Die Kindergesundheitsversorgung ist vielerorts am Limit. Gesundheitsminister Karl Lauterbach betont, dass das Personal neben der finanziellen Unterstützung, auch von zusätzlichem Bürokratieaufwand entlastet werden muss.
Kinderkliniken unter DruckLauterbach will Kapazitäten schaffen - und Patienten früher entlassen
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat die gesetzlichen und privaten Krankenkassen angesichts der angespannten Lage der Kinderkliniken dazu aufgefordert, durch Bürokratieabbau, andere Regeln für Abrechnungen und durch mögliche frühere Entlassungen von Patientinnen und Patienten mehr Behandlungskapazitäten in den Krankenhäusern zu schaffen. Das geht aus einem Schreiben des Ministers an den GKV-Spitzenverband, den Verband der Privaten Krankenversicherung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft hervor, das dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt.
Karl Lauterbach: Personal soll entlastet werden
Der Gesundheitsminister sagte dem RND: „Hohe Krankenstände und eine beispiellose Infektionswelle setzen vor allem Kinderkliniken unter Druck. Daher wollen wir sie nicht nur finanziell unterstützen, sondern das Personal auch von zusätzlichem Bürokratieaufwand spürbar entlasten. Insbesondere Kinder dürfen nicht im Krankenhaus bleiben müssen, nur um Abrechnungsformalien zu genügen“, mahnte er. „Daher fordern wir die Krankenkassen auf, die untere Grenzverweildauer und die Prüfungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen begrenzt bis Ende Januar 2023 auszusetzen“, betonte Lauterbach. Damit könnten weitere dringend notwendige Behandlungskapazitäten geschaffen und auf allen Stationen Personal durch Wegfall von Dokumentation entlastet werden.
Der Medizinische Dienst prüft im Auftrag der Krankenkassen die Arbeit der Kliniken, um die Qualität der Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Das geht für die Kliniken mit einem Bürokratieaufwand einher. Die untere Grenzverweildauer ist Teil des Systems der Fallpauschalen: Wenn ein Krankenhaus die untere Grenzverweildauer eines Patienten unterschreitet, bekommt es eine geringere Vergütung. Sie wurde eingeführt, um zu verhindern, dass Patienten zu früh aus den Kliniken entlassen werden, sorgt aber auch dafür, dass manche Patienten länger als nötig in den Kliniken bleiben.
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In dem Schreiben des Ministers heißt es: „Mit der Aussetzung der Einzelfallprüfungen wird der Bürokratieaufwand für einen Zeitraum gesenkt, in dem die verfügbaren Ressourcen der Krankenhäuser insbesondere auf die Versorgung von Kindern und Jugendlichen konzentriert werden sollten.“ Durch die Aussetzung der unteren Grenzverweildauer könnten Krankenhäuser zusätzliche Behandlungskapazitäten dadurch schaffen, „dass sie Patientinnen und Patienten bei entsprechender ärztlicher Einschätzung früher entlassen.“ Ausschlaggebendes Kriterium für diese Entscheidung müsse die medizinische Geeignetheit bleiben, betonte Lauterbach in dem Brief. Beide Maßnahmen sind befristet vorgesehen.
Viele Kliniken in Deutschland stehen unter Druck, weil aktuell mehrere Faktoren zusammen kommen. So sind aktuell viele Kinder von Atemwegserkrankungen betroffen, ausgelöst unter anderem vom RS-Virus und Grippe-Viren. Gleichzeitig kommt es bei einer schon dünnen Personaldecke aufgrund von Grippeerkrankungen und Corona-Infektionen zu hohen Krankenständen.