- Die Politik soll durch eine Reform der Gunderwerbssteuer den ungezügelten Preisanstieg bei Pacht- und Kaufpreisen für Äcker stoppen.
- Denn der führt zu weitreichenden Problemen, vor allem für kleine bäuerliche Betriebe. Lesen Sie hier die Hintergründe.
Berlin – Ackerland in Bauernhand. Der eingängige Slogan stimmt nicht mehr. Fruchtbarer Boden ist zu einer hochprofitablen Kapitalanlage geworden. Auch Aldi und viele andere Unternehmen, die nichts mit Landwirtschaft zu tun haben, mischen mit. Vor allem kleine bäuerliche Betriebe leiden darunter. Das Stopfen eines Schlupflochs bei der Grunderwerbssteuer könnte helfen, die Spekulation zu bremsen.
Der Bundestag diskutiert am Mittwoch darüber. Die Diskussion läuft in etwa so lange wie es die steigenden Preise für Äcker und Wiesen gibt. Aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) hätte Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) nun eine gute Gelegenheit, um gegen „außerlandwirtschaftliche Investoren beim indirekten Landkauf“ vorzugehen. Sie wird aber bei der heutigen Plenarsitzung des Bundestags mutmaßlich nicht intervenieren. Obwohl das Problem von niemanden bestritten wird.
Die Pacht- und Kaufpreise für Äcker steigen immer weiter. Die Folgen sind weitreichend. Der harte Wettbewerb im Zusammenspiel mit EU-Subventionen, die weitgehend an die Größe der Höfe gekoppelt sind, zwingt Betriebe, immer größer zu werden. Das treibt die Preise weiter und trägt so dazu bei, dass kleinere Betriebe aussteigen und ökologisch arbeitende Landwirte in die Enge getrieben werden. Laut AbL wird zudem die Existenzgründung erschwert. Weil der Kapitalbedarf für Jungbauern inzwischen vielfach schlicht zu hoch ist. Die Konzentration auf wenige große Betriebe werde so forciert.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist der Durchschnittspreis für landwirtschaftliche Flächen von 2005 bis 2019 von knapp 10.000 Euro pro Hektar auf mittlerweile mehr als 25.000 Euro geklettert. In ähnlichem Maß hat sich nach den Zahlen des Bundeslandwirtschaftsministeriums das Pachten verteuert. Von im Schnitt rund 220 Euro pro Jahr und Hektar (2001/2002) auf gut 360 Euro (2019/2020). Wo intensive Tiermast betreiben wird, müssen zum Teil vierstellige Summen gezahlt werden.
Immer wieder hofften Bauern, dass es irgendwann mit dem Preisauftrieb vorbei sein wird. Doch es geht mit beinahe mathematischer Präzision linear nach oben. Das haben auch Investoren längst bemerkt. Die Scholle des Bauern ist zu einer extrem sicheren Kapitalanlage geworden. Entsprechend groß ist die Nachfrage: Möbelhäuser und Versicherungskonzerne kaufen Land. Und dass ausgerechnet auch noch die private Stiftung des Aldi-Erben Theo Albrecht Junior im „Land Grabbing“ aktiv ist, hat viele Landwirte besonders erzürnt – gilt der Discounter doch als Hauptverantwortlicher für den enormen Preisdruck, unter dem viele Höfe leiden. Voriges Jahr im Sommer wurde bekannt, dass die Stiftung dem früheren thüringischen Bauernpräsidenten Klaus Kliem Ländereien mit 4000 Hektar und anderes für um die 27 Millionen Euro abgekauft hat. Die AbL hat Kliem dafür den Schmähpreis „Heuschrecke des Jahres“ verliehen.
Dauerhaft niedriges Zinsniveau
Der Grund für die teuren Äcker: Die landwirtschaftlichen Flächen lassen sich nicht vermehren. Im Gegenteil: sie schrumpfen. Allein 650.000 Hektar sind in den vergangenen 15 Jahren durch den Bau von Straßen und Siedlungen verloren gegangen. Als Konkurrenz zum Anbau von Feldfrüchten kommen Windräder und Solarparks hinzu. Zudem müssen mehr ökologische Ausgleichsflächen als früher ausgewiesen werden. Als Verstärker des Preisauftriebs wirkt das dauerhaft niedrige Zinsniveau. Es erhöht einerseits die Attraktivität der Kapitalanlage Boden, und zugleich stellen Banken billiges Geld für solche Deals zur Verfügung.
Der Renditesteigerung der Investoren dient überdies eine Lücke bei den Regelungen für die Grunderwerbssteuer, die je nach Bundesland bis zu 6,5 Prozent des Kaufpreises ausmacht: Es werden einfach Immobilien-Gesellschaften dazwischen geschaltet. Der Käufer erwirbt das Grundstück nicht direkt, sondern nur Anteile an einer Gesellschaft, der Land gehört – schon fällt beim Kauf keine Grunderwerbssteuer mehr an. Diese „Share Deals“ sind auch bei Wohnimmobilien hoch umstritten. Am heutigen Mittwoch soll im Bundestag über eine Verschärfung der Regeln entschieden werden: Die Steuer soll künftig auch dann fällig werden, wenn innerhalb von zehn Jahren schon 90 Prozent oder mehr der Anteile an der Gesellschaft, der der Boden gehört, den Eigentümer wechseln. Bislang gilt die Steuerpflicht nur, wenn mindestens 95 Prozent binnen fünf Jahren verkauft werden. Zwar war für landwirtschaftliche Flächen zwischenzeitlich eine Absenkung des Schwellenwerts auf 75 Prozent in der Debatte, doch dieser Vorschlag wurde wieder kassiert.
Striktes Regulierungsregime
Für die AbL ist indes klar, dass die jetzt geplanten Regelungen mit den 90 Prozent nicht ausreichen, „um die ungerechte steuerliche Bevorzugung außerlandwirtschaftlicher Investoren auf dem landwirtschaftlichen Bodenmarkt zu beenden“. Unter anderem gab es auch von den Grünen massive Kritik an geplanten Änderungen, die eine „Kapitulation vor der Immobilienlobby“ darstellten. Die AbL macht sich indes für schärfere Vorgaben in Form einer progressiven Grunderwerbssteuer nach dem Muster der Einkommensteuer stark. „Käufer, die bereits über umfangreiches Eigentum an landwirtschaftlicher Nutzfläche verfügen, sollten eine höhere Grunderwerbsteuer entrichten müssen als solche mit wenig oder keinem Eigentum“, so Reiko Wöllert vom AbL-Bundesvorstand.
Mehr noch: Die AbL fordert ein striktes Regulierungsregime für den Bodenmarkt, um gegen die Konzentration in der Landwirtschaft anzugehen. So müssten bäuerliche Betriebe, die qualitativ hochwertig – vor allem ökologisch - produzieren, bei der Landvergabe grundsätzlich bevorzugt werden. Stünden große Flächen zum Verkauf an, müssten sie in kleine Lose aufgeteilt werden, damit auch kleinere Höfe zum Zuge kommen können. Ferner gelte es, die Kaufpreise so stark zu deckeln, dass sie an der Ertragsfähigkeit der jeweiligen Fläche entsprechen. Und um Spekulationen zu verhindern, sei es nötig, bei Immo-Gesellschaften eine Haltefrist von 15 Jahren für Anteile festzulegen.