Kommentar zum Fest während CoronaDie Länderchefs haben sich gründlich verkalkuliert
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Es klang so schön einfach, was Markus Söder und die übrigen Ministerpräsidenten Ende Oktober verkündeten. Restaurants und Freizeitbetriebe sollten schließen, die Bevölkerung ein paar Einschränkungen hinnehmen, und dann können alle zusammen Weihnachten feiern. Inzwischen wissen wir, dass das nicht funktioniert. Der Traum vom unbeschwerten Fest hat sich in einen Albtraum verwandelt. Die Adventszeit, seit Generationen eine Zeit der Vorfreude, ist eine Zeit der Angst geworden.
Pläne der Länderchefs schlugen fehl
Die Hauptverantwortung dafür tragen die 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten. Sie haben sich gründlich verkalkuliert. Ende Oktober haben sie mutmaßlich geglaubt, die Pandemie mit einem leichten Lockdown eindämmen zu können. Spätestens seit Ende November ist klar: Das können sie nicht. Die Regierungschefs wechselten daraufhin ihre Strategie. Irgendwie bis Weihnachten durchzuhalten, hieß der neue Plan. Danach, in der ruhigen Phase zwischen den Jahren, könne man das Land runterfahren, ohne große wirtschaftliche oder soziale Verwerfungen hervorzurufen. Auch dieser Plan schlug fehl. 23 679 neue Corona-Infektionen meldeten die Gesundheitsämter am Mittwoch. Nie waren es mehr.
Nun ist es allzu leicht, im Nachhinein Kritik zu üben. Es ist ja das Tückische an dieser Pandemie, dass niemand seriös vorhersagen kann, wie sie sich entwickeln wird. Empörend aber ist, dass viele Regierungschefs sich auch jetzt noch weigern, konsequent zu handeln. Obwohl sie nicht nur das Recht, sondern die Pflicht dazu haben, Unheil von ihren Ländern abzuwenden, warten sie auf die Initiative des Bundes.
Corona-Hardliner Söder sinnbildlich für zaghafte Haltung
Sinnbildlich für diese zaghafte Haltung steht der vermeintliche Corona-Hardliner Söder. Wenn die Ministerpräsidenten-Konferenz dies beschließe, werde auch Bayern nach Weihnachten seine Geschäfte schließen, verkündete der CSU-Chef am Dienstag im Landtag – keine 48 Stunden nachdem er den Katastrophenfall ausgerufen hatte.
Wie es anders und besser geht, hat Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer bewiesen. Auch der CDU-Politiker hat in der Pandemie Fehler gemacht, die hohen Infektionszahlen im Freistaat sprechen eine deutliche Sprache. Aber Kretschmer hat seine Lehren gezogen. Er hat eingeräumt, das Virus unterschätzt zu haben. Und er hat gehandelt. Ab Montag schickt er sein Bundesland in den harten Lockdown. Schulen, Geschäfte, Kitas – alles macht dicht. Auf Vorschläge der Kanzlerin oder eine Einigung der Ministerpräsidentenkonferenz hat Kretschmer nicht gewartet. Von einem Regierungschef muss man erwarten, dass er in Krisenzeiten selbst die Initiative ergreift. Auf eigene Verantwortung.
Die Lage ist nicht nur in Sachsen hochgefährlich. Und das bereits jetzt. Wer angesichts der Dramatik bis Weihnachten warten will, ehe er gegensteuert, handelt nicht mehr fahrlässig. Sondern mit Vorsatz.