Preise, Sicherheit, RoutenWie sich Putins Krieg auf das Reisen auswirkt
Lesezeit 5 Minuten
Der Sommerurlaub steht vor der Tür – doch Russlands Krieg in der Ukraine trifft auch die Tourismusbranche.
Ob Flug, Kreuzfahrt oder Hotelurlaub: An diesen Stellen spüren Reisende Auswirkungen.
Berlin – Sind Reisen im Osten von Europa gerade sicher? Machen die gestiegenen Öl- und Gaspreise meinen Flug teurer? Solche und andere Fragen stellen sich aktuell viele Menschen, die eine Reise geplant haben. Fest steht: Russlands Krieg in der Ukraine, der seit 100 Tagen herrscht, hat auch Auswirkungen auf die Tourismusbranche. Vieles ist teurer geworden, vor allem Sprit, Energie und Lebensmittel. Wie wirkt sich das auf Reisen aus? Ein Überblick.
Flüge werden teurer
Eine Flugreise wird im Sommer 2022 teurer als noch vor zwei Jahren, das haben unter anderem die Chefs von Lufthansa und Air-France-KLM angekündigt. Hauptgrund dafür seien die stark gestiegenen Preise für Rohöl, die auch das Kerosin deutlich verteuern.
Viele Fluglinien geben die Zusatzkosten an Reiseveranstalter oder direkt an Kundinnen und Kunden weiter. Wie teuer es konkret wird? Gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) machte ein Lufthansa-Sprecher hierzu keine konkreten Angaben. Es gebe hier „keinen Automatismus“. Fakt ist: Der Kerosinpreis habe einen „maßgeblichen Einfluss auf Preisgestaltung“, sei neben Flugzeug, Hardware und Personal der größte Kostenfaktor.
Allerdings würden sich die Preise für einen Flug mehrfach pro Tag ändern, auch die Nachfrage spiele hier eine entscheidende Rolle. Viele Airlines sichern beim sogenannten Fuel Hedging über Finanzinstrumente künftige Kerosinpreise ab. So können beispielsweise massive Ausschläge im Marktpreis nach oben abgefedert werden.
Preiserhöhung von Pauschalreisen möglich
Die Urlaubsreise ist gebucht, das Geld ist überwiesen, damit ist in puncto Kosten alles erledigt. So denken wohl die meisten Reisenden. Aber: Reiseveranstalter dürfen bis 20 Tage vor dem Abreisetermin die Preise für Pauschalreisen aufgrund gestiegener Beförderungskosten für Kerosin und Sprit auch erhöhen. Voraussetzung ist, dass es eine entsprechende Preisänderungsklausel in den AGB gibt. Die Kundinnen und Kunden müssen eine über die Erhöhung schriftlich informiert werden und diese akzeptieren.
Preiserhöhungen bis 8 Prozent müssen Reisende hinnehmen. Wenn mehr verlangt wird, können sie den Reisevertrag kostenfrei stornieren, darauf weist die Verbraucherzentrale hin. Äußert sich der oder die Betroffene innerhalb der vom Veranstalter gesetzten Frist nicht, gilt die Preiserhöhung als angenommen.
Droht also für Urlauberinnen und Urlauber noch das böse Erwachen? Deutschlands größter Reiseveranstalter Tui beruhigt: Treibstoffzuschläge für bestehende Buchungen in diesem Sommer seien nicht zu befürchten. Wer noch nicht gebucht hat, muss aber wohl tiefer ins Portemonnaie greifen und sich auf höhere tagesaktuelle Preise und weniger Last-Minute-Schnäppchen einstellen.
Ferienwohnungen in Deutschland teurer
Und auch der Urlaub zwischen Nordseeküste und Alpen dürfte teurer werden. Einheitliche Aussagen seien zwar im Moment nur schwer möglich, aber „der Angriff Russlands auf die Ukraine hat ohne Zweifel Auswirkungen auf die Energiepreise und auch auf weitere Bereiche“, sagte der Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbandes (DTV), Norbert Kunz. Wie stark die Auswirkungen seien, sei noch nicht absehbar. „Steigende Kosten für Mobilität und Energie, die Kosten für Hygienemaßnahmen und auch Preissteigerungen bei Lebensmitteln machen sich in jedem Fall aber schon jetzt in der Urlaubskasse bemerkbar.“
Konkreter wird eine Analyse des Vergleichsportals „Check24″, nach der Ferienwohnungen in Deutschland in der Hauptreisezeit von Juni bis August derzeit durchschnittlich 12 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum kosten. Hotelübernachtungen verteuern sich demnach sogar um durchschnittlich 16 Prozent.
Das liegt aber wohl nicht nur an den derzeit steigenden Preisen. Bereits vor dem Krieg in der Ukraine stimmt der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband Urlauberinnen und Urlauber auf höhere Preise ein. Die Gründe hierfür sind laut Landesgeschäftsführer Thomas Geppert vielfältig und reichen von der der Erhöhung des Mindestlohns über neue Tarifverträge bis zu den Folgen der Corona-Pandemie.
Längere Flugzeiten
Flüge werden nicht nur teurer, sie dauern teilweise auch länger. Hintergrund ist, dass Russland seinen Luftraum für Flugzeuge aus Deutschland und 35 weiteren Staaten Ende Februar gesperrt hat. Airlines, darunter auch die Lufthansa, mussten ihre Flugpläne daher anpassen. Betroffen sind Flüge nach China, Japan und Korea, die Russland nun südlich umfliegen müssen.
Nach Angaben von Lufthansa dauert ein Flug auf der Strecke nach Shanghai etwa 40 Minuten länger, bei Seoul beträgt das Plus 90 Minuten, bei Tokio sogar zwei Stunden. Flüge nach Thailand sind aber in der Regel nicht betroffen.
Keine Flüge nach Moskau und St. Petersburg
Wer trotz der Situation nach Russland fliegen will, muss ebenfalls Umwege in Kauf nehmen. Denn weder Lufthansa noch andere Airlines aus Deutschland und 35 weiteren Staaten dürfen nach Russland fliegen. Möglich sind beispielsweise Umsteigeverbindungen über Istanbul in der Türkei oder Kairo in Ägypten.
Geänderte Kreuzfahrtrouten
St. Petersburg war bislang ein beliebtes Anlaufziel bei Ostseekreuzfahrten. Doch wegen Russlands Krieg in der Ukraine haben Reedereien wie MSC Cruises, Tui Cruises und Aida Cruises den russischen Hafen vorerst von ihren Plänen gestrichen. Alternativ laufen die Schiffe Häfen wie Riga, Stockholm, Oslo, Kopenhagen oder Visby an.
us Sicht des Reiserechtsanwaltes Paul Degott aus Hannover ist so eine Änderung der Route eine „erhebliche Leistungsänderung“. Daher hätten Reisende die Möglichkeit, die Kreuzfahrt kostenfrei zu stornieren, wenn ihnen die neue Route nicht zusagt. „St. Petersburg ist ein Schwerpunkt so einer Kreuzfahrt. Visby beispielsweise ist sicherlich keine wertgleiche Alternative dazu“, sagte der Reiserechtsanwalt.
Verändertes Reiseverhalten
Viele Menschen sind durch den Krieg in der Ukraine verunsichert, wenn sie eigentlich einen Urlaub im Osten Europas geplant haben. Das beobachtet beispielsweise Reiseveranstalter Fit Reisen. Geschäftsführer Dr. Nils Asmussen sagt: „In vielen Ländern Osteuropas hat der Wellness- und Kururlaub eine lange Tradition. Aktuell sind viele Reisewillige verunsichert, daher zieht es sie eher in Destinationen, die weiter weg von den schrecklichen Geschehnissen in der Ukraine liegen.“ Diese Beobachtung sei aber nicht repräsentativ für das ganze Jahr. Es sei gut möglich, dass die Reisebuchungen beispielsweise für Polen im Sommer wieder stark anziehen.
„Die Kunden werden sehen, dass die polnische Ostsee von den Ereignissen nicht betroffen ist und es sich dort nach wie vor gut urlauben lässt – dies gilt auch für Ungarn oder Tschechien. Daher erwarte ich für diese Zielländer in den kommenden Monaten wieder eine positivere Entwicklung“, so Asmussen.