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Corona-Patienten mit MigrationshintergrundWieler sorgt für Wirbel

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Eine Intensivstation der Uniklinik Aachen im Dezember 2020.

Berlin – Der Präsident des Robert Koch-Instituts wird für Aussagen zu Corona-Patienten mit Migrationshintergrund kritisiertAls Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI) ist Lothar Wieler in Zeiten der Pandemie ohnehin ein vielzitierter Ansprechpartner. Nun hat der Mediziner mit einer Äußerung großen Wirbel ausgelöst. Gefallen sind die Worte in einem Gespräch unter Chefärzten, ein "persönlicher, informeller Austausch", wie das RKI auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Redaktionsnetzwerk Deutschland) erklärte.

Wieler: Kommen nicht in Moscheen rein

Der Bild-Zeitung zufolge sagten Mediziner in der Runde, dass bis zu 90 Prozent ihrer Patienten einen Migrationshintergrund hätten - und dass sprachliche Barrieren den Umgang mit den Erkrankten, aber auch die Prävention erschweren würden. „Da sind Parallelgesellschaften mitten in unserem Land. Wenn man dort etwas ausrichten will, klappt das nur mit beinharter Sozialarbeit in den Moscheen. Und da kommen wir nicht rein. Und das ist Mist“, soll Wieler das kommentiert haben.

Die türkisch-islamische Glaubensgemeinschaft Ditib erhob darauf schwere Vorwürfe gegen das RKI. Es sei „unredlich und unprofessionell“ von Fachleuten, die Verantwortung für die Pandemie bei Minderheiten zu suchen, erklärte der Verband. Die nordrhein-westfälische Staatssekretärin für Integration, Serap Güler, wies zumindest ein mögliches Sprachproblem zurück: „Wir reden von einer Pandemie. Das heißt, auf der ganzen Welt gibt es Informationen über den Umgang mit dem Coronavirus. Selbst wenn sich jemand nicht in deutschen Medien informieren sollte, bekommt er über die Medien aus seinem Heimatland doch die gleichen Informationen“, sagte die CDU-Politikerin aus Köln: „Außerdem sind ja in anderen Ländern die Regeln oft strenger als in Deutschland.“

Überdies gebe es die Corona-Informationen auf der Internetseite der Landesregierung nicht nur auf Deutsch, sondern auch in 18 weiteren Sprachen.

Viele Patienten mit Migrationshintergrund in Großstädten

Es habe sich bei Wielers Aussagen um Überlegungen und nicht um abschließende Feststellungen gehandelt, teilte das RKI nun auf Anfrage dieser Zeitung mit: „Die Inhalte sind nach der Erinnerung von Herrn Wieler in einigen Teilen nicht korrekt wiedergegeben.“ Dass etwa auf Intensivstationen deutlich über 50 Prozent der Patienten einen Migrationshintergrund aufweisen, sei ausschließlich auf die Situation auf drei Stationen in drei deutschen Großstädten bezogen gewesen. „Die Zahlen spiegeln nicht die Situation in ganz Deutschland wider“, so die Sprecherin. "„em RKI liegen hierzu generell keine Daten vor“.

Indes gibt es auch Indizien, dass die Sorgen der Mediziner nicht gänzlich unberechtigt sind. „Wir merken zunehmend, dass Menschen mit Migrationshintergrund stärker betroffen sind“, sagte etwa die Berliner Integrationsbeauftragte Katarina Niewiedzial. Zentral seien dabei die vergleichsweise häufig prekären Arbeits- und Lebensbedingungen von Menschen mit Migrationshintergrund. „Die Leute sind dem Virus mehr ausgeliefert und kämpfen zugleich überproportional häufig etwa als Pflegekräfte an vorderster Front gegen die Pandemie.“

Arbeits- und Wohnbedingungen tragen bei

„Das Problem ist viel komplexer. Wir dürfen Probleme nicht kulturalisieren, sondern müssen auch soziale und strukturelle Faktoren betrachten“, meint auch Cihan Sinanoglu, Leiter des Rassismus-Monitorings am Dezim-Forschungsinstitut. Man wisse etwa aus den USA, dass dort schwarze Menschen besonders gefährdet seien. „Studien deuten darauf hin, dass das viel mit den Arbeits- und Wohnbedingungen von Menschen zu tun hat, die oftmals von Armut bedroht sind“, so Sinanoglu. Dafür, dass Wieler eine Tabuisierung der hohen Fallzahlen unter Menschen mit Migrationshintergrund befürchtet, hat Niewiedzial kein Verständnis.

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„Es gibt kein Tabu“, sagte die Integrationsbeauftragte. Die Risiken speziell für Migranten seien der Fachöffentlichkeit längst bekannt, auch das RKI habe dazu schon Untersuchungen durchgeführt. Zugleich erklärte sie, dass die Bewältigung der Pandemie in einer Migrationsgesellschaft neue Herausforderungen berge. Sie habe als Integrationsbeauftragte allerdings viel Unterstützung aus migrantischen Communities bekommen, als es etwa um die Übersetzung von Hygieneregeln ging. „Ich kann als Integrationsbeauftragte aber nicht die Gesundheitsbehörden ersetzen, wir müssen auch andere Institutionen stärker auf die Erfordernisse einer Migrationsgesellschaft ausrichten - etwa, indem Gesundheitsämter mehrsprachige Gesundheitslotsen beschäftigen“, ist sie überzeugt. (mit chh)