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Lauterbach über Corona„Lage ist objektiv viel schlechter als die Stimmung“

Lesezeit 3 Minuten
Lauterbach mit Wieler 110322

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) informiert mit RKI-Chef Lothar Wieler über die Corona-Lage.

Berlin – Karl Lauterbach (SPD) hat an diesem Freitag eine Warnung in die Bundespressekonferenz mitgebracht. In der Bevölkerung sei in den vergangenen Wochen der Eindruck entstanden, die Corona-Pandemie sei vorbei, sagte er. „Die Lage ist objektiv viel schlechter als die Stimmung“, mahnte der Gesundheitsminister jedoch.

Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz lag am Freitag bei 1439, die Zahl der registrierten Neuinfektionen ist in dieser Woche auf einen neuen Höchstwert seit Pandemiebeginn gestiegen.

Lauterbach erwartet steigende Todeszahlen

„Wir sind in einer Situation, die ich als kritisch bezeichnen möchte“, sagte Lauterbach bei seiner wöchentlichen Corona-Pressekonferenz. Die täglichen Corona-Todeszahlen lägen zwischen 200 und 250, in den kommenden Wochen würden diese Zahlen wegen der vielen Neuinfektionen noch weiter ansteigen.

Lauterbach hatte sich stets als Gallionsfigur der Vorsichtigen und Wissenschaftstreuen in der Pandemiebekämpfung hervorgetan. Nun muss er trotz dieser Negativ-Entwicklung den Entwurf der Ampelkoalition für ein neues Infektionsschutzgesetz verteidigen, das weitreichende Lockerungen ermöglicht und den gesetzlichen Spielraum für Corona-Schutzmaßnahmen einschränkt. Lediglich Masken- und Testpflicht sind danach noch bundesweit möglich, nur in Pandemie-Hotspots können weitergehende Maßnahmen verhängt werden.

Vorwürfe, er sei vor der FDP eingeknickt, die seit langem einen Öffnungskurs anstrebt, wies der Gesundheitsminister zurück. Der Gesetzentwurf trage der veränderten Situation durch die – für Geimpfte – weniger gefährliche Omikron-Variante Rechnung, erklärte er. So werde auch dafür gesorgt, dass die Schutzmaßnahmen vor Gericht Bestand hätten.

Hotspot-Regelung teilweise missverstanden?

Außerdem sei die Hotspot-Regelung zum Teil missverstanden worden: Bei einem entsprechenden Infektionsgeschehen sei es den Landesparlamenten auch möglich, ein ganzes Bundesland zum Hotspot zu erklären. „Bei der Entwicklung der Fallzahlen erwarte ich Hotspots in zahlreichen Bundesländern“, sagte Lauterbach. Die Landesregierungen sollten sich nun nicht mit Kritik an dem Gesetz aufhalten, sondern dessen Nutzung vorbereiten. Er gehe davon aus, dass das Gesetz schnell eingesetzt werden müsse.

Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) kritisierte hingegen, die geplante Reform des Infektionsschutzgesetzes gebe den Bundesländern zu wenig Handlungsspielraum. „Wir werden weitere und neue Varianten sehen. Was dann passiert, wissen wir alle noch nicht“, sagte DIVI-Präsident Gernot Marx dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Deshalb brauche es ein Gesetz, „das im Fall der Fälle kurzfristig zur Verfügung stehen kann“, sagte Marx. „Jedes Bundesland sollte im Ernstfall eine epidemische Lage feststellen und entsprechend handeln können“, forderte er.

Krankenhausgesellschaft warnt vor Belastung für Kliniken

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, sagte dem RND, die geplante Hotspot-Regelung könne ein wirkungsvolles und zielgenaues Instrument sein. „Zu dieser Regelung muss aber Klarheit und Planbarkeit herrschen“, ergänzte er.

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Krankenhausgesellschaft warnt vor Belastung der KlinikenWenn die Corona-Neuinfektionen weiter stark anstiegen, könne auch die Belegung der Normal- und Intensivstationen mit Corona-Patienten wieder stärker ansteigen, mahnte Gaß. Belastungsszenarien wie 2020 und 2021 seien aber nicht zu erwarten.

Allerdings drohe eine extreme Belastung der Kliniken von anderer Seite. „Immer mehr Krankenhaus-Beschäftigte fallen wegen Krankheit oder Quarantäne aus. In einigen Bundesländern müssen bereits Reservekliniken genutzt werden, weil die normalen Kliniken nicht mehr aufnehmen können“, sagte Gaß. Auch die zu erwartende Mehrbelastung durch Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine dürfe nicht unterschätzt werden. „Dies auch, weil die Impfquote sehr niedrig ist und der genutzte chinesische Impfstoff kaum vor der Omikron-Variante schützt“, sagte Gaß.