- Im Kampf gegen das Coronavirus haben sich Bund und Länder auf ein Kontaktverbot ab drei Personen geeinigt.
- Zuvor hatte es Streit zwischen Armin Laschet und Markus Söder gegeben. Bayern bleibt bei schärferen Maßnahmen.
- Insgesamt hat der Föderalismus mit diesem Kompromiss aber eine kluge Entscheidung hervorgebracht.
Die gute Nachricht vorweg: Wenn der Druck nur groß genug ist, funktioniert der deutsche Föderalismus noch. Bisweilen bringt er dann sogar vergleichsweise kluge Entscheidung hervor. Das Kontaktverbot, auf das sich Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten am Sonntag bei einer telefonischen Krisensitzung verständigt haben, ist eine kluge Entscheidung.
Das klügste daran ist, dass es keine allgemeine Ausgangssperre geben wird. Bei der schwierigen Abwägung zwischen dem Recht auf körperliche Unversehrtheit und dem auf persönliche Freiheit haben die Regierungschefs einen akzeptablen Kompromiss gefunden. Ansammlungen von mehr als zwei Menschen werden verboten. Das trägt dem Interesse der Menschen Rechnung, die aufgrund ihres Alters oder ihrer Vorerkrankung einen schwerwiegenden Verlauf einer Covid-19-Erkrankung fürchten müssen. Familien und Wohngemeinschaften aber dürfen nach wie vor zusammen spazieren gehen. Auch Sport im Freien bleibt möglich.
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Damit nimmt die Regierung auf all jene Rücksicht, die um ihre Bewegungsfreiheit fürchten. Eine allgemeine Ausgangssperre ist kein Allheilmittel. Es ist noch nicht einmal bewiesen, dass durch sie die Infektionszahlen deutlich stärker sinken als durch die nun beschlossenen Maßnahmen. Sicher ist aber, dass eine Ausgangssperre ein massiver Eingriff in die persönlichen Freiheiten und Grundrechte jedes Einzelnen darstellt. Und sie ist nicht zuletzt auch eine soziale Frage. Familien, die auf beengtem Wohnraum leben, leiden unter einer solchen Sperre ungleich mehr als kinderlose Eigenheimbesitzer mit großzügigem Garten. Und die sozial Schwachen trifft die Krise ohnehin schon hart genug.
Die Regierungschefs haben der Versuchung widerstanden, dem Druck des bayerischen Kollegen Markus Söder nachzugeben. Dessen Krisenmanagement zielt erkennbar darauf ab, den härtesten aller harten Hunde zu markieren. Dass sich diese Geisteshaltung nicht durchgesetzt hat, ist ein gutes Zeichen.
Änderungen der Kompetenzen können nicht übers Knie genbrochen werden
Zweifellos hat der Corona-Ausbruch Schwächen im Bund-Länder-Geflecht offengelegt. Wir werden über eine Föderalismusreform reden müssen, wobei die Betonung auf „reden“ liegt. Gesundheitsminister Spahn hat am Wochenende das Gegenteil davon getan, als er versucht hat, die Bundesländer über Nacht zu entmachten. Selbst wenn sein Vorschlag, Kompetenzen beim Bund zu bündeln, inhaltlich sinnvoll war: Änderungen im komplexen Bund-Länder-Verhältnis trifft man nicht allein, sondern gemeinsam. Und vor allem trifft man sie mit kühlem Kopf und nicht auf dem Höhepunkt einer Krise.
Womöglich würden die Absprachen zwischen Bund und Ländern reibungsloser laufen, wenn nicht immer auch die Machtfrage innerhalb der Union mitverhandelt würde. Auch über das Agieren von Spahn, Söder und Armin Laschet wird deshalb zu reden sein. Später – wenn das Schlimmste vorbei ist.