zwischen Köln und Leverkusen fährt - „noch”, sagt Lorenz. Wenn der Pegelstand unter 80 Zentimeter falle, könne sich das aber ändern, oder es würden zunächst keine Lastwagen oder Traktoren mehr befördert.
Wenn Unternehmen ihre Ladung auf mehr Schiffe verteilen müssen, verteuert das natürlich den Transport, falls überhaupt ausreichend Schiffe oder Alternativen wie Züge oder Lastwagen vorhanden sind. Das gilt besonders für Massengüter wie die derzeit stark nachgefragte Kraftwerkskohle. „In diesem Winter werden wir bestimmt über 30 Millionen Tonnen importieren”, prognostiziert der Verband der Kohlenimporteure. „Das wird quietschen.” Etwa zwei Drittel der Kohlenimporte nach Deutschland werden nach Angaben des Verbandes von den Häfen Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen über den Rhein transportiert.
Schwierig wird es auch für die Fische: Zwar liege die Wassertemperatur im Rhein bei Düsseldorf mit 23 und 24 Grad Celsius noch unterhalb der für Fische kritischen Schwelle von dauerhaft mehr als 26 Grad Celsius, erklärte ein Stadtsprecher. Dennoch verringere sich mit den höheren Temperaturen das Sauerstoffbindevermögen im Wasser. Zugleich zögen sich die Tiere mit dem absinkenden Wasserstand in die tiefere Fahrrinnen zurück, wo sie ständig dem Schiffsverkehr ausweichen müssten. Beides belaste die Fische und setze sie unter Stress.
Ganz neue Perspektiven eröffnen sich wegen des Niedrigwassers in Emmerich kurz vor der deutsch-niederländischen Grenze. Dort betrug der Pegelstand außerhalb der Fahrrinne am Donnerstagnachmittag nur noch 16 Zentimeter. Als Fahrrinne für die Schifffahrt wurden 1,80 Meter freigehalten. „Können Großgewachsene nun also durch den Fluss laufen”, fragte die „Rheinische Post” (Donnerstag). „Lassen Sie es lieber”, raten alle Experten. Auch ein niedriger Fluss hat immer noch lebensgefährliche Strömungen.
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