Es ist nun wirklich nicht zwingend, ein Buch zu schreiben, wenn man Kanzlerin werden will. Und auch sonst nicht als Politiker, aber die Versuchung scheint groß, einen bleibenden Arbeitsnachweis zu präsentieren, eine Abrechnung oder ein Bewerbungsschreiben.
Im besten aber selteneren Falle werden diese Bücher zu Zeitzeugnissen, in vielen anderen enden die Werke nach einem kurzen Aufblitzen regalmeterweise in der Vergessenheit.
Auch Annalena Baerbock ist der Versuchung erlegen, hat Wahlprogramm und persönliche Anekdoten zusammengeschüttelt und sich daraus einen Anlass für öffentliche Beachtung geschaffen.
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Nun kommt diese Beachtung in ganz anderer Form: Es gibt Plagiatsvorwürfe, die allerdings sind bislang zu dünn für einen Skandal: Eine Handvoll Passagen scheinen wortwörtlich übernommen aus anderen Quellen ohne dass dies kenntlich gemacht wurde.
Abgesehen davon, dass ein Sachbuch etwas anderes ist als eine Doktorarbeit: Es handelt sich bei allen bisherigen Fundstellen um die Wiedergabe von Fakten, nicht um Schlussfolgerungen oder vorgeblich eigene Ideen.
Die Verve der Gegner
Die eigene geistige Leistung wäre hier das Umformulieren der Sätze gewesen: Besser wäre das gewesen, keine Frage. Aber ein Grund, Baerbock die Fähigkeit zum logischen Denken, zum Abstrahieren abzusprechen und ihr Betrug zu unterstellen, ist es nicht.
Bemerkenswert ist die Verve, mit der sich manche politische Gegner auf den Vorgang stürzen. Insbesondere die CSU, an weitaus größeren Skandalen nicht arm, drischt mit Wonne auf Baerbock ein. Das Kalkül ist offensichtlich: Baerbocks großes Pfund ist die Glaubwürdigkeit.Wenn es gelingt, diese nachhaltig zu beschädigen, wird es für die Grünen immer schwieriger, sich zu berappeln.
Wie es dabei um die Glaubwürdigkeit der Kritiker bestellt ist, steht auf einem anderen Blatt.