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FeindeslisteImpfgegner veröffentlichen Karte mit angeblichen Antifa-Adressen

Lesezeit 2 Minuten
Antifa Protest Symbolbild 090222

Teilnehmer einer antifaschistischen Demonstration halten in Leipzig ein Transparent (Archivbild)

Berlin – Rechtsextreme Impfgegner haben eine interaktive Online-Karte mit Tausenden Adressen und Kontaktdaten angeblicher Antifa-Aktivisten in Deutschland und Österreich veröffentlicht. Sie rufen dabei offenbar zu Gewalttaten auf: Die „Jäger“ würden nun zu Gejagten, heißt es auf der Website, auf der die Karte veröffentlicht wurde.

Bei den Namen, Adressen und Kontaktdaten handelt es sich jedoch nicht um Mitglieder von Antifa-Gruppen, sondern um eine bereits 2015 gehackte Kundendatenbank des Online-Shops „Impact Mailorder“, der unter anderem Punk-CDs und Kleidungsstücke verkauft. Die Kundendaten waren von Rechtsextremen erbeutet und veröffentlicht worden und werden seitdem immer wieder im Internet verbreitet.

Datensatz fälschlicherweise als Liste von „Antifa-Mitgliedern“ bezeichnet

Mehrfach wurde der Datensatz mit mehr als 24.000 Personendaten dabei fälschlicherweise als Liste von „Antifa-Mitgliedern“ bezeichnet und mit Gewaltaufrufen verknüpft. Auch eine „Feindesliste“ der unter Rechtsterrorismus-Verdacht stehenden Gruppe „Nordkreuz“ bestand zum Großteil aus der 2015 erbeuteten Kundendatenbank.

Die auf der Liste basierende Online-Karte wurde nun von Impfgegnern erstellt und verbreitet, die unter dem Label „Anonymous“ auftreten – mit dem unter dem gleichen Namen agierenden losen internationalen Hackerkollektiv jedoch offenkundig nichts zu tun haben.

Liste ist Verfassungsschutz bekannt

„Jetzt schlägt Anonymous zurück“, heißt es in einer Telegram-Nachricht, die in den vergangenen Tagen in mehreren Corona-Leugner- und Impfgegner-Gruppen auf Telegram geteilt wurde. Auch der frühere baden-württembergische AfD-Landtagsabgeordnete Heinrich Fiechtner verbreitete die Online-Karte samt Jagd-Aufruf.

„Wir kennen diese Listen seit Jahren und es kommen teilweise auch neue dazu“, sagte Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Neurechte und Aktivisten gegen die Corona-Maßnahmen rufen auf Telegram und in anderen sozialen Medien offen dazu auf, neue Listen mit politischen Gegnern zusammenzustellen“, sagte Kramer.

Rechtsextreme probieren mit „Hausbesuchen“ einzuschüchtern

Seine Behörde erlebe es immer wieder, „dass einzelne Personen mit ihren Privatdressen und Kontaktdaten geoutet werden.“ Das beinhalte ganz klar den Versuch, Personen anschließend mit „Hausbesuchen“ einzuschüchtern. Rechtsextreme würden so versuchen, „in breiten Teilen der Gesellschaft Angst zu verbreiten“, warnte der Verfassungsschützer. Personen, die öffentlich Haltung zeigen, würden angegriffen. „Menschen bekommen Hinweise, dass man wisse, wo sie zur Arbeit gehen, oder wo deren Kinder in die Schule oder in den Kindergarten gehen“, sagte Kramer.

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Dass die nun erneut verbreiteten Listen schon mehrere Jahre alt sind, mache sie nicht weniger gefährlich. „Solche Listen treffen heute auf ein gesellschaftliches Klima, in dem die Hemmschwelle, tatsächlich bedrohliche „Hausbesuche„ durchzuführen, deutlich gesunken ist“, sagte Kramer. „Deswegen müssen wir uns grundsätzlich auch dann Sorgen machen, wenn alte Listen neu verbreitet und teilweise sogar als interaktive Karte ins Netz gestellt werden“, erklärte der Verfassungsschützer.