Frankfurt am Main – Die Bundesregierung will viele Milliarden Euro mobilisieren, um die Folgen der Energiekrise für Verbraucher und Unternehmen zu mildern. Wer profitiert wie stark davon? Und welche Unternehmen werden zur Kasse gebeten? Wir erläutern, wer von den Hilfen profitiert - und was die neuen Hilfen ausmacht.
Was ist der dickste Brocken bei den geplanten Preisbremsen?
Eindeutig die Gas- und Wärmepreisbremse für private Haushalte. Sie soll eine Entlastung von insgesamt mehr als 40 Milliarden Euro bringen. Zwei Stufen soll’s geben: eine Soforthilfe im Dezember und die eigentliche Preisbremse von Anfang März 2023 bis Ende April 2024. Wobei Kanzler Olaf Scholz (SPD) auf Druck der Länder eingewilligt hat, dass die Entlastung auch schon rückwirkend ab Anfang Februar wirksam wird.
Wie funktioniert die Soforthilfe?
Für Eigenheimbesitzer soll gelten, dass sie im Dezember keine Abschlags- oder Vorauszahlung an den Gasversorger überweisen. Die Referenzgröße dafür errechnet sich aus zwei Faktoren: Einerseits dem monatlichen Gasverbrauch, der dem Abschlag für September zugrunde gelegt wurde, multipliziert mit dem für Dezember geltenden Arbeitspreis für den Brennstoff. Wenn dieser Wert noch nicht genau bestimmt werden kann, wird ganz einfach der aktuell geltende Abschlag nicht gezahlt. Der präzise Abgleich erfolgt dann über die nächste Rechnung vom Versorger. Ähnlich soll es bei Haushalten geschehen, die mit Fernwärme versorgt werden.
Was ist für Mieterinnen und Mieter geplant?
Da viele Mieterinnen und Mieter auch noch im Dezember moderate Nebenkosten zahlen, die noch nicht an die höheren Energiepreise angepasst wurden, soll die Soforthilfe erst mit der jährlichen Betriebskostenabrechnung für 2022 wirksam werden. Wenn die Betriebskosten im Lauf des Jahres bereits erhöht wurden, soll den Mieterinnen und Mietern der Differenzbetrag vom Vermieter im Dezember erstattet werden.
Bei Neuverträgen geht die Bundesregierung davon aus, dass hier bereits die aktuellen höheren Gastarife berücksichtigt sind. Daher werden die Verbraucher „von der Pflicht zur Leistung eines Abschlags“ befreit, heißt es in einem Papier der Bundesregierung, das dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt.
Wodurch ist die eigentliche Preisbremse gekennzeichnet?
Den privaten Haushalten wird ein Gasbruttopreis (inklusive Steuern und Abgaben) von 12 Cent pro Kilowattstunde (kWh) garantiert. Bei der Fernwärme sind es 9,5 Cent pro kWh. Das gilt aber jeweils nur für 80 Prozent des vom Versorger prognostizierten Jahresverbrauchs. Der Entlastungsbetrag soll einmal errechnet und dann bis Ende April 2024 gewährt werden – unabhängig vom tatsächlichen Verbrauch. So will die Bundesregierung einen Einsparanreiz erhalten.
Gilt die Entlastung ohne Einschränkungen?
Nein. Im Papier der Bundesregierung steht: „Bei Haushalten mit einem Einkommen ab 75.000 Euro soll die staatliche Entlastung ab 2023 besteuert werden“, und zwar pro Jahr als geldwerter Vorteil. Das heißt – ähnlich wie bei Dienstwagen – wird die Höhe der staatlichen Subvention vom Finanzamt als zusätzliche Einnahme der Steuerpflichtigen bewertet.
Ab wann soll die Strompreisbremse gelten?
Geplant ist der 1. Januar 2023. Der Dachverband der Energiewirtschaft BDEW hat aber bereits gewarnt, dass dies so schnell nicht umsetzbar sei. Deshalb könnte dieses Instrument erst rückwirkend eingeführt werden. Die Komponenten orientieren sich an den Regelungen fürs Gas. Beim Strom wird der Deckel mit 40 Cent pro Kilowattstunde festgelegt.
Dieser Tarif gilt für 80 Prozent des prognostizierten Jahresverbrauchs. Für die übrigen 20 Prozent sollen die Kunden – wie beim Gas – den aktuellen Marktpreis zahlen. Zusätzlich sollen die Entgelte, die Stromkunden für die „Nutzung“ der großen Übertragungsnetze zahlen, auf dem Niveau von diesem Jahr eingefroren werden.
Wie wird die Subventionierung der elektrischen Energie finanziert?
Eine Geldquelle ist der insgesamt 200 Milliarden Euro schwere Wirtschaftsstabilisierungsfonds. Hinzukommen sollen Einnahmen aus einem Solidaritätsbeitrag von Unternehmen aus dem Bereich der fossilen Energien. Und vor allem ist eine Abschöpfung sogenannter Zufallsgewinne geplant, die Unternehmen mit den massiv gestiegenen Strompreisen erzielen, da sie nur überschaubar Erhöhungen bei den Aufwendungen für die Stromerzeugung haben.
Damit sind die Erneuerbaren und die Kernenergie sowie Braunkohle-, Abfall- und Ölkraftwerke gemeint. Die genauen Obergrenzen werden spezifisch für jede Technologie errechnet. 90 Prozent der Extragewinne will der Staat einkassieren.
Welche Preisbremsen sind für Unternehmen geplant?
Für 25.000 Großverbraucher von Gas soll es schon vom 1. Januar an eine Gaspreisbremse von 7 Cent netto (ohne Steuern und Abgaben) pro Kilowattstunde geben. Sie bezieht sich auf 70 Prozent der Gasmenge der zurückliegenden zwölf Monate. Beim Strom will die Bundesregierung der Industrie 13 Cent netto pro kWh für 70 Prozent des „historischen Jahresverbrauchs“ garantieren. Dies soll aber bis Ende des nächsten Jahres befristet werden.
Wird es auch ergänzende Regelungen für Härtefälle geben?
Ja. Hier ist eine ganze Reihe von Maßnahmen geplant, deren Details noch offen sind. So soll Haushalten geholfen werden, die mit Öl und Holzpellets heizen. Für kleinere und mittlere Unternehmen sind bei hohen Gaskosten zusätzliche Einmalzahlungen vorgesehen. Und unter anderem auch Wohnungsunternehmen, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und soziale Dienstleister können auf finanzielle Hilfen vom Staat hoffen, wenn es eng wird wegen der teuren Energie.