Berlin – Das kostenlose Testen der Bevölkerung auf das Corona-Virus ist am Montag nur schleppend angelaufen. Vor allem in Arztpraxen und Apotheken fehlten vielerorts die Schnelltests. In zahlreichen Städten hingegen war es der Kommunalpolitik gelungen, Testzentren übers Wochenende aufzubauen. Vielfach waren die Termine bis Ende der Woche schon am Montagmittag ausgebucht.
Bund und Länder hatten bei ihrer Konferenz in der vergangenen Woche beschlossen, dass ab dieser Woche jeder Bürger mindestens einmal pro Woche Anrecht auf einen Schnelltest hat. Eine entsprechende Änderung der Testverordnung verschickte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) noch in der Nacht nach der Sitzung an die Länder. Damit hatten Länder und Kommunen vier Tage inklusive Wochenende Zeit, die Massentests zu organisieren.
Überrumpelte Arztpraxen
Ziel der neuen Teststrategie ist es, die Infektionszahlen trotz der schrittweisen Wiederbelebung des öffentlichen Lebens im Griff zu halten.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung verwies darauf, dass sie die neue Verordnung erst am Montag erreicht habe. „Kein Wunder, dass die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen sich überrollt fühlen“, sagte Stephan Hofmeister, Vize-Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.
Voraussetzungen für ein Angebot in Arztpraxen seien eine ausreichende Verfügbarkeit von Tests, die frühzeitig in den Praxen zur Verfügung stünden und ein klares, unbürokratisches und rechtzeitig geregeltes Verfahren.
Hofmeister beklagte: „Es wird offenbar immer wieder vergessen, dass die vertragsärztlichen Praxen jeden Tag Millionen akut und chronisch Kranker sehen, diagnostizieren und behandeln und schon damit reichlich ausgelastet sind.“ Die Praxen seien seit zwölf Monaten das Bollwerk und eine verlässliche Bank in der Diagnostik, Beratung und Behandlung von neun von zehn Covid-Patienten.
Städtetag: Kommunen müssen improvisieren
Der Deutsche Städtetag zog zum Start der kostenlosen Schnelltests eine gemischte Bilanz und forderte Bund und Länder auf, rasche und unbürokratische Lösungen für Logistik und Meldewege zu finden. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Die Städte legen sich ins Zeug und versuchen, innerhalb kürzester Zeit zu den bereits bestehenden auch weitere Testangebote zu etablieren.“
Zum Start der von Bund und Ländern beschlossenen Schnelltest-Kampagne müssten die Städte allerdings wieder in hohem Maß improvisieren und pragmatische Lösungen vor Ort finden. „Denn Fragen, wer die Test-Kits bestellt, welche Qualifikation das Test-Personal haben muss, auf welchem Weg bezahlt und abgerechnet wird, müssen noch geklärt werden“, so Dedy.
Er mahnte, es sei vor allem wichtig, dass die Zahl der Tests und die Daten der positiv Getesteten „lückenlos und schnell bei den Gesundheitsämtern“ ankämen. „Dies ist wichtig, um die Kontaktnachverfolgung aufzunehmen. Auch das RKI benötigt die Zahlen von durchgeführten Schnelltests und der positiven Tests, um das Lagebild korrekt zu aktualisieren“, forderte Dedy.
Luca-App als möglicher gemeinsamer Nenner
Ähnlich äußerte sich der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg. Auch er forderte eine Vernetzung der gewonnenen Daten. „Unverzichtbar ist auch eine möglichst einheitliche digitale Lösung bei den Schnelltests mit einer Schnittstelle zu den Gesundheitsämtern und der Möglichkeit, die Schnelltestergebnisse dort zu hinterlegen“, sagte Landsberg dem ReaktionsNetzwerk Deutschland.
Das würde die Entdeckung und Nachverfolgung von Infektionsketten enorm erleichtern und sei ein wichtiger Baustein für die geplanten Öffnungen. Landsberg erklärte weiter: „Sinnvoll wäre die Verständigung auf eine einheitliche App, zum Beispiel Luca. Das sollte jetzt nicht auch wieder noch Wochen dauern.“
Die Kommunen befürchten, dass die Zahl der Schnelltests den Bedarf dauerhaft nicht decken kann. „Sobald ein negativer Test aber als Voraussetzung für den Zugang zu Theatern, Konzerten oder auch Restaurants dient, wird es einen Ansturm auf die Schnelltests geben“, betonte Landsberg. Dann reiche auch ein einmaliger Test pro Woche sicher nicht mehr aus.
Bundesregierung verspricht Verfügbarkeit von Schnelltests
Bei ihren Beschaffungen müssten sich Bund und Länder bereits jetzt auf diese Situation einstellen, forderte Landsberg. Sonst käme nach dem Impfdosenmangel der Schnelltestmangel. Auch der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Dedy zeigte sich skeptisch. „Wir hoffen, uns diesmal auf die Versprechen der Bundesregierung verlassen zu können, dass auch bei einer großen Nachfrage genügend Test-Kits zur Verfügung stehen.“ Testzentren ohne Test-Kits wären eine ähnlich große Enttäuschung für die Menschen wie Impfzentren ohne Impfdosen.
Während die Kommunen nach Kräften Testzentren einrichten, stockt es in der Frage, wie künftig am Arbeitsplatz getestet werden soll. Bund und Länder hatten in der vergangenen Woche auch beschlossen, dass Arbeitnehmer, die nicht im Homeoffice bleiben, regelmäßig auf Corona getestet werden sollen.
Ungeklärte Fragen zum Test durch Arbeitgeber
Noch aber gibt es Streit zwischen dem Kanzleramt und den Arbeitgebern, wer diese Tests zahlt und wie sie organisiert werden sollen. Auch Fragen sind offen, zum Beispiel, was mit den Daten der getesteten Angestellten geschieht und was passiert, wenn ein Arbeitnehmer nicht bereit ist, sich testen zu lassen.
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Bei den Kommunen, die nun die Testzentren aus dem Boden stampfen müssen, ist der Ärger groß, dass Bund und Länder das Recht auf den wöchentlichen Test so kurzfristig beschlossen haben. „Die Städte und Gemeinden erwarten allerdings, dass sie in Zukunft eher und umfassender in die Strategien eingebunden werden“, betonte Landsberg. Kurzfristige mediale Ankündigungen, die dann nicht eingehalten werden könnten, erzeugten bei den Menschen Frust, den sie dann vor Ort bei den Kommunen äußerten.